Graphitengobierte Keramik: Unterschied zwischen den Versionen
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− | [[Datei:Krenz Abb. 10 GK Altentierberg.PNG|200px|thumb|right|Abb. 1: Grauschwarz hartgebrannte Drehscheibenware Burg Altentierberg (Bizer 2006, 198).]] |
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Bei graphitengobierter Keramik wird gewöhnlicher Töpferton vor dem reduzierenden Brand mit einer graphithaltigen Schlämme beschichtet. Die Gefäße erwecken nach dem Brand den Anschein von [[Graphittonkeramik]]. Bis auf eine vermutete erhöhte Abdichtung der Gefäßoberfläche fehlen dieser [[Graphitkeramik]] viele der physikalisch-chemischen Eigenschaften von gemagerter Graphittonkeramik (Mittelstraß 2007, 236). Wie experimentalarchäologisch nachgewiesen werden konnte, glänzt die Gefäßoberfläche nach dem Brand stark metallisch (Pechtl u.a. 2011, 350). In der Literatur werden die Gründe für die Herstellung dieser Variante von [[Graphitkeramik]] in unterschiedlicher Weise diskutiert. Diese reichen von einer vermuteten Konsumententäuschung, über legal hergestellte billigere Ware von akzeptiert minderer Qualität bis hin zu reinen Prestigewaren, bei denen die physikalisch-chemischen Eigenschaften nicht von Interesse waren (Mittelstraß 2007, 237; Scharrer-Liška 2007, 20). Diese Variante der [[Graphitkeramik]] kommt in Süddeutschland in archäologischen Ausgrabungsbefunden nur selten – und wenn – erst im Spätmittelalter vor. Gründe hierfür können in Überlieferungsbedingungen zu suchen sein, da davon auszugehen ist, dass sekundäre Formationsprozesse das Aussehen der Oberfläche der Gefäße verändern. T. Mittelstraß äußert zudem den Verdacht, dass die Graphitengobe in der Praxis oft mit einer Brennhaut verwechselt wird (und umgekehrt) (Mittelstraß 2007, 238). |
Bei graphitengobierter Keramik wird gewöhnlicher Töpferton vor dem reduzierenden Brand mit einer graphithaltigen Schlämme beschichtet. Die Gefäße erwecken nach dem Brand den Anschein von [[Graphittonkeramik]]. Bis auf eine vermutete erhöhte Abdichtung der Gefäßoberfläche fehlen dieser [[Graphitkeramik]] viele der physikalisch-chemischen Eigenschaften von gemagerter Graphittonkeramik (Mittelstraß 2007, 236). Wie experimentalarchäologisch nachgewiesen werden konnte, glänzt die Gefäßoberfläche nach dem Brand stark metallisch (Pechtl u.a. 2011, 350). In der Literatur werden die Gründe für die Herstellung dieser Variante von [[Graphitkeramik]] in unterschiedlicher Weise diskutiert. Diese reichen von einer vermuteten Konsumententäuschung, über legal hergestellte billigere Ware von akzeptiert minderer Qualität bis hin zu reinen Prestigewaren, bei denen die physikalisch-chemischen Eigenschaften nicht von Interesse waren (Mittelstraß 2007, 237; Scharrer-Liška 2007, 20). Diese Variante der [[Graphitkeramik]] kommt in Süddeutschland in archäologischen Ausgrabungsbefunden nur selten – und wenn – erst im Spätmittelalter vor. Gründe hierfür können in Überlieferungsbedingungen zu suchen sein, da davon auszugehen ist, dass sekundäre Formationsprozesse das Aussehen der Oberfläche der Gefäße verändern. T. Mittelstraß äußert zudem den Verdacht, dass die Graphitengobe in der Praxis oft mit einer Brennhaut verwechselt wird (und umgekehrt) (Mittelstraß 2007, 238). |
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− | Als Oberflächenfunde tritt diese Variante der [[Graphitkeramik]] auf den spätmittelalterlichen Burgen der Schwäbischen Alb massenhaft auf. Hier konnte sie auf 49 der 99 identifizierten Burganlagen nachgewiesen werden und wird dort als eigene Warenart „grauschwarz hart gebrannte Drehscheibenware“ mit einer zeitlichen Tiefe vom 13.–15. Jh. geführt (Bizer 2006). Sie unterscheidet sich sowohl in Brandhärte (hart bis sehr hart) als auch in den Randformen (v.a. Karniesränder) deutlich von den anderen Graphitkeramikarten (Abb. 1). Es besteht jedoch der Verdacht, dass die Ansprache vielfach falsch sein könnte, da in der Region Um verbreitete [[Polierte jüngere graue Drehscheibenware (Ulmer Raum, SMa)]] früher ebenfalls als graphitiert angesprochen wurde, tatsächlich aber nur eine gute Glättung der grauen Oberfläche ohne Verwendung von Graphit vorliegt. |
+ | [[Datei:Krenz Abb. 10 GK Altentierberg.PNG|200px|thumb|right|Abb. 1: Grauschwarz hartgebrannte Drehscheibenware Burg Altentierberg (Bizer 2006, 198).]]Als Oberflächenfunde tritt diese Variante der [[Graphitkeramik]] auf den spätmittelalterlichen Burgen der Schwäbischen Alb massenhaft auf. Hier konnte sie auf 49 der 99 identifizierten Burganlagen nachgewiesen werden und wird dort als eigene Warenart „grauschwarz hart gebrannte Drehscheibenware“ mit einer zeitlichen Tiefe vom 13.–15. Jh. geführt (Bizer 2006). Sie unterscheidet sich sowohl in Brandhärte (hart bis sehr hart) als auch in den Randformen (v.a. Karniesränder) deutlich von den anderen Graphitkeramikarten (Abb. 1). Es besteht jedoch der Verdacht, dass die Ansprache vielfach falsch sein könnte, da in der Region Um verbreitete [[Polierte jüngere graue Drehscheibenware (Ulmer Raum, SMa)]] früher ebenfalls als graphitiert angesprochen wurde, tatsächlich aber nur eine gute Glättung der grauen Oberfläche ohne Verwendung von Graphit vorliegt. |
Durch Versuche der experimentellen Archäologie konnte nachgewiesen werden, dass auch eisenhaltige Engoben und die Einlagerung von Kohlenstoffverbindungen, die nicht von Graphit, sondern aus der Zersetzung der Kohlenwasserstoffe des Brennmaterials stammen, in einem stark schwelenden Meiler- bzw. Kammerofenbrand unter streng reduzierenden Brandbedingungen schwarze Irdenware produzieren, deren polierte Oberflächen stark metallisch glänzen (Mämpel 1998, 12 f. ebenso, aber ausführlicher: Endres 1982, 54 ff.). Hier wären weitere naturwissenschaftliche Untersuchungen notwendig. |
Durch Versuche der experimentellen Archäologie konnte nachgewiesen werden, dass auch eisenhaltige Engoben und die Einlagerung von Kohlenstoffverbindungen, die nicht von Graphit, sondern aus der Zersetzung der Kohlenwasserstoffe des Brennmaterials stammen, in einem stark schwelenden Meiler- bzw. Kammerofenbrand unter streng reduzierenden Brandbedingungen schwarze Irdenware produzieren, deren polierte Oberflächen stark metallisch glänzen (Mämpel 1998, 12 f. ebenso, aber ausführlicher: Endres 1982, 54 ff.). Hier wären weitere naturwissenschaftliche Untersuchungen notwendig. |
Version vom 16. Mai 2023, 16:12 Uhr
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Bei graphitengobierter Keramik wird gewöhnlicher Töpferton vor dem reduzierenden Brand mit einer graphithaltigen Schlämme beschichtet. Die Gefäße erwecken nach dem Brand den Anschein von Graphittonkeramik. Bis auf eine vermutete erhöhte Abdichtung der Gefäßoberfläche fehlen dieser Graphitkeramik viele der physikalisch-chemischen Eigenschaften von gemagerter Graphittonkeramik (Mittelstraß 2007, 236). Wie experimentalarchäologisch nachgewiesen werden konnte, glänzt die Gefäßoberfläche nach dem Brand stark metallisch (Pechtl u.a. 2011, 350). In der Literatur werden die Gründe für die Herstellung dieser Variante von Graphitkeramik in unterschiedlicher Weise diskutiert. Diese reichen von einer vermuteten Konsumententäuschung, über legal hergestellte billigere Ware von akzeptiert minderer Qualität bis hin zu reinen Prestigewaren, bei denen die physikalisch-chemischen Eigenschaften nicht von Interesse waren (Mittelstraß 2007, 237; Scharrer-Liška 2007, 20). Diese Variante der Graphitkeramik kommt in Süddeutschland in archäologischen Ausgrabungsbefunden nur selten – und wenn – erst im Spätmittelalter vor. Gründe hierfür können in Überlieferungsbedingungen zu suchen sein, da davon auszugehen ist, dass sekundäre Formationsprozesse das Aussehen der Oberfläche der Gefäße verändern. T. Mittelstraß äußert zudem den Verdacht, dass die Graphitengobe in der Praxis oft mit einer Brennhaut verwechselt wird (und umgekehrt) (Mittelstraß 2007, 238).
Als Oberflächenfunde tritt diese Variante der Graphitkeramik auf den spätmittelalterlichen Burgen der Schwäbischen Alb massenhaft auf. Hier konnte sie auf 49 der 99 identifizierten Burganlagen nachgewiesen werden und wird dort als eigene Warenart „grauschwarz hart gebrannte Drehscheibenware“ mit einer zeitlichen Tiefe vom 13.–15. Jh. geführt (Bizer 2006). Sie unterscheidet sich sowohl in Brandhärte (hart bis sehr hart) als auch in den Randformen (v.a. Karniesränder) deutlich von den anderen Graphitkeramikarten (Abb. 1). Es besteht jedoch der Verdacht, dass die Ansprache vielfach falsch sein könnte, da in der Region Um verbreitete Polierte jüngere graue Drehscheibenware (Ulmer Raum, SMa) früher ebenfalls als graphitiert angesprochen wurde, tatsächlich aber nur eine gute Glättung der grauen Oberfläche ohne Verwendung von Graphit vorliegt.
Durch Versuche der experimentellen Archäologie konnte nachgewiesen werden, dass auch eisenhaltige Engoben und die Einlagerung von Kohlenstoffverbindungen, die nicht von Graphit, sondern aus der Zersetzung der Kohlenwasserstoffe des Brennmaterials stammen, in einem stark schwelenden Meiler- bzw. Kammerofenbrand unter streng reduzierenden Brandbedingungen schwarze Irdenware produzieren, deren polierte Oberflächen stark metallisch glänzen (Mämpel 1998, 12 f. ebenso, aber ausführlicher: Endres 1982, 54 ff.). Hier wären weitere naturwissenschaftliche Untersuchungen notwendig.
Literaturhinweise
- Bizer 2006: Ch. Bizer, Oberflächenfunde von den Burgen der Schwäbischen Alb. Ein Beitrag zur Keramik- und Burgenforschung (Stuttgart 2006). ISBN 13: 978-3-80622-038-4.
- Endres 1982: W. Endres, Zur Entstehung und chemischen Struktur „schwarz“ färbender Pigmente bei unglasierter Irdenware. In: L. Kriss-Rettenbeck/I. Bauer (Hrsg.), Beiträge zur Keramikforschung. Festschrift für Alfred Höck zum 60. Geburtstag. Volkstümliche Keramik aus Europa 2 (München 1982) 47–70. ISBN: unbekannt.
- Mämpel 1998: U. Mämpel, Meine historischen und technischen Erfahrungen mit schwarzgebrannter Irdenware. In: W. Endres/B. Kerkhoff-Hader (Hrsg.), 30. Internationales Hafnerei-Symposium in Obernzell vom 07. bis 11. Oktober 1997 (Bamberg 1998) 12–13. ISBN: unbekannt.
- Mittelstraß 2007: T. Mittelstraß, Graphitkeramik des Mittelalters und der frühen Neuzeit in Altbayern. Ein Beitrag zum Beginn und zur Frühzeit der Obernzeller Produktion. Bayerische Vorgeschichtsblätter 72, 2007, 235–318. ISBN 13: 978-3-40611-077-1. ISSN: 0341-3918.
- Pechtl/Eibl 2011: J. Pechtl/F. Eibl, Die neolithische Graphitnutzung in Südbayern. In: K. Schmotz (Hrsg.), Vorträge des 29. Niederbayerischen Archäologentages (Leidorf 2011) 349–432. ISBN 13: 978-3-89646-240-4. ISSN: 1438-2040.
- Scharrer-Liška 2007: G. Scharrer-Liška, Die hochmittelalterliche Grafitkeramik in Mitteleuropa und ihr Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte. Forschungsstand - Hypothesen - offene Fragen. Monographien des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 68 (Mainz 2007). ISBN 13: 978-3-79541-857-1. ISBN 10: 3-79541-857-7.