Aschheim

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Aschheim (Lkr. München)

Siedlungsfunde

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Lage

Aschheim liegt in der alt besiedelten Münchner Schotterebene.

  • Koordinaten: 48.171772, 11.715499 (WGS84) - Kirche St. Peter und Paul

historischer Rahmen

756/757 fand unter Herzog Tassilo III die Bischofssynode von Aschheim statt, die zugleich die Ersterwähnung des Ortes darstellt. Wenig später wird Aschheim in der Vita des Heiligen Emmeram genannt. Diese prominenten Nennungen gaben Anlaß, in Aschheim einen Zentralort/ eine villa publica zu sehen (u.a. Pütz/Later 2013).


Forschungsgeschichte

In den 1970er Jahren wurden durch Hermann Dannheimer und Gertrud Diepolder im Anschluß an Ausgrabungen in der Kirche St. Peter und Paul systematische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte begonnen. Ihre Publikationen legten die Grundlage zu intensiver denkmalpflegerischen Untersuchungen und einer regen Auseinandersetzung mit Fragen der Siedlungsentwicklung. Von der Gemarkung sind mehrere merowingerzeitliche Gräberfelder bekannt, zudem zeigen Luftbildaufnahmen mehrere Siedlungsareale südlich wie östlich des Ortes, die wegen der erkennbaren Grubenhäuser und Brunnenanlagen von Dannheimer ins frühe Mittelalter datiert wurden. Zahlreiche Grabungen der vergangenen Jahre in diesen Siedlungsbereichen zeigen, dass diese Siedlungen teilweise gleichzeitig bestanden (Schreg 2009). Im Lauf der Zeit wurden mehrere Theorien zur Siedlungsentwicklung formuliert. Nach Dannheimer und Diepolder 1988 erfolgte noch vor 800 eine Siedlungskonzentration mehrerer gleichzeitiger Siedlungsstellen im Bereich des Ortskerns. Heiko Steuer sah in Aschheim ein Beispiel der von ihm auch für Süddeutschland postulierten Wandersiedlungen. Demnach stellen die verschiedenen Siedlungslagen um Aschheim lediglich verschiedene Phasen einer einzigen Siedlung dar. Den Übergang zu einer ortskonstanten Siedlungsweise im Bereich der heutigen Ortslagen setzte er ins 8. Jahrhundert (Steuer 1991). Winghart 1995 und Schreg 2009 griffen die Thematik erneut auf, wobei zwischenzeitlich ein deutlicher Zuwachs an archäologischen Daten vorliegt. Bearbeitet wurde das merowingerzeitliche Gräberfeld am Bajuwarenring, das 1997/98 ausgegraben wurde und vor allem auch wegen des genetischen Nachweises des Pesterregers yersinia pestis bekannt geworden ist.

wichtige Fundstellen

  • Aschheim, St. Peter und Paul. Bei der Untersuchung der Kirche konnten reiche Grabfunde der zweiten Hälfte des 6. und des 7. Jahrhunderts geborgen werden. Erfasst wurden auch die Reste einer Holzpfostenkirche (Dannheimer 1988).
  • Aschheim, Bajuwarenring/ Münchner Straße: merowingerzeitliches Gräberfeld (Gutsmiedl-Schümann 2010)
  • Aschheim, Erdinger Straße. Die Siedlung östlich des Ortes an der heutigen Erdinger Straße konnte in mehreren Grabungen großflächig untersucht werden. Sie bestand aus parallel Ost-West orientierten großen Pfostenbauten und Grubenhäusern. Kennzeichnendes Element der Siedlung sind weiterhin zahlreiche Brunnen, die nach den vorliegenden Dendrodaten überwiegend ins 6. Jahrhundert gehören. Eine kleine Hofgrablege datiert an das Ende der Merowingerzeit.
  • Aschheim, Heimstettner Weg. Mehrfach konnten kleine Siedlungsausschnitte untersucht werden, in denen wiederum eine kleine siedlungsinterne Grablege angetroffen wurde (Dannheimer 1988).
  • Aschheim, Feldkirchner Straße. Bereits bei Grabungen der 1970er Jahre wurden Gräber der Zeit um 700 mit Kreisgrabenanlagen entdeckt (Dannheimer 1988, 18ff.).
  • Aschheim, Ortsbereich. An mehreren Stellen innerhalb des alten Ortsbereiches konnte ebenfalls eine frühmittelalterliche Besiedlung nachgewiesen werden: Am südlichen Ortsrand wurden bereits 1971 auf dem Grunstück Feldkirchner Straße 15 Siedlungsspuren mit Pfostenbauten, Grubenhäusern und einem Brunnen ergraben (Dannheimer 1988, 103ff.). Neuere Grabungen östlich der Kirche haben Siedlungsspuren des frühen Mittelalters erbracht (Fundchronik für das Jahr 1998. Bayer. Vorgeschbl. Beih. 14 (München 2001) 152 s. v. Aschheim). 2022 wurden in der Ismaninger Straße 6/8 Grubenhäuser des 7./8. Jahrhunderts sowie ein Holzkeller (?) des 11./12. Jahrhunderts mit Keramikfunden ausgegraben. Hier deutet sich erstmals auch eine hochmittelalterliche Siedlungsphase im Ortsbereich an (Pütz 2023).

Eine fluktuierende Siedlungsweise, wie sie von Steuer angenommen wurde, kann für Aschheim heute ausgeschlossen werden (Schreg 2009). Hingegen ist ein Prozess der Siedlungskonzentration im Bereich der Kirche deutlich erkennbar. Allerdings ist die historische Einordnung in die Zeit noch vor 800 aus den Siedlungsfunden nicht hinreichend abzusichern. Neben den frühmittelalterlichen Keramikfunden liegen aus den Siedlungen in der Peripherie des späteren Dorfes auch jüngere Funde vor, die erst in ottonische Zeit datiert werden. Bis heute fehlt eine Aufarbeitung der Siedlungs- und insbesondere der Keramikfunde, die die Chronologie der Siedlunsgentwicklung in Aschheim auf eine sichere Grundlage stellen können. In der bisherigen Forschung sind mit einem Fokus auf das Frühmittelalter die jüngeren Funde bisher nicht näher beschrieben wurden, so das etwa unklar bleibt, ob eine Siedlungskontinuität bestand und wann die Siedlungslagen außerhalb des Ortes endgültig aufgegeben worden sind.

Die Aufarbeitung der Siedlungsfunde und -befunde unter Einbeziehung des Hoch- und Spätmittelalters ist ein dringendes Desiderat. Sie würde insbesondere auch die Kenntnis der Keramik im Raum München deutlich voran bringen.

Befundsituation

Die Siedlungsarela ewerden durch Grubenhäuser und Pfostenbauten geprägt. Mehrfach wurden indes Brunnen nachgewiesen, die auch dendrochronologisch datiert werden konnten. Mangels Befund- und Fundvorlage sind diese aber weder für die Ortsgeschichte noch für die regionale Keramikchronologie ausgewertet.

Keramikfunde

Hermann Dannheimer hatte 1988 einige Keramikfunde vorgelegt, sie aber lediglich im Katalog knapp beschrieben, aber im Prinzip nicht weiter ausgewertet oder klassifiziert. Da Dannheimer keine Unterscheidung zwischen handgemachter, nachgedrehter und scheibengedrehter Herstellungstechnik verfolgt hat, ist eine Einordnung nach Materialgruppen oder Warenarten ohne Autopsie nicht möglich.

Aus dem Kontext der Kirche III stammt ein handgemachter Topf mit graubraunem, leicht glimmerhaltigem Scherben "mit ausladendem Rand und schräg abgestrichener Mündung" sowie zwei Reparaturlöchern. Das Gefäß ist laut Dannheimer Handarbeit, nur der Rand sei nachgedreht (Dannheimer 1988, S. 75 Taf. 22,16; 24,4). Nach Dannheimers Beschreibungen dominieren graue und braune Farben das Material, häufig wurde eine Glimmermagerung, vereinzelt eine feinkörnig weiße Magerung beobachtet. Die Funde sind wahrscheinlich im Kontext der bisher nur ungenügend bearbeiteten regionalen glimmerhaltigen nachgedrehten Keramik zu sehen.

Einzelne Funde aus der Kirche sind formal der Knickwandkeramik zuzurechnen (z.B. Dannheimer 1988, Taf. 23,22).

Aus der Ismaninger Straße 6/8 stammen Funde einer hart gebrannten kalkgemagerten Keramik, die Pütz (2023) aufgrund der nicht näher beschriebenen Randform ins 11./12. Jahrhundert datiert. Informationen, ob es sich bei der hell gebrannten Keramik um nachgedrehte Keramik oder Drehscheibenkeramik handelt, liegen nicht vor. Hypothetisch kann man sie der Weiß gemagerte nachgedrehte Ware (Südbayern, HMa) zuweisen.

Die 2009 vorgelegte Bearbeitung der Funde durch Monika Eule (Eule 2009, 111-115) differenzierte in den frühmittelalterlichen Siedlungen der Münchner Schotterbene folgende Warenarten:

Chronologie

Die Stratigraphie der Kirche St. Peter und Paul ist aufgrund der beschränkten Aufschlüsse und der geringen Fundzahl nur bedingt aussagekräftig. Vielversprechend sind die zahlreichen Brunnen, die teils dendrodatiert werden konnten.

Eine Auswertung fehlt bisher.

Verbleib der Funde

  • Archäologische Staatssammlung München
  • AschheiMuseum

Literatur zur Fundstelle:

  • Dannheimer 1988: H. Dannheimer (Hrsg.), Aschheim im frühen Mittelalter I. Münchner Beitr. Vor- u. Frühgesch. 32/1 (München 1988).
  • Diepolder 1988: G. Diepolder, Aschheim im frühen Mittelalter II. Ortsgeschichtliche, siedlungs- und flurgenetische Beobachtungen im Raum Aschheim. Münchner Beitr. Vor- u. Frühgesch. 32/2 (München 1988).
  • Eule 1998: M. Eule, Die frühmittelalterlichen Siedlungen in Aschheim. In: J. Fridrich/J. Klápště/Z. Smetánka u. a. (Hrsg.),Ruralia II. Památky archeologické Supplementum 11 (Prague 1998) 25–33. - http://ruralia2.ff.cuni.cz/wp-content/uploads/2018/04/Monika-Eule-Die.pdf
  • Eule 2009: Monika Eule, Frühmittelalterliche Siedlungen und Hofgrablegen der Münchner Schotterebene. Diss. (München 2009).
  • Feldman u. a. 2016: M. Feldman/M. Harbeck/M. Keller u. a., A High-Coverage Yersinia pestis Genome from a Sixth-Century Justinianic Plague Victim. Molecular Biology and Evolution 2016, 2911–2923. - DOI: https://doi.org/10.1093/molbev/msw170
  • Gutsmiedl-Schümann 2010: D. Gutsmiedl-Schümann, Das frühmittelalterliche Gräberfeld Aschheim-Bajuwarenring. Materialh. Bayer. Vorgesch. A 94 (Kallmünz/Opf. 2010).
  • Haller u. a. 1995: P. Haller/J. Wernard/S. Winghart, Latènezeitliche und frühmittelalterliche Siedlungen in Aschheim – neue Ergebnisse zur Siedlungsgeschichte. Arch. Jahr Bayern 1995, 124–127.
  • Later 2005: C. Later, Die Steckkreuze aus der Aschheimer Therme – Neue Fragen zu einem alten Problem. Bayer. Vorgeschbl. 70, 2005, 283–308.
  • Later 2019: C. Later, Kirche und Siedlung im archäologischen Befund – Anmerkungen zur Situation in der Baiovaria zwischen Spätantike und Karolingerzeit. In: J. Haberstroh/I. Heitmeier (Hrsg.),Gründerzeit1. Siedlung in Bayern zwischen Spätantike und Frühmittelalter1. Bayerische Landesgeschichte und europäische Regionalgeschichte (St. Ottilien 2019) 823–865.
  • Pütz 2008: A. Pütz, Pietätvolle Aufbewahrung menschlicher Skelette: Die Gruft auf dem Aschheimer Gemeindefriedhof. Arch. Jahr Bayern 2008, 174–175.
  • Pütz 2011: A. Pütz, Ein frühmittelalterlicher Tuffsteinbrunnen aus Aschheim. Arch. Jahr Bayern 2011, 98–100.
  • Pütz 2018: A. Pütz, Geköpft ins Grab - im Grab geköpft? Eine spätantike Grabgruppe aus Aschheim. Arch. Jahr Bayern 2018, 96–98.
  • Pütz 2023: A. Pütz, Grubenhaus und Tuffsteinbrunnen - Früh- und Hochmittelalter im Ortskern von Aschheim. Arch. Jahr. Bayern 2022, 2023, 114–116.
  • Pütz/ Later 2013: A. Pütz, Ch. Later: Auf den Spuren der villa publica – Flächengrabungen im frühmittelalterlichen Aschheim. Arch. Jahr Bayern 2013, 134–136.
  • Riepertinger 2000: R. Riepertinger, Aschheim und Dornach: eine Mikroanalyse zweier altbayerischer Dörfer bis zum Jahr 1800. Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte 18 (München 2000).
  • Schreg 2009: R. Schreg, Siedlungen in der Peripherie des Dorfes. Ein archäologischer Forschungsbericht zur Frage der Dorfgenese in Südbayern. Ber. Bayer. Bodendenkmalpfl. 50, 2009, 293–317.
  • Staskiewicz 2007: A. Staskiewicz, The early medieval cemetery at Aschheim-Bajuwarenring – A Merovingian population under the influence of pestilence ? In: G. Grupe/J. Peters (Hrsg.),Skeletal series and their socio-economic context. Documenta Archaeobiologiae 5 (Rahden/Westf. 2007) 35–56.
  • Steuer 1991: H. Steuer, Rezension zu H. Dannheimer/G. Diepolder, Aschheim im frühen Mittelalter. Münchner Beitr. Vor- u. Frühgesch. 32 (München 1988). Fundber. Bad.-Württ. 16, 1991, 646–652.
  • Winghart 1995: S. Winghart, Bemerkungen zu Genese und Struktur frühmittelalterlicher Siedlungen im Münchner Raum. In: L. Kolmer/P. Segl (Hrsg.),Regensburg, Bayern und Europa. Festschr. K. Reindel zum 70. Geburtstag (Regensburg 1995) 7–47.