Härte

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Version vom 26. Mai 2021, 01:13 Uhr von M. Rühle (Diskussion | Beiträge) („Methoden der Härtebestimmung“ neu strukturiert, ergänzt und Überblickstabelle eingefügt; Kleinigkeiten angepasst.)
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Die Härte ist ein wesentliches Kennzeichen bei der Beschreibung des Scherbens. Sie ist von vielen Faktoren abhängig, wie dem Ton, der Brandtechnik und der Brenntemperatur – aber auch von sekundärer Formation etwa bei der Bodenlagerung. Ein genaues System zur Bestimmung der Härte bzw. der Festigkeit von Keramikscherben konnte noch nicht entwickelt werden. Grund hierfür ist, dass zahlreiche schwer mess- und nachprüfbare Faktoren (z. B. Stellung im Ofen, Brenndauer, Brennatmosphäre etc.) Einfluss auf die Keramikhärte nehmen. Auch die unterschiedlichen Tonmineralien, Magerungsanteile und die Porosität finden in der Härte der Keramik ihren Niederschlag. Hinzu kommen die Variationsbreite der Zusammensetzung der einzelnen Rohstoffe, nicht mehr auszumachende Mischungsansätze der Hersteller, aber auch das Wissen um die ehemalige Nutzung des Gefäßes.


Terminologie

  • weich – einfache, niedrig gebrannte Irdenware
  • mittel – die Masse der Irdenware
  • hart – die Masse der sorgfältig gedrehten, reduzierend gebrannten Irdenware, einige oxidierend gebrannte Irdenwaren, Steingutgruppen
  • klingend hart – hochgebrannte (überbrannte) Irdenware sowie einige hochgebrannte Schwarzwaren (Reduktionsbrand), einige Steingutgruppen
  • steinzeugartig hart – einige Steingutgruppen, z. T. überbrannte Irdenwaregruppen, Steinzeug und Porzellan

Methoden der Härtebestimmung

Anhand der Ritzbarkeit

Eine Möglichkeit der Härtebestimmung ist die der sogenannten „Ritzhärte“. Diese kann durch Ritzung mit den Referenz-Mineralien der Mohs’schen Härteskala, jedoch auch mit einfachen Hilfsmitteln wie z. B. Fingernagel und Messer erfolgen. Letztere Variante, genutzt u. a. von H. Losert für seine Aufarbeitung der früh- und hochmittelalterlichen Keramik Oberfrankens, wird der Einfachheit halber praktisch wohl häufig angewandt, vermutlich ihres unprofessionellen Rufs wegen aber relativ selten als angewandte Methode tatsächlich beschrieben.
Es wird empfohlen, zum Zwecke besserer Vergleichbarkeit nach Möglichkeit immer die Außenseite von Keramikscherben zu ritzen. Außerdem ist zu bedenken, dass die inhomogene Zusammensetzung von Keramik zu unterschiedlichen Härtegraden an verschiedenen Stellen des zu prüfenden Bruchstücks führen kann. Des Weiteren kann die Ritzbarkeit durch dichte, an die Oberfläche tretende Magerung beeinträchtigt werden.

Terminologien und Kriterien für die Ritzhärtebestimmung von Keramik
Mit Hilfe der Mohs’schen Härteskala Ohne Referenz zur Mohs-Skala
Relative Ritzhärte nach Mohs Referenz-Mineral Absolute Schleifhärte nach Rosiwal Terminologie Ritzprobe Ritzprobe Terminologie
nach Erdmann u. a. 1984 nach Bauer u. a. 1986 nach Schneider 1989 nach Losert 1993
1 Talk 0,03 weich weich mit Fingernagel ritzbar
mit Fingernagel ritzbar


mit Eisenmesser ritzbar




mit Eisenmesser nicht ritzbar



weich


mäßig hart





hart


2 Gips 1,25 weich bis hart
3 Kalkspat 4,50 hart hart mit Messer ritzbar
4 Flussspat 5,00
5 Apatit 6,50 sehr hart sehr hart mit Messer schwer od. nicht ritzbar
6 Feldspat 37,00 sehr hart bis klingend hart
7 Quarz 120,00 klingend hart klingend/steinzeugartig hart klingend hart mit Messer nicht ritzbar
8 Topas 175,00
9 Korund 1 000,00
10 Diamant 140 000,00


(alternative Terminologie)

  • mäßig hart
  • hart
  • sehr hart


Härte der mittelalterlichen Keramik Oberfrankens

„Die Brandhärte änderte sich vom frühen bis zum hohen Mittelalter (12. Jahrhundert) nur unwesentlich. Die Oberfläche aller Warenarten ist mehr oder weniger leicht mit dem Messer ritzbar. Erst am Ende der untersuchten Zeitspanne tritt härter gebrannte Keramik auf, deren Oberfläche mit dem Eisenmesser nicht ritzbar ist. Auch diese steht offensichtlich mit dem Auftreten rein oxydierend gebrannter Drehscheibenware und den damit verbundenen technischen Neuerungen in Verbindung“ (Losert 1993, 74).

Anhand des Klangs

Eine andere Möglichkeit ist die Angabe der „Klanghöhe“ eines Scherbens beim Anschlagen mit dem Finger oder beispielsweise einem Bleistift. Sie ist allerdings eher unsicher, da der Klang durch Scherben, Wandstärke, Trocknungsgrad (Wassergehalt), Porenfüllungen (Reste von ehemaligem Gebrauch), Fragmentgröße und -form beeinflusst wird (vgl. Bauer u. a. 1986, 102).

Literaturhinweise

  • Bauer u. a. 1986: I. Bauer/W. Endres/B. Kerkhoff-Hader/R. Koch/H.-G. Stephan, Leitfaden zur Keramikbeschreibung (Mittelalter – Neuzeit). Terminologie – Typologie – Technologie. Kat. Prähist. Staatsslg. Beih. 2 (Kallmünz OPf. 1986).
  • Erdmann u. a. 1984: W. Erdmann/H. J. Kühn/H. Lüdtke/E. Ring/W. Wessel, Rahmenterminologie zur mittelalterlichen Keramik in Norddeutschland. Arch. Korrbl. 14, 1984, 417–436. (Unveränderter Nachdruck in: H. Lüdtke/K. Schietzel (Hrsg.), Handbuch zur mittelalterlichen Keramik in Nordeuropa 2. Kataloge. Schr. Arch. Landesmus. 6 (Neumünster 2001) 947–969.)
  • Losert 1993: H. Losert, Die früh- bis hochmittelalterliche Keramik in Oberfranken 1. Text und Katalog der Fundorte. Zeitschr. Arch. Mittelalter Beih. 8 (Köln, Bonn 1993).
  • Schneider 1989: G. Schneider, Naturwissenschaftliche Kriterien und Verfahren zur Beschreibung von Keramik. Diskussionsergebnisse der Projektgruppe Keramik im Arbeitskreis Archäometrie in der Fachgruppe Analytische Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Acta Praehist. et Arch. 21, 1989 (1990) 7–39.