Steingut
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Steingut ist eine neuzeitliche Keramikart, die um 1765 in England von Josiah Wedgwood entwickelt wurde.
Charakteristika
Im Unterschied zum Steinzeug ist Steingut porös und nicht wasserdicht. Es wird bei 970 bis 1320 °C gebrannt, weshalb der Scherben nicht durchsintert. Eine allseitige gleichmäßig aufgebrachte durchsichtige, oft bleihaltige Glasur macht einen zweiten Brand, den Glasurbrand bei etwa 1000°C notwendig. Der Scherben ist weiß bis gelblich, vor dem Glasurbrand lässt er sich bemalen oder gar bedrucken.
Die Gefäße werden zumeist nicht auf der Töpferscheibe hergestellt, sondern in einem Gießverfahren ausgeformt.
Kulturgeschichtliche Einordnung
1759 gründete Josiah Wegwood (1730-1795), der aus einer Töpferfamilie aus Staffordshire stammte in Burslem, Stoke-on-Trent die Wedgwood Company. Bereits im frühen 18. Jahrhundert hat es zahlreiche Gründungen von Porzellan-Fabriken gegeben, die meist jedoch an eine fürstliche Residenz gebunden waren. Die Wedgwood Company hingegen steht für eine moderne Unternehensform der industrialisierung, die mit Verbesserungen der Produkte, der Herstellungstechniken und gezielter Vermarktung profitorientiert arbeitete.
Das IVY house, der Platz der ersten Manufaktur von Wedgwoods Firma wurde 1997 durch archäologische Ausgrabungen untersucht (Boothroyd/ Courtnay 2004). Da hier auch ältere Spuren von Töpfereien gefunden wurden, wird deutlich, wie der spätere Großunternehmer Wedgwood im lokalen Handwerk wurzelt.
Aufbauend auf lokalen Traditionen Staffordshire-Töpfer, die schon um 1720 eine Creamware entwickelt hatte, die die Ausformung sehr dünnwandigen Geschirrs erlaubt, entwickelte Josiah Wedgwood um 1765 eine Ware, die leicht auszuformen und bedruckbar war. Die luxuriöse Variante der Creamware durfte Wedgwood nach dem Geschenk eines Teeservice an Queen Charlotte als "Queen's ware" bezeichnen. In kürzester Zeit verdrängte das Steingut die bleiglasierte Hafnerware und die Fayence. Bereits der Erfinder Josiah Wedgwood entwickelte verschiedene Produktvarianten, die als "Wedgwoodware", Creamware oder Jasperware bezeichnet wurden. Letztere ist bei höheren Temperaturen gebrannt und zählt nach technischen Kriterien bereits zum versinterten Steinzeug.
Steingut wurde häufig auch als Porzellan-Imitat verwendet.
Ende des 18. Jahrhunderts exportierte die Wedgwood Company rund 80% ihrer Produktion und regte bald entsprechende Produktion in Deutschland an. 1775 begann die Fayence-Manufaktur in Rendsburg mit der Produktion von Steingut; um 1780 begann auch die damals nach der Verlegung der württembergischen Residenz nach Stuttgart in einer Krise befindliche Ludwigsburger Porzellanmanufaktur mit der Herstellung von Steingut.
Heute bestehen industrielles Essgeschirr oder bedruckbare Tassen aus Steingut.
Terminologie
- englisch: creamware
Literaturhinweise und Nachweise
- Boothroyd/ Courtnay 2004: Noel Boothroyd/ Paul Courtnay, Excavations at Burslem, Stoke on Trent. Medieval Ceramics 28, 2004, 72-96. - https://cldup.com/rsW5gvjFqW.pdf
- Dawson 1998: A. Dawson, The Growth of the Staffordshire Ceramic Industry. In: I. Freestone / D. Gaimster (Hrsg.), Pottery in the Making: World Ceramic Traditions. British Museum Publications (London 1997)
- McKendrick 1970: Neil McKendrick, Josiah Wedgwood and cost accounting in the Industrial Revolution. Economic History Review 23.1, 1970, 45–67. - https://doi.org/10.2307/2594563
- McKendrick 1970: Neil McKendrick, Josiah Wedgwood: An Eighteenth-Century Entrepreneur in Salesmanship and Marketing Techniques. The Economic History Review 12(3), 2008, 408-433. - https://doi.org/10.1111/j.1468-0289.1960.tb00950
- McKendrick 2018: Neil McKendrick, Josiah Wedgwood and the Commercialization of the Potteries. In: N. McKendrick/ J. Brewer/ J.H. Plumb, The Birth of a Consumer Society: The commercialization of Eighteenth-century England (Brighton 2018). - ISBN 978-1912224265