Creußener Steinzeug

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In Creußen in Oberfranken südlich von Bamberg entwickelte sich ab etwa 1600 eine auch überregional bedeutende Steinzeug-Produktion.

Forschungeschichte

Ende des 19. Jahrhunderts: Beginn der Forschungsgeschichte:

1877 erste Pu8blikation

1882-1888: Erste Sammlung Creußener Steinzeuggefäße durch Initiative des Bürgermeisters Christian Grüner Grund: besonderer historischer und künstlerischer Wert lokaler Steinzeugkeramik

1949: Gründung des Museums für Creußener Steinzeug

1950: Eröffnung des Museums

1977: Prof. Dr. Joachim Kröll regt wissenschaftliche Erforschung weiter an

1980: Erscheinen seines Buchs "Creußener Steinzeug" (Kröll 1980)

2000: 50-jähriges Bestehen des Museums & Erscheinen des Fachkatalogs "Steinzeug in Creußen" von Dr. Werner Endres (Endres 2000)

Charakteristika

Verzierung

Aufgebracht auf Trinkgefäße

  • Aufgrund der tonbedingten Farbe des Scherbens (dunkelbraun bis olivfarben) große Bedeutung von plastischem Dekor und buntem Email (ab ca. 1630) (andernorts übliche blaue Bemalung mit Kobalt oder Mangan erfordert hellen Scherben für optimalen Kontrast); auch Vergoldung von einzelnen Ornamenten oder Motiven bekannt
  • Besondere Bedeutung von Kettenornament (plastisch mit Modeltechnik auf das Gefäß aufgebracht) und Kerbschnitt (in den lederharten Ton eingeschnittenes, an Rauten erinnerndes kleinteiliges Muster)
  • Modeltechnik: Abnahme von Formen an gebrannten Gefäßen ermöglicht Reproduktion dieser Motive mithilfe der Formen; Ton wird in diese gedrückt und entstandenes Relief auf lederhartes Gefäß aufgebracht
  • Kerbschnittverzierung des Gefäßkörpers (Emailbemalung und/oder Vergoldung des Kerbschnitts möglich)
  • Selten: Stempel
  • Jede plastische Verzierung kann auch emailliert werden, Beispiel: schmale umlaufende Leiste erhält mit Email „aufgemaltes“ Blumenmotiv
  • Kombination verschiedener Dekore miteinander (z.B. Jagddarstellung mit Spruch) ist möglich

Motive

  • Pflanzliche, geometrische und figürliche Ornamente an Bildrändern oder -rahmen, nahe des Deckels oder des Bodens der Gefäße: umlaufende Rillen oder Leisten, Wellenlinien, Kettenornament, Ranken, Diamantquaderornament,

Löwenkopfblattzunge, Rosetten, Ornamentschleifen (überwiegend in Modeltechnik aufgebracht)

  • Spruchbänder unter Motiven (religiöse Sprüche, Trinksprüche), Namen und/oder Jahreszahlen
    • meist aufgemalt mit Gold
  • Einzelne/alleinstehende Bilder: Wappen, Allegorien (z.B. Justitia), Portraits von Kurfürsten, religiöse Motive (z.B. Lamm Gottes), heraldische Figuren (z.B. Drachen, Greifen, Adler), Obst oder Pflanzen (z.B. Birnen)
    • Relief, emailbemaltes Relief oder emailgemaltes Bild möglich
  • zusammenhängende Darstellungen umlaufend um das Gefäß: Kurfürstenportraits, Planetenfiguren, Jagddarstellungen, Aposteldarstellungen (mit Modeltechnik auf den Ton aufgebracht, anschließend bunt emailliert und möglicherweise vergoldet)

Herstellungstechnik

  • Geeigneter Ton wird benötigt (Versinterung ist abhängig vom verwendeten Ton!)
  • Herstellen des Gefäßes durch den Meister
  • Anbringung des Dekors auf den lederharten Ton durch Lehrlinge, Gesellen, Ehefrauen; bei frühen mit Modelauflagen verzierten Gefäßen werden besagte Auflagen oft engobiert
  • Brand bei 1200-1300 °C führt zu Versinterung (unter 2% Wasseraufnahmekapazität des Scherbens)
  • Zu Ende des Brennvorgangs: Einbringung von Kochsalz zur Entstehung einer Salzglasur
  • Emaildekor erfordert zweiten Brand

Töpfereibefunde

1999/2000 konnten in Creußen, Nürnberger Straße 7 Ausgrabungen im Anwesen eines Töpfers durchgeführt werden, wo im Jahr 2000 hinter den haus auch die Reste eines Ofens erfasst wurden. Details der Konstruktion waren nicht zu klären, doch wurde der Ofen aufgrund des feuchten Untergrunds nahe des Weihers auf einen mächtigen Holzrost gesetzt (Bösche 2001).

Chronologie

Die Geschichte des Creußener Steinzeugs beginnt im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts mit einer handwerklichen Revolution. Um 1608 etablierte sich in der kleinen fränkischen Stadt Creußen eine Steinzeugproduktion, die für den gesamten süddeutschen Raum einmalig war. Die bei extrem hohen Temperaturen von 1200°C gesinterten Krüge, Kannen und Flaschen stellten einen bedeutenden technologischen Fortschritt dar. Diese frühen Gefäße überzeugten durch ihre Leichtigkeit, die eine angenehme Handhabung ermöglichte, und durch ihre Dichtigkeit, die einen hygienischen Fortschritt in der Vorratshaltung bedeutete.

Die künstlerische Blütezeit (1608-1621)

Die erste Phase der Creußener Steinzeugproduktion von 1608 bis etwa 1621 gilt als künstlerisch besonders wertvoll. In dieser Zeit entstanden Ziergefäße von herausragender handwerklicher Qualität. Die Motive dieser kunstvollen Arbeiten spiegeln den Geist der Renaissance wider: fein gestaltete tönerne Engelköpfe, mystische Drachen, groteske Schreckmasken und Maskarone, oft in Kartuschenformen gefasst, sowie anmutige Karyatiden und zierliche Rosetten. Diese detaillierten Darstellungen zeigen das außergewöhnliche Können der kunsthandwerklich tätigen Steinzeugtöpfer von Creußen. Besonders bemerkenswert ist die Darstellung Friedrichs V., des sogenannten "Winterkönigs", der sich 1619 gegen Kaiser und Reich stellte. Diese politisch brisante Abbildung auf Creußener Steinzeug zeigt, wie eng die Handwerkskunst mit den zeitgenössischen historischen Ereignissen verbunden war.

Das Steinzeug im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648)

Trotz der Wirren des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) florierte die Steinzeugproduktion in Creußen weiter. Adlige, Patrizier, Militärangehörige und Geistliche ließen sich auch während dieser unruhigen Zeit aufwendig verzierte Krüge in Creußen anfertigen. Dies ist umso bemerkenswerter, als Creußen selbst schwer unter den Auswirkungen des Krieges litt - plündernde Soldaten, Zerstörungen, Hunger, Not und Gewalt gehörten zum Alltag. Die Tatsache, dass das Steinzeughandwerk unter diesen Bedingungen nicht nur überlebte, sondern weiterhin hochwertige Produkte herstellte, spricht für die Bedeutung und Beliebtheit der Creußener Ware. Die Produktion konzentrierte sich in dieser Zeit auf einen Radius von etwa 16 Kilometern um Creußen, was die regionale Bedeutung dieses Handwerks unterstreicht.

Die Töpferfamilien von Creußen

Hinter dem Erfolg des Creußener Steinzeugs standen begabte Töpferfamilien, deren Namen bis heute überliefert sind. Zu den bekanntesten zählen die Familien Vest, Schmidt, Speckner und Seiler. Das Schicksal dieses Handwerks war leider eng mit den genannten Familien verknüpft, denn mit dem Tod des letzten Handwerkers, Johannes Schmidt, im Jahr 1789 starb auch diese Handwerksart aus.

Literaturhinweise

  • Albrecht 1909: R. Albrecht, Die Töpferkunst in Kreußen (Rothenburg ob der Tauber 1909).
  • Bassermann 1952: L.J. Bassermann, Das Creußener Steinzeug. Diss. (Freiburg im Br. 1952).
  • Bösche 2001: G. Bösche, Die Werkstatt eines Steinzeugtöpfers in Creußen. Arch. Jahr Bayern 2000, 2001, 160-162.
  • Eber 1913: H. Eber, Creußener Töpferkunst mit besonderer Berücksichtigung der Geschichte ihrer Meister (München 1913)
  • Endres 2000: W. Endres, Steinzeug in Creußen im Krügemuseum der Stadt Creußen (Weißenstadt 2000). - ISBN: 3926621141
  • Endres 2001: W. Endres, Bodenfunde von Creußener Steinzeug. Beiträge zur Archäologie in Mittelfranken 6, 2001, 337-350.
  • Klinge 1977: E. Klinge, Creußener Steinzeug der Kunstsammlungen der Veste Coburg (Coburg 1977)
  • Kröll 1980: J. Kröll, Creußener Steinzeug. ein Handbuch für Sammler und Liebhaber (Braunschweig 1980)
  • Die Kreussener Töpfer-Industrie (Nürnberg 1877)

Schriftquellen

  • Neubauer 2014: M. Neubauer (Hrsg.), Zunftbuch der Hafner I+II (1597-1861). CD-ROM mit Faksimile, Transkription und Auswertungshilfen (Bad Neustadt/ Creußen 2014). - ISBN:978-3-944383-16-3


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