Härte
Die Härte ist ein wesentliches Kennzeichen bei der Beschreibung des Scherbens. Sie ist von vielen Faktoren abhängig, wie dem Ton, der Brandtechnik und der Brenntemperatur – aber auch von sekundärer Formation etwa bei der Bodenlagerung. Ein genaues System zur Bestimmung der Härte bzw. der Festigkeit von Keramikscherben konnte noch nicht entwickelt werden. Grund hierfür ist, dass zahlreiche schwer mess- und nachprüfbare Faktoren (z. B. Stellung im Ofen, Brenndauer, Brennatmosphäre etc.) Einfluss auf die Keramikhärte nehmen. Auch die unterschiedlichen Tonmineralien, Magerungsanteile und die Porosität finden in der Härte der Keramik ihren Niederschlag. Hinzu kommen die Variationsbreite der Zusammensetzung der einzelnen Rohstoffe, nicht mehr auszumachende Mischungsansätze der Hersteller, aber auch das Wissen um die ehemalige Nutzung des Gefäßes.
Terminologie
- weich – einfache, niedrig gebrannte Irdenware
- mittel – die Masse der Irdenware
- hart – die Masse der sorgfältig gedrehten, reduzierend gebrannten Irdenware, einige oxidierend gebrannte Irdenwaren, Steingutgruppen
- klingend hart – hochgebrannte (überbrannte) Irdenware sowie einige hochgebrannte Schwarzwaren (Reduktionsbrand), einige Steingutgruppen
- steinzeugartig hart – einige Steingutgruppen, z. T. überbrannte Irdenwaregruppen, Steinzeug und Porzellan
Methoden der Härtebestimmung
Anhand der Ritzbarkeit
Eine Möglichkeit der Härtebestimmung ist die der sogenannten „Ritzhärte“. Diese kann durch Ritzung mit den Referenz-Mineralien der Mohs’schen Härteskala, jedoch auch mit einfachen Hilfsmitteln wie z. B. Fingernagel und Messer erfolgen. Letztere Variante, genutzt u. a. von H. Losert für seine Aufarbeitung der früh- und hochmittelalterlichen Keramik Oberfrankens, wird der Einfachheit halber praktisch wohl häufig angewandt, vermutlich ihres unprofessionellen Rufs wegen aber relativ selten als angewandte Methode tatsächlich beschrieben.
Es wird empfohlen, zum Zwecke besserer Vergleichbarkeit nach Möglichkeit immer die Außenseite von Keramikscherben zu ritzen. Außerdem ist zu bedenken, dass die inhomogene Zusammensetzung von Keramik zu unterschiedlichen Härtegraden an verschiedenen Stellen des zu prüfenden Bruchstücks führen kann. Des Weiteren kann die Ritzbarkeit durch dichte, an die Oberfläche tretende Magerung beeinträchtigt werden.
Mit Hilfe der Mohs’schen Härteskala | Ohne Referenz zur Mohs-Skala | |||||||
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Relative Ritzhärte nach Mohs | Referenz-Mineral | Absolute Schleifhärte nach Rosiwal | Terminologie | Ritzprobe | Ritzprobe | Terminologie | ||
nach Erdmann u. a. 1984 | nach Bauer u. a. 1986 | nach Schneider 1989 | nach Losert 1993 | |||||
1 | Talk | 0,03 | weich | weich | mit Fingernagel ritzbar | mit Fingernagel ritzbar mit Eisenmesser ritzbar mit Eisenmesser nicht ritzbar |
weich mäßig hart hart | |
2 | Gips | 1,25 | weich bis hart | |||||
3 | Kalkspat | 4,50 | hart | hart | mit Messer ritzbar | |||
4 | Flussspat | 5,00 | ||||||
5 | Apatit | 6,50 | sehr hart | sehr hart | mit Messer schwer od. nicht ritzbar | |||
6 | Feldspat | 37,00 | sehr hart bis klingend hart | |||||
7 | Quarz | 120,00 | klingend hart | klingend/steinzeugartig hart | klingend hart | mit Messer nicht ritzbar | ||
8 | Topas | 175,00 | ||||||
9 | Korund | 1 000,00 | ||||||
10 | Diamant | 140 000,00 |
(alternative Terminologie)
- mäßig hart
- hart
- sehr hart
Härte der mittelalterlichen Keramik Oberfrankens
„Die Brandhärte änderte sich vom frühen bis zum hohen Mittelalter (12. Jahrhundert) nur unwesentlich. Die Oberfläche aller Warenarten ist mehr oder weniger leicht mit dem Messer ritzbar. Erst am Ende der untersuchten Zeitspanne tritt härter gebrannte Keramik auf, deren Oberfläche mit dem Eisenmesser nicht ritzbar ist. Auch diese steht offensichtlich mit dem Auftreten rein oxydierend gebrannter Drehscheibenware und den damit verbundenen technischen Neuerungen in Verbindung“ (Losert 1993, 74).
Anhand des Klangs
Eine andere Möglichkeit ist die Angabe der „Klanghöhe“ eines Scherbens beim Anschlagen mit dem Finger oder beispielsweise einem Bleistift. Sie ist allerdings eher unsicher, da der Klang durch Scherben, Wandstärke, Trocknungsgrad (Wassergehalt), Porenfüllungen (Reste von ehemaligem Gebrauch), Fragmentgröße und -form beeinflusst wird (vgl. Bauer u. a. 1986, 102).
Literaturhinweise
- Bauer u. a. 1986: I. Bauer/W. Endres/B. Kerkhoff-Hader/R. Koch/H.-G. Stephan, Leitfaden zur Keramikbeschreibung (Mittelalter – Neuzeit). Terminologie – Typologie – Technologie. Kat. Prähist. Staatsslg. Beih. 2 (Kallmünz OPf. 1986).
- Erdmann u. a. 1984: W. Erdmann/H. J. Kühn/H. Lüdtke/E. Ring/W. Wessel, Rahmenterminologie zur mittelalterlichen Keramik in Norddeutschland. Arch. Korrbl. 14, 1984, 417–436. (Unveränderter Nachdruck in: H. Lüdtke/K. Schietzel (Hrsg.), Handbuch zur mittelalterlichen Keramik in Nordeuropa 2. Kataloge. Schr. Arch. Landesmus. 6 (Neumünster 2001) 947–969.)
- Losert 1993: H. Losert, Die früh- bis hochmittelalterliche Keramik in Oberfranken 1. Text und Katalog der Fundorte. Zeitschr. Arch. Mittelalter Beih. 8 (Köln, Bonn 1993).
- Schneider 1989: G. Schneider, Naturwissenschaftliche Kriterien und Verfahren zur Beschreibung von Keramik. Diskussionsergebnisse der Projektgruppe Keramik im Arbeitskreis Archäometrie in der Fachgruppe Analytische Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Acta Praehist. et Arch. 21, 1989 (1990) 7–39.