Nachgedrehte Keramik: Unterschied zwischen den Versionen
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Von Burgen der mittleren Schwäbischen Alb berichtet Ch. Bizer von der sogenannten Teckware (Bizer/Götz 2004, 30f.), die sich durch einen Scherben aus einem feinem, leicht glimmerhaltigem Ton mit wenig Magerung durch mittelgroße, scharfkantige Quarzkörnern, die an angewitterten Stücken kräftig hervortreten sowie durch ihr Formenspektrum problemlos der gröberen nachgedrehten Ware ähnlich der Ulmer Funde zuweisen lässt. Aufgrund der Vergesellschaftung auf verschiedenen Burgen unterschied Bizer eine frühe Form mit Einstich- und Liniendekor des früheren 12. Jahrhunderts und eine späte Form mit ausschließlicher Linienverzierung des späteren 12. und 13. Jahrhunderts. |
Von Burgen der mittleren Schwäbischen Alb berichtet Ch. Bizer von der sogenannten Teckware (Bizer/Götz 2004, 30f.), die sich durch einen Scherben aus einem feinem, leicht glimmerhaltigem Ton mit wenig Magerung durch mittelgroße, scharfkantige Quarzkörnern, die an angewitterten Stücken kräftig hervortreten sowie durch ihr Formenspektrum problemlos der gröberen nachgedrehten Ware ähnlich der Ulmer Funde zuweisen lässt. Aufgrund der Vergesellschaftung auf verschiedenen Burgen unterschied Bizer eine frühe Form mit Einstich- und Liniendekor des früheren 12. Jahrhunderts und eine späte Form mit ausschließlicher Linienverzierung des späteren 12. und 13. Jahrhunderts. |
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− | Aus Lauffen und einigen weiteren Fundorten des mittleren Neckarlandes sind ist eine [[gröbere nachgedrehte Ware (Neckarland, HMa)]] mit Schrägrandformen bekannt, die noch in Verbindung mit dem Typ Jagstfeld auftreten (Gross 1991, 57) und auch hier neben einer feinsandigen, glimmerhaltigen nachgedrehten Ware stehen, deren Randformenspektrum von einfachen Rändern über abgestrichene Ränder bis zu Leistenrändern reicht. In Unterregenbach lassensich formal ebenfalls zwei Gruppen nachgedrehter Ware unterscheiden (Gross 1990, 392ff.). Gruppe 1 mit kurzen, spitz zulaufenden Randbildungen ohne Hals und bauchigen bis steilwandigen Gefäßkörpern wurde mit slawischer Keramik aus Franken in Verbindung gebracht, Gruppe 2 entspricht in seinen Randbildungen dem sonst in Südwestdeutschland üblichen (Abb. #219 B). |
+ | Aus Lauffen und einigen weiteren Fundorten des mittleren Neckarlandes sind ist eine [[gröbere nachgedrehte Ware (Neckarland, HMa)]] mit Schrägrandformen bekannt, die noch in Verbindung mit dem Typ Jagstfeld der [[ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, FMa/HMa)|älteren gelben Drehscheibenware]] auftreten (Gross 1991, 57) und auch hier neben einer [[feinsandig glimmerhaltige nachgedrehte Ware (Ostalb, HMa)|feinsandigen, glimmerhaltigen nachgedrehten Ware]] stehen, deren Randformenspektrum von einfachen Rändern über abgestrichene Ränder bis zu Leistenrändern reicht. In Unterregenbach lassensich formal ebenfalls zwei Gruppen nachgedrehter Ware unterscheiden (Gross 1990, 392ff.). Gruppe 1 mit kurzen, spitz zulaufenden Randbildungen ohne Hals und bauchigen bis steilwandigen Gefäßkörpern wurde mit slawischer Keramik aus Franken in Verbindung gebracht, Gruppe 2 entspricht in seinen Randbildungen dem sonst in Südwestdeutschland üblichen (Abb. #219 B). |
+ | Lokale Ausprägungen bestimmen also das Bild der nachgedrehten Ware. Die einzelnen Keramiklandschaften sind bisher nur grob zu umschreiben (Gross 1991, 52 ff.). Am besten ist derzeit noch die sog. [[Albware]] abzugrenzen. Besonders ist hier noch auf die spezielle Gefäßform der Hängetöpfe hinzuweisen, wie sie sich in der nachgedrehten Keramik von Wülfingen belegen lassen. Am Rand waren Ösen angebracht, die es ermöglichen, den Topf über das Herdfeuer zu hängen. Eine Scherbe aus Wülfingen mit einer Schutzklappe, die das Aufhängeseil vor Hitze schützt, findet bisher nur in Norddeutschland Vergleiche (Gross 1991e). Aufgrund ihrer vergleichsweise einfachen Herstellungstechnik kann angenommen werden, dass nachgedrehte Keramik im häuslichen Bereich hergestellt wurde (Rogier 2011, 5). |
Version vom 19. November 2019, 12:58 Uhr
Terminologie
Der Begriff “nachgedrehte Waren” fasst Warenarten zusammen, die nicht durch freies Drehen (Drehscheibenware), sondern durch unterschiedliche Treibtechniken hergestellt wurden (Rogier 2011, 89). Aufgrund dieser “negativen Definition” (vgl. Rogier 2011, 89) finden sich in der Literatur unter “nachgedrehte Waren” sehr unterschiedliche Ausprägungen. Zudem ist eine korrekte Ansprache bei stark zerscherbtem Material wegen der großen regionalen Unterschiede innerhalb dieser Warenart und den gleichzeitigen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung besonders qualitätsvoller “nachgedrehter Waren” zu der Drehscheibenware nicht immer möglich.
Forschungsgeschichte
Der Forschungsstand zu den nachgedrehten Waren ist relativ schlecht. Meistens fanden Scherben dieser Warenart im Rahmen von Aufarbeitungen von Fundkomplexen Erwähnung. Neben Gross, der in mehreren Publikationen auf die nachgedrehten Waren eingeht, findet sich eine ausführliche Darstellung lediglich bei Rogier 2011. Problematisch istzudem der Gebrauch unterschiedlicher Termini in der Literatur wie u.A. “gewülstete Ware” (Lobbedey 1968, 26). Auch eine weitere Differenzierung z.B. in Albware oder Goldglimmerware wird nicht von allen Autoren vorgenommen, sodass mitunter unklar bleibt, wie der Begriff 'nachgedrehte Waren' zu verstehen ist.
Chronologie
Die Chronologie der nachgedrehten Keramik des 9./10. Jahrhunderts ist weitgehend ungeklärt, hingegen sind zahlreiche Waren des 11./12. Jahrhunderts bekannt. In ihren Anfängen noch merowingerzeitliche nachgedrehte Waren, wie etwa die Kammstrichware mögen längere Laufzeiten besitzen als bisher angenommen und diese Lücke teilweise füllen (Ade-Rademacher 1993, 90 f.; Maier 1994). In Urspring wurde eine rauwandige nachgedrehte Ware ausgesondert, die noch ins frühe Mittelalter datiert und Anklänge an die spätmerowingerzeitliche rauwandige Drehscheibenware zeigt. Zugleich wurde hier eine weitere nachgedrehte Warenart, die graubeige nachgedrehte Keramik bestimmt, die in ihrer mangelnden Einheitlichkeit im Formenbestand jedoch fraglich erscheint (Maier 1994; Schreg 1996. -Abb. #219). Nachgedrehte Waren treten im Arbeitsgebiet im Zeitraum bis zum 13. Jahrhundert (Rogier 2011, 5) in unterschiedlichen Mengen und Ausprägungen auf.Allgemeine Bestimmungsmerkmale für nachgedrehte Warenarten Die Abgrenzung der nachgedrehten Waren von der Drehscheibenware ist oftmals problematisch, vor allem bei Wandscherben oder stark zerscherbtem Material. Daher ist eine Bestimmung oftmals nicht, oder nur im Ausschlussverfahren möglich. Folgende Merkmale können bei der Erkennung und Bestimmung nachgedrehter Keramik hilfreich sein:
- Nachgedrehte Waren weisen meist ein dickerer Rand auf, der durch das Ansetzen an das Gefäß entsteht.
- Die Drehrillen sind unregelmäßiger, weniger fein und variabler im Abstand.
- Die Böden der Gefäße weisen häufig einen Abdruck auf, den die Drehachse der Unterlage hinterlässt. Die Formen dieser Achsnarbe (oder Bodenzeichen) sind vielfältig (Krähenfüße; Radkreuz; ...). Sie sind in Südwestdeutschland vom 11. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts geläufig. Dabei geht die Tendenz von großen, den ganzen Boden bedeckenden Zeichen hin zu kleineren Zeichen (Abb. #219).
Warenarten
Von Burgen der mittleren Schwäbischen Alb berichtet Ch. Bizer von der sogenannten Teckware (Bizer/Götz 2004, 30f.), die sich durch einen Scherben aus einem feinem, leicht glimmerhaltigem Ton mit wenig Magerung durch mittelgroße, scharfkantige Quarzkörnern, die an angewitterten Stücken kräftig hervortreten sowie durch ihr Formenspektrum problemlos der gröberen nachgedrehten Ware ähnlich der Ulmer Funde zuweisen lässt. Aufgrund der Vergesellschaftung auf verschiedenen Burgen unterschied Bizer eine frühe Form mit Einstich- und Liniendekor des früheren 12. Jahrhunderts und eine späte Form mit ausschließlicher Linienverzierung des späteren 12. und 13. Jahrhunderts.
Aus Lauffen und einigen weiteren Fundorten des mittleren Neckarlandes sind ist eine gröbere nachgedrehte Ware (Neckarland, HMa) mit Schrägrandformen bekannt, die noch in Verbindung mit dem Typ Jagstfeld der älteren gelben Drehscheibenware auftreten (Gross 1991, 57) und auch hier neben einer feinsandigen, glimmerhaltigen nachgedrehten Ware stehen, deren Randformenspektrum von einfachen Rändern über abgestrichene Ränder bis zu Leistenrändern reicht. In Unterregenbach lassensich formal ebenfalls zwei Gruppen nachgedrehter Ware unterscheiden (Gross 1990, 392ff.). Gruppe 1 mit kurzen, spitz zulaufenden Randbildungen ohne Hals und bauchigen bis steilwandigen Gefäßkörpern wurde mit slawischer Keramik aus Franken in Verbindung gebracht, Gruppe 2 entspricht in seinen Randbildungen dem sonst in Südwestdeutschland üblichen (Abb. #219 B). Lokale Ausprägungen bestimmen also das Bild der nachgedrehten Ware. Die einzelnen Keramiklandschaften sind bisher nur grob zu umschreiben (Gross 1991, 52 ff.). Am besten ist derzeit noch die sog. Albware abzugrenzen. Besonders ist hier noch auf die spezielle Gefäßform der Hängetöpfe hinzuweisen, wie sie sich in der nachgedrehten Keramik von Wülfingen belegen lassen. Am Rand waren Ösen angebracht, die es ermöglichen, den Topf über das Herdfeuer zu hängen. Eine Scherbe aus Wülfingen mit einer Schutzklappe, die das Aufhängeseil vor Hitze schützt, findet bisher nur in Norddeutschland Vergleiche (Gross 1991e). Aufgrund ihrer vergleichsweise einfachen Herstellungstechnik kann angenommen werden, dass nachgedrehte Keramik im häuslichen Bereich hergestellt wurde (Rogier 2011, 5).