Töpferscheibe
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Die Töpferscheibe war bei der Herstellung von Drehscheibenkeramik das Hauptwerkzeug des Töpfers. Es handelt sich um eine drehbare Unterlage, die ins Rotieren versetzt werden kann. Dazu wurden verschiedene Formen des Antriebs entwickelt. In der einfachsten Form gibt ihr der Töpfer mit der Hand genug Schwung, in der weiteren Entwicklung wird dazu ein Fußrad, ein Stab oder gar ein Pedalantrieb verwendet.
Die Töpferscheibe ist von einer einfachen drehbaren Unterlage (auch: Drehteller) zu unterscheiden, die zwar auch auf einer Achse gelagert sein kann, die aber nicht die Rotationsenergie gewinnt, die zum Hochziehen des Tons wie bei echter Scheibenware erbringt. Solche drehbaren Unterlagen werden bei der Herstellung nachgedrehter Keramik verwendet. Der gängige Sprachgebrauch macht diese wichtige Differenzierung leider nur selten.
Nach Aufbau, Antrieb und Handhabung lassen sich verschiedene Typen der Töpferscheibe differenzieren.
Aufbau der Töpferscheibe
- Teller
- Block
- Spindel
- Fuß
- Achse/ Lager
Typen der Töpferscheibe nach Konstruktionsweise
Eine grundlegende Differenzierung von Töpferscheiben unterscheidet zwischen der einfachen und der doppelten Scheibe. Die einfache Töpferscheibe besitzt eine Scheibe, die der Gefäßformung und zugleich dem Antrieb dient. Bei der doppelten Scheibe sind zwei mit einer Achse verbundene Scheiben vorhanden, bei denen die eine dem Gefäßaufbau, die andere dem Antrieb dient.
Blockscheibe
- hand- und stabgetriebene Töpferräder
- schwerer Holzblock auf einem im Boden versenktem Pfahl
- seit dem frühen Mittelalter im Einsatz, aber besonders im 16./17. Jh. weit verbreitet als "schlesische Scheibe" durch deutsche Handwerker nach Polen
Ein Video des Töpfereimuseums Raeren zeigt die Funktionsweise des Töpferrades: https://www.toepfereimuseum.org/getattachment/5988990e-6d48-4260-93f0-70fb544a9048/So-funktioniert-ein-Topferrad.mp4
Fußscheibe
Die Fußscheibe ist eine doppelte Töpferscheibe. Unterhalb der eigentlichen Töpferscheibe befindet sich, fest mit derselben Achse verbunden eine zweite Scheibe, die mit den Fößen in schwung gesetzt werden kann. - durch Streben mit der Unterseite des Holzblocks verbunden
Kreuzscheibe als Sonderform ("der Bauerntöpfer")
- statt Fußscheibe zwei kreuzförmig übereinander gelegte Balken (Balkenkreuz)
- hier immer ein Fuß an der Scheibe!
Spindelscheibe (auch Stangenscheibe)
- größere Schwungkraft
- kam wahrscheinlich am Anfang des 18. Jh. als "französische" Scheibe nach Deutschland
- Ausbreitung als "deutsche" Scheibe über Rumänien weiter Richtung Osten
Typen der Töpferscheibe nach Antrieb
- Drehteller (keine Töpferscheibe im engeren Sinn)
- handgetriebene Töpferscheibe
- fußgetriebene, schnellauffende Töpferscheibe
Diese verschiedenen Töpferscheiben ermöglichen unterschiedliche Formungstechniken. Das für Drehscheibenware kennzeichnende Treiben oder Ziehen des Tones ist nur mit einer schnelllaufenden Töpferscheibe möglich.
Geschichte der Töpferscheibe
Die frühesten Hinweise auf die Verwendung der Töpferscheibe in Mesopotamien sind Drehspuren auf Keramik, die in die Mitte des 4. Jahrtausends v.Chr. datiert werden. In Ägypten stammen sie aus der V. Dynastie (2465-2323 v.Chr.). Sowohl in West- und Zentralanatolien, wie in der Ägäis finden sich Belege der Verwendung der Töpferscheibe in der frühen Bronzezeit. Ein etablierter, weit verbreiteter Einsatz gehört jedoch erst in die folgenden Phasen der Bronzezeit (Hansen Streily 2000). In Gouves auf Kreta wurde ein Töpferquartier ausgegraben, die in die Phase spätminoisch III B datiert und bei der Funde von Spursteinen den Einsatz einer Töpferscheibe belegen (Hansen Streily 2000, 186ff.).
In Mitteleuropa wird die Verwendung der Töpferscheibe für Keramik der späten Bronzezeit diskutiert, doch blieb ihre Verwendung auch in der spaten Hallstattzeit auf wenige elitäre Waren wie die geriefte Drehscheibenware begrenzt (Lang 1974).
Literaturhinweise
- Arnold/ Bourriau 1993: Do Arnold/ J. Bourriau (Hrsg.), An Introduction to Ancient Egyptian Pottery (Mainz 1993)
- Czysz 1990: W. Czysz, Geschichte und Konstruktion alter Töpferscheiben. In: M. Fansa (Hrsg.), Experimentelle Archäologie in Deutschland. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 4 (Oldenburg 1990) 308-314.
- Kerkhoff-Hader 1997: B. Kerkhoff-Hader, Töpferscheiben und -räder in rheinischen Werkstätten des 17.-20. Jahrhunderts. In: R.-E. Mohrmann/V. Rodekamp/D. Sauermann (Hrsg.),Volkskunde im Spannungsfeld zwischen Universität und Museum (Münster 1997) 181–214.
- Lang 1974: A. Lang, Die geriefte Drehscheibenkeramik der Heuneburg 1950-1970 und verwandte Gruppen. Heuneburgstudien 3. Röm.-German. Forsch. 34 (Berlin 1974).
- Mechelk 1981: H.W. Mechelk, zur frühgeschichte der Stadt Dresden und zur Herausbildung einer spätmittelalterlichen Keramikproduktion im sächsischen Elbgebiet aufgrund archäologischer Befunde. Forschungen zur ältesten Entwicklung Dresdens 5 (Berlin 1981).
- Rieth 1978: A. Rieth, 5000 Jahre Töpferscheibe (Konstanz 1978).
- Hansen Streily 2000: A. Hansen Streily, Bronzezeitliche Töpferwerkstätten in der Ägäis und in Westanatolien (Diss. Mannheim 2000). - urn:nbn:de:bsz:180-madoc-11338