Forchtenberg, Wüstung Wülfingen

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Lage

Die Siedlung liegt nördlich des Kocher gegenüber der mittellaterlichen Stadt Forchtenberg, auf einem sanft geneigten Hang eines Schwemmfächers in Flur "Schwarzäcker". Das Umland gehört zu den lößbedeckten Kocher-Jagst-Ebenen, die zum nördlichen Teil des schwäbisch-fränkischen Keuperlandes zählen.

  • Koordinaten: 49.292289, 9.5569494

Forschungsgeschichte

1966/67 wurden vor der Überbauung des Gebietes insbesondere Bereiche der Straßentrasse der Landesstraße durch das damalige Staatliche Amt für Denkmalpflege Stuttgart unter der Leitung von G. P. Fehring untersucht. Mechthild Schulze nahm die Bearbeitung der Befunde (Schulze 1974) und der mittelalterlichen Keramik vor (Schulze 1981). Die Befunde wurden lediglich in einem vorberichtsartigen Artikel vorgelegt. Die Bearbeitung der vorgeschichtlichen, kaiserzeitlichen und frühgeschichtlichen Funde übernahm R. Koch, die der Kleinfunde Ursula Koch (Koch/ Koch 1993).

Befundsituation

M. Schulze konnte mehrere Phasen der Besiedlung differenzieren. Die mittelalterliche Besiedlung lässt nach ihrer Bearbeitung fünf Phasen erkennen. Phase I gehört der jüngeren Merowingerzeit an. Phase II gehört in die Zeit von 700 bis gegen 850. Danach folgt im ergrabenen Areal ein Hiatus von rund 150 Jahren, ehe Phase III vom 11. Jahrhundert bis gegen 1200 einsetzt. Das Ende der Siedlung wird mit Phase IV erreicht, die vom Ende des 12. bis zum Ende des 14. Jahrhunderts reicht. Schulze rechnet mit der endgültigen Verödung Wülfingens gegen Ende des 12., spätestens aber im frühen 13. Jahrhundert. Ausschlaggebend ist dabei nicht etwa ein abbrechendes Fundspektrum, das mit der dünnwandigen Drehscheibenware und der glasierten Keramik der Phase V durchaus weiter läuft, sondern die Nennung der benachbarten „Vohrdenberg“ um 1240 (Schreg 2006, 262). Im Zusammenhang mit dem postulierten Hiatus zwischen etwa 850 und 1000 wurde verschiedentlich eine erhebliche Umstrukturierung der Siedlung konstatiert: Während das Siedlungsbild zuvor von parallel angeordneten Bauten bestimmt wird, reduziert sich die bebaute Fläche nun auf eine regelmäßig rechteckige Gehöftanlage, zu der neben Pfostenbauten und Grubenhäusern auch ein Steinfundamentbau gehört. Mit der baulichen Umwandlung der Siedlung sah Schulze weitere Neuerungen verbunden, so den Weinbau und das Auftreten spezialisierter Handwerker. Da die Hausrekonstruktionen und stratigraphischen Beziehungen anhand der knappen Publikationslage zu den Befunden nur schwer nachzuvollziehen ist, bleibt diese Interpretation unsicher.

Keramikfunde

Keramik der Kaiser- und Völkerwanderungszeit

R. Koch differenzierte - von den vorgeschichtlichen Funden abgesehen - folgende Keramikgruppen (Koch/ Koch 1993):

  • handgemachte Keramik
    • Handgemachte Keramik Ware A1
    • Handgemachte Keramik Ware A2
    • Handgemachte Keramik Ware A3
    • Handgemachte Keramik Ware B
    • Handgemachte Keramik Ware C - Goldglimmerware
    • Handgemachte Keramik Ware D1
    • Handgemachte Keramik Ware D2
    • Handgemachte Keramik Ware E1
    • Handgemachte Keramik Ware E2
    • Handgemachte Keramik Ware F1
    • Handgemachte Keramik Ware F2
  • Scheibengedrehte Keramik
    • Germanische Scheibenware
    • Terra Sigillata
    • Firnisware
    • Römisches Küchengeschirr
    • engobierte braune Ware
    • braune Nigra-Variante
    • Terra Nigra
      • feintonige Terra Nigra
      • Terra Nigra mit geringer feiner Quarzsandmagerung
      • Terra Nigra mit feiner Quarzsandmagerung

Keramik der Merowingerzeit

nach R. Koch (Koch/ Koch 1993)

Keramik des Mittelalters

nach Schulze 1981

Die gelbe Drehscheibenkeramik endet in der Wüstung Wülfingen in der Siedlungsphase Ib, etwa in der zweiten Hälfte des 9. Jh., also früher als anderswo, wo die ältere gelbe Drehscheibenware bis ins 11./12. Jahrhundert gebräuchlich bleibt.

Keramikbrennöfen

Aus dem Grabungsbereich innerhalb der Siedlung sind zwei Töpferöfen bekannt, von denen jedoch nur einer Fundmaterial geliefert hat und sicher in die Merowingerzeit datiert werden kann. In einer kleineren Grabungsfläche nördlich, nahe des Bachs gelegen, wurden auf engem Raum drei Öfen erfasst, bei denen es sich um liegende Öfen handelt. Hier wurde im 12./frühen 13. Jahrhundert nachgedrehte Ware hergestellt.


Verbleib der Funde

tabellarische Übersicht

Forchtenberg (Hohenlohekreis, Baden-Württemberg), Wüstung Wülfingen

Beschreibung
Fundort Forchtenberg, Wüstung Wülfingen
Fundart Siedlung
Lage nördlich des Kocher gegenüber der Stadt Forchtenberg, auf dem Schwemmfächer eines Seitenbaches
Koordinaten 49.292289, 9.5569494
Datierung römische Kaiserzeit/ Völkerwanderungszeit (2. Jh.- M. 5. Jh.), Früh- bis Spätmittelalter (ab 2. H. 6. Jh.)
Warenarten Knickwandkeramik, rauwandige Drehscheibenware, ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, FMa/HMa); nachgedrehte Ware, jüngere graue Drehscheibenware, handgemachte Ware; Terra Nigra, Terra Nigra-Derivate
Formenspektrum v.a Gebrauchskeramik, Töpfe
Fundinventar Siedlungsfunde, z.T. aus Gruben- bzw. Grubenhausverfüllungen, Töpferöfen
Befundbeschreibung Die Siedlung wurde ausschnittsweise in den Jahren 1966/67 untersucht.
Verbleib
Bemerkungen
Literatur Schulze 1981; Koch/ Koch 1993


Literatur zur Fundstelle

  • Koch/ Koch 1993: R. Koch/ U. Koch, Funde aus der Wüstung Wülfingen am Kocher. Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg 21 (Stuttgart 1993).
  • Schulze 1977: M. Schulze, Die Wüstung Wülfingen am Kocher. Jahrb. RGZM 23/24, 1976/77 [Festschrift Hans-Jürgen Hundt zum 65. Geburtstag] 154–211.
  • Schulze 1981: M. Schulze, Die mittelalterliche Keramik der Wüstung Wülfingen am Kocher, Stadt Forchtenberg, Hohenlohekreis. In: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 7 (Tübingen 1981) 4–148.
  • Schulze 1982: M. Schulze, Die Wüstung Wülfingen in Nordwürttemberg. Offa 39, 1982, 235–243.