Handgemachte Grobware (Nordostbayern, FMa/ HMa)
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Die handgemachte Grobware aus Nordostbayern ist eine Ausprägung der regionalen "slawischen" Keramik. Diese ethnische Deutung ist jedoch aus methodisch-theoretischen Gründen, wie auch auf Basis von Vergleichsfunden zumindest in dieser Eindeutigkeit in Zweifel zu ziehen.
Forschungsgeschichte
Losert verwendete den Oberbegriff der grob gemagerten Ware, die er in Warenart 1.1. "gewülstete grob gemagerte Keramik" im Sinne des hier verwendeten Begriffs der nordostbayerischen handgemachten Grobware und in Warenart 1.2 "nachgedrehte, grob gemagerte Keramik" differenzierte (Losert 1993, 28).
alternative Bezeichnungen
Die Warenart wird in der Literatur unterschiedlich bezeichnet:
- Gewülstete grobgemagerte Keramik, Warenart 1.1 (Losert 1993)
- Grob belassene frühmittelalterliche Ware, Gruppe H 6b (Haberstroh 2000)
- Grob gemagerte Ware, Gruppe WG 10a (Werther 2011)
Charakteristika
Herstellungstechnik
Die Warenart wurde hergestellt, indem der Töpfer die Tonmasse aufgewülstet hat und dann mit den Händen ausgeformt hat. Dementsprechend zeichnen sich die Funde der Warenart durch ein unregelmäßiges Profil, unregelmäßige Wandungsstärken und durch handwerklich einfache Bearbeitung aus (Losert 1993, 28). Dass die Töpferscheibe in Nordostbayern lange Zeit unbekannt gewesen ist, ist für die Gebiete östlich des fränkischen Reiches als Sonderweg zu sehen, da weiter im Westen solche handgemachte Keramik schon im 5. bis 7. Jahrhundert von Drehscheibenware abgelöst wird (Werther 2011, 241). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Hübener, der eine "Ostgruppe" definiert, welche in der Keramikentwicklung im Frühmittelalter einen Sonderweg einnimmt (Hübener 1969, 126-132).
Die Handgemachte Grobware ist von der Nachgedrehte, grob gemagerte Keramik (Nordostbayern, FMa/ HMa) zu unterscheiden, welche im Anschluss an die Ausformung noch auf der langsam rotierenden Töpferscheibe nachgedreht worden ist. Es kann schwierig sein, eine Scherbe einer der beiden Varianten zuzuordnen, da sich die Spuren des Nachdrehens vor allem durch den Achsabdruck am Boden des Gefäßes oder aber am Rand bemerkbar machen. Stammt eine Scherbe aus einem anderen Bereich, kann eine eindeutige Zuordnung in der Praxis nahezu unmöglich sein. Daher hatte Hans Losert beide Warenarten unter seiner Ware 1 (grob gemagerte Ware/slawische Keramik) zusammengefasst.
Magerung und Brand
Bezüglich der Magerung hat Hans Losert an den oberfränkischen Funden insbesondere vom Bamberger Dom zwei Varianten unterschieden:
- Variante a ist sehr grob mit Quarzsand und anderen kiesigen Materialien (bis ca 5mm) gemagert. Es ergibt sich dadurch eine raue und sandige Oberfläche. Die Farbgebung kann eine hohe Varianz aufweisen. Mit einer leichten Tendenz besteht die Farbgebung der Variante 1a an der Oberfläche dennoch eher aus ocker- und braunfarbigen Erdtönen. An den Bruchkanten ist die Variante 1a meist eher grau. Die ungleichmäßige Farbgebung ist Ergebnis des Brennvorgangs. Die Keramik wurde wohl im Wechsel zwischen oxidierenden und reduzierenden Bränden gebrannt, wobei bei Variante a abschließend oxidierender Brand überwog (Losert 1993, 29).
- Die Variante b unterscheidet sich in der Magerung dadurch, dass der Ton mit mehr und kantigerem Quarzsand angereichert wurde und dieser im Vergleich zu Variante a gleichmäßiger verteilt ist. Die Oberfläche beschreibt Losert als „speckig“. Im Bereich von an der Oberfläche liegenden Magerungskörnern ist die Variante der Warenart regelmäßig abgeplatzt oder gerissen. Farblich unterscheidet sich Variante b dadurch, dass sie in Folge von reduzierendem Brand oftmals grau bis schwarz gefärbt ist (Losert 1993, 29).
Oberfläche
unregelmäßige Glättstreifen
Randformen
u.a. abgestrichene Ränder
wichtige Fundorte
- Bamberg, Dom
- Seußling, Landkreis Bamberg (Werther 2011)
- Stechendorf (Lkr. Bayreuth) (Lebsak 2020)
- Wüstung Schlammersdorf bei Rattelsdorf
Interpretation als "Slawische Keramik"
Ein wesentliches Argument für eine ethnische Interpretation der Ware als "slawisch" ist der hohe Fundanteil im Fundbestand der Wüstung Schlammersdorf bei Rattelsdorf, deren Ortsname mit dem slawischen Personenname "Slawomir" in Verbindung gebracht wurde. Neuere Forschungen zur Toponomastik sind in der Herleitung von Ortsnamen aus slawischen Wurzeln deutlich vorsichtiger. Zudem zeigt sich, dass keine Korrelation zwischen den klar slawischen Ortsnamen und der "slawischen Keramik" besteht, dass im Gegenteil eher eine negative Korrelation vorliegt (Klír 2020).
Literaturhinweise
- Haberstroh 2000: Jochen Haberstroh. Germanische Funde der Kaiser- und Völkerwanderungszeit aus Oberfranken. Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte. Reihe A - Fundinventare und Ausgrabungsbefunde. Band 82 (Kallmünz/Opf. 2000).
- Hübener 1969: Wolfgang Hübener, Absatzgebiete frühgeschichtlicher Töpfereien in der Zone nördlich der Alpen. Beiträge zur Keramik der Merowingerzeit. Textband. Antiquas. Reihe 3. Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums. Band 6 (Bonn 1969)
- Klír 2020: T. Klír, Language, material culture, and ethnifying on the Carolingian borders: Slavs in Northeast Bavaria. In: T. Klír/V. Boček/N. Jansens (Hrsg.), New perspectives on the early Slavs and the rise of Slavic. Contact and migrations. Empirie und Theorie der Sprachwissenschaft Band 6 (Heidelberg 2020) 191–271.
- Lebsak 2020: M. Lebsak, Bergbau und Eisenverhüttung auf der nördlichen Frankenalb im Mittelalter. Monographien zur Geschichte Oberfrankens 2 (Bayreuth 2020).
- Losert 1993: Hans Losert, Die früh- bis hochmittelalterliche Keramik in Oberfranken. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters. Beiheft 8 (Köln 1993). - ISBN: 9783792713235
- Werther 2011: Lukas Werther, Kirche-Friedhof-Siedlung. Archäologische Studie zur Entwicklung von Seußling (Oberfranken) zwischen Völkerwanderungszeit und Spätmittelalter. Ber. Bayer. Bodendenkmalpfl. 52, 2011, 181-371.