Topf: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Topf ist eine weit verbreitete hohe [[Gefäßform]]. Es handelt sich um ein Vielzweckgefäß mit zylindrischer oder bauchiger Wand. Das Verhältnis von Höhe zum Mündungsdurchmesser beträgt 1:2 bis 2:1. |
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Version vom 22. September 2020, 16:41 Uhr
Der Topf ist eine weit verbreitete hohe Gefäßform. Es handelt sich um ein Vielzweckgefäß mit zylindrischer oder bauchiger Wand. Das Verhältnis von Höhe zum Mündungsdurchmesser beträgt 1:2 bis 2:1.
Charakteristika
Gelegentlich ist ein Topf mit Henkeln ausgestattet und wird dann als Henkeltopf bezeichnet. Unter dem Bestand neuzeitlicher Fundkomplexe ist die Gefäßform des Henkeltopfes überwiegend vertreten.
Aus der reduzierend bzw. oxidierend gebrannten, unglasierten jüngeren Drehscheibenware herausgebildet, entwickelt sich am Übergang vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit vornehmlich der scheibengedrehte, oxidierend gebrannte (Henkel-)Topf. Kennzeichnend für die neuzeitliche Irdenware ist ein feinsandiger, hell gebrannter Scherben mit gelblicher, rötlicher oder orangener Färbung. Wie am Beispiel Heidelberg, Collegium Academicum ersichtlich ist, umfasst die in der Übergangszeit zur Neuzeit vorhandene Fundmasse vorwiegend Töpfe mit hellem Scherben und einer grünen, gelben bzw. farblosen Glasur im Gefäßinneren. In der Regel handelt es sich um – für die Neuzeit typische – flache Standbodentöpfe. Vergleichbar zur Jüngeren Drehscheibenware, tritt auch hier häufig eine Riefung der Gefäßoberfläche auf. Ebenso kann die Schulter- respektive Halszone mit ein bis zwei waagrechten Graten versehen sein. Die Variante der Henkeltöpfe ist in dem Heidelberger Fundkomplex noch kaum vertreten, nimmt aber später den größten Anteil der neuzeitlichen Fundmassen ein (Gross 1993, 2; Gross 2003, 2f., Gross 2012, 415). Neben einer kompletten Innenglasur, erscheinen des Öfteren auch Gefäße mit einer partiellen Glasur, vornehmlich in der inneren Randzone, der restliche Bereich blieb weiterhin porös. Bisher ungeklärt ist die Bedeutung derartig glasierter Gefäße. Ihr Vorhandensein wird in die beginnende Neuzeit konstatiert (ebd.; Gross 1999, 669; Gross 1995a, 58). Im weiteren Verlauf findet sich ab dem 16. Jh. die Engobebemalung mit roten horizontal umlaufenden Bändern im Hals- oder Schulterbereich. Diese Art der Verzierung besteht bis in das 19. Jh. und tritt sogar formenübergreifend auf, wie z.B. auf Flaschen (Leimen), Dreifußtöpfen und einem Krug (Wiesloch). Glatte Oberflächen lösen die gerieften zunehmend ab (Gross 2003, 3). Neben den horizontalen Bändern treten vereinzelt auch wellenförmige Linien auf. Bemerkenswert ist die im Fundkontext der Nachgeburtstöpfe auftretende Bemalung mancher Gefäße mit Engobe unter anderem mit aufgeschriebenen Jahreszahlen, Buchstaben oder (apotropäischen) Symboliken (Drudenfuß und Salomonsiegel) (Gross 1999, 668; Dalacker 2012, 13; Ade-Rademacher 1997, 33ff.). Bei den Henkeln handelt es sich meist um flache – z.T. gesattelte – Bandhenkel, die randständig an das Gefäß angebracht sind und überwiegend am unteren Henkelansatz über eine Fingerdruckmulde verfügen. Diese Druckmulden können aber zusätzlich auch am oberen Henkelansatz vorhanden sein. Oft sind die Verstreich- und Wischspuren der Angarnierungen an der Gefäßoberfläche deutlich zu erkennen, in anderen Fällen wurde sehr sauber gearbeitet. Kleinere einseitig glasierte Töpfe (mit Durchmessern unter 10cm) weisen im Fundkomplex Schwäbisch Gmünd, Brandstatt im Randbereich herausgedrückte Ausgussschnauzen auf, wobei dieses Charakteristikum ebenso bei beidseitig glasierten, dennoch größeren Varianten auftritt (Gross 1999, 668). Neben unglasierten Töpfen ist die Mehrzahl entweder einseitig oder beidseitig glasiert. Überwiegend war zunächst farblose oder grüne Glasur - vornehmlich innen – angebracht und nimmt seit dem 15. Jh. zu. Das Beispiel Sindelfingen verdeutlicht, dass im überwiegenden Teil neuzeitlicher Fundkomplexe, grün die dominierende Glasurfarbe darstellt. Darüber hinaus sind braune und gelbe, aber auch polychrome Varianten vorhanden, wie etwa die auf der Innenseite auftretende vom Rand vertikal und unregelmäßig verlaufende rotbraune Streifen, meist auf einer weiteren Glasurfarbe aufgebracht (Ade-Rademacher 1997, 26; Ade/Schmid 2011, 229; Gross 2012, 415).
Im Fall der Henkeltöpfe lässt sich häufig eine flächige aufgebrachte Engobe auf einem rot gebrannten Scherben feststellen, um diesen hell erscheinen zu lassen. Engoben werden aber auch oft als Grundierung verwendet, um hinterher aufgebrachte Glasuren kräftiger respektive brillanter wirken zu lassen.
Die Töpfe können unterschiedliche Formen und Größen aufweisen. Ein Mündungsdurchmesser von ca. 12cm und eine Höhe von 14-16 cm erscheinen durchschnittlich, davon kann es auch erhebliche Abweichungen geben. Die Vielfalt der Formen äußert sich beispielsweise in beinahe konischen, aber auch bauchigen Varianten, deren größte Gefäßweite die Bauchzone darstellt, zudem kann der Schwerpunkt in der Mitte, der oberen oder unteren Hälfte des Gefäßes liegen. Ebenfalls vorhanden sind schlanke Töpfe, bei denen der Mündungsdurchmesser größer als die Weite des Bauches ist.
In der Übergangszeit vom Spätmittelalter zur Neuzeit belegen Funde aus Schwäbisch Hall, Zollhüttengasse 18 noch das Vorhandensein von typischen Karniesrändern an bereits oxidierend gebrannter, unglasierter Irdenware, sowie Ausführungen mit Mittelgrat, wie es in fränkischen Gebieten üblich ist. Später nehmen profilierte Leistenränder zu (Gross 1994, 298), aber auch Wulstränder mit Innenkehlung treten überwiegend in Erscheinung (Ade-Rademacher 1997, 26).
Sonderformen
Bockseckel
Eine eigene Form stellt der im Schwäbischen genannte „Bockseckel“ dar, der im mittleren Neckarraum erst im 19. Jahrhundert vertreten ist, wobei er in anderen Gegenden, wie z.B. Pforzheim bereits vor dem ausgehenden 17. Jahrhundert in Erscheinung tritt. Seine Laufzeit bewegt sich meist vom 18.-20. Jahrhundert. Diese schlanken und hohen Gefäße wurden zum Aufstellen von Milch zur Sauermilchgewinnung verwendet. Als spezielle Verwendung respektive Umfunktionierung als Nachgeburtstöpfe ist ein ganzes Ensemble aus Schwaigern-Stetten bekannt (Ade-Rademacher 1997, 36f.; Gross 1999, 669).
Nachttopf
Eine spezielle Form des Topfes ist der Nachttopf. Ein weitausladender Rand und beidseitig angebrachte Henkel stellen die klassische Form dar. Neben bauchigen Varianten existieren ebenfalls zylindrische Formen, wobei erste in Basel in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts und in Hirsau vor 1692 auftritt. Überwiegend treten die Töpfe ohne Verzierung auf, können jedoch horizontale rot (-braune) Zierstreifen im Halsbereich (Schwäbisch Gmünd, Brandstatt) oder Bemalung auf dem Rand (Schwäbisch Hall) aufweisen. Meist waren die Töpfe in Nachtstühle eingebracht, so dass man mit ihnen selbst nicht in Berührung kam, wie auch spätmittelalterliche Darstellungen veranschaulichen (Gross 1999, 676).
Chronologie
Die lange Laufzeit dieser Gefäßform, mit wenigen Veränderungen vom 16.-19. Jahrhundert, sowie die weite Verbreitung mit diversen (klein-) regionalen Differenzierungen, erschweren neben dem unzureichenden Forschungsstand neuzeitlicher Keramik zusätzlich eine feinchronologische Einordnung.
Henkeltöpfe wurden als Milchhafenware noch bis ins 20. Jahrhundert hinein hergestellt, wovon die Überreste eingemauerter Milchhafentöpfe im Giebel eines Fachwerkhauses in Häfnerhaslach (Lkr. Ludwigsburg) zeugen.
Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext
Als Vielzweckbehälter fanden sich Henkeltöpfe überwiegend im häuslichen Bereich zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten und Lebensmitteln, sowie zur Nutzung als Kochgefäße. Darüber hinaus wurden sie im Gewerbe, beispielsweise zur Verwahrung von Glasuren und Engoben eingesetzt.
Neben einer solchen profanen Nutzung wurden Töpfe in der Neuzeit ebenfalls in einem rituellen Kontext der Bestattung von Nachgeburten verwendet respektive umfunktioniert (zu Nachgeburtstöpfen: Dalacker 2012, 12; Ade-Rademacher 1997, 26).
Einzelnachweise
- D. Ade-Rademacher, „...ein neuer, mit Deckel bedeckter Hafen...“ – Die Gefäße und das Problem der Datierung neuzeitlicher Keramik. In: „Wo weder Sonne noch Mond hinscheint“. Archäologische Nachweise von Nachgeburtsbestattungen in der frühen Neuzeit. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg 36 (Stuttgart 1997), 26-38.
- D. Ade/B. Schmid, Wo weder Sonne noch Mond hinscheint. Der Brauch der Nachgeburtsbestattung. Mitteilungen der deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 23 (Paderborn 2011), 227-236.
- S. Dalacker, Ritueller Umgang mit der Nachgeburt aus archäologisch-interdisziplinärer Perspektive. Frühneuzeitliche Nachgeburtsbestattungen aus dem Fundkomplex Ammerbuch-Entringen, Kirchstraße 7, unpubl. BA-Arbeit (Tübingen 2012).
- U. Gross, Funde des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit von der Hinterburg in Neckarsteinach. Gesch.Bll. Kreis Bergstraße 26 (Heppenheim 1993).
- U. Gross, Irdenware und grünes Glas in der Latrine. In: Hausgeschichten. Bauen und Wohnen im alten Hall und seiner Katharinenvorstadt (Sigmaringen 1994).
- U. Gross, „Allerhandt grimppel auch kuchingeschürr…“ In: A. Stangl et al., Mönche und Scholaren. Funde aus 900 Jahren Kloster Alpirsbach [1095 – 1995] (Karlsruhe 1995).
- U. Gross, Mittelalterliche Funde aus Kloster Gottesaue. In: P. Rückert (Hrsg.), Gottesaue. Kloster und Schloß (Karlsruhe 1995).
- U. Gross, Gefäß-, Gerät- und Spielzeugfunde aus dem Dorment. In: Landesdenkmalamt Baden-Württemberg (Hrsg.), Apirsbach. Zur Geschichte von Kloster und Stadt. Forschungen und Berichte der Bau- und Kunstdenkmalpflege in Baden-Württemberg 10 (Stuttgart 2001) 831-878.
- U. Gross, Neuzeitliche Keramik im nördlichen Baden (16.-19. Jh.) (Heidelberg 2003).
- U. Gross, Schwäbisch Gmünd-Brandstätt: Keramikfunde aus einer Kellerverfüllung der Zeit um 1800. Fundberichte aus Baden-Württemberg 23 (Stuttgart 1999).
- U. Gross, Die mittelalterliche und neuzeitlichen Keramik-, Metall- und Beinfunde. In: P. Marzolff/ F. Klein/ U. Gross, Forschungen zum Heiligenberg bei Heidelberg: Forschungsgeschichte, Fundmaterial, Restaurierung (Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 32 (Stuttgart 2012) 393-563.
- R. Schreg, Keramik aus Südwestdeutschland. Eine Hilfe zur Beschreibung, Bestimmung und Datierung archäologischer Funde vom Neolithikum bis zur Neuzeit. In: Barbara Scholkmann (Hrsg.), Lehr- und Arbeitsmaterialien zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit³ (Tübingen 1999).