Burgundische Keramik (Südwestdeutschland, FMa)

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Entwicklung der burgundischen Keramik nach Gross 1997, Graphik .

Aus einheimisch römischen Traditionen ist in Ostgallien im frühen 6. Jahrhundert die sogennante burgundische Keramik entstanden, die keineswegs an Burgund oder die Burgunder gebunden ist, im alamannischen Raum gleichwohl als Import aufzufassen ist. Besonders charakteristisch sind die hochhalsigen Becher, die bisher übermäßig im Blickpunkt der Forschung standen, aber auch Tüllenausgußkannen.

Charakteristika

Verbindendes Element sind der dreigliedrige Gefäßaufbau mit deutlicher Halszone sowie horizontale Leistenauflagen, eine feine Machart und eine geglättete Oberfläche. Der Gefäßoberteil ist meist gestreckt kegelförmig bis zylindrisch ausgebildet und schließt in der Regel mit einem einfachen Wulstrand ab. Seltener treten diese Formen an rauwandiger Keramik auf. An Verzierungen tritt neben der Glättverzierung vor allem Rollrädchenzier mit einfachen Rechtecken auf.

Typologie

Eine erste Gliederung nach Bouffard 1947 vor:

  • Form 1 (urne biconique): Trichterbecher mit und ohne Einglättverzierung
  • Form 2 (urne trapue): von Bouffard als Übergangsform zwischen Form 1 und 3 eingeschätzt
  • Form 3 (bol tronconique)
  • Form 4 (urne sphérique)
  • Form 5: Krug

Vergleichend zog Bouffard als Form 6 Specksteingefäße heran. Hübener wies auf eine Reihe von Gefäßen hin, für die er eine Mittelstellung zwischen Form 3 und den klassischen Knickwandgefäßen sah (Hübener 1967, 67). Zudem ergänzte Hübener als weitere Formen:

  • konische Becher mit Wulstgruppenverzierung und gleichzeitiger Verwendung von eingeglätteten Schrägstrichgittern
  • zylindrische, gerippte Becher
  • zylindrische, durch leichte Konturveränderung und kräftige Wulstbildung dreigliedrige Becher

Verzierungen

Die Großteil der "burgundischen" Keramik ist unverziert, sieht man einmal von den charakteristischen, bereits beim Drehen herausgearbeiteten Wüsten ab. Daneben gibt es jedoch Gefäße mit Einglättverzierung oder Rollrädchenverzierung.

Chronologie

Die charakteristische burgundische Keramik mit den schlanken Bechern und wultverzierten Schalen und Töpfchen gehört dem späteren 6. und 7. Jahrhundert an. Uwe Gross hat in seiner Zusammenstellung einschlägiger Funde eine Frühphase herausgearbeitet, in der die Gefäße eher schalenartig, meist unverziert waren, ansatzweise aber die gestreckte Oberwand und eine horizontale Gliederung durch Absätze und Wulste zeigt (Gross 1997). Ein Beispiel dafür ist ein Gefäß aus Grab 10 des Gräberfelds Basel, Bernerring.

In der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts scheint die burgundische Keramik zu verschwinden (Bouffard 1947; Hübener 1967; Hübener 1969, 95 ff.; Gross 1996a, Gross 1997).

Forschungsgeschichte und kulturgeschichtliche Bedeutung

Die burgundische Keramik ist ein Beispiel für eine ethnische Deutung von Keramikfunden. Allerdings spielte sie während der NS-Zeit noch keine Rolle, sondern nahm ihren Ausgangspunkt mit der Arbeit von Pierre Bouffard in der Westschweiz (Bouffard 1947). Allerdings wurde auch von Bouffard seine Form 1 (Urne biconique) als "le seul type spécifiquement burgonde" bezeichnet (Bouffard 1947, 146).


Vorkommen

Eine Liste für Süddeutschland gab Hübener 1969, S. 95ff., ergänzend dazu Fundorte aus der Schweiz und Frankreich im Text. Seine Angaben sind hier mit ocr erfasst und nur teilweise aktualisiert.

  • Achenheim (dép. Bas-Rhin), Mus. Straßburg 18 678 (Hübener 1967, Taf. 201,7) - Mittelform
  • Assens (Kt. Waadt) - Form 2
  • Bassccourt (Kt. Bern) , Mus. Bern Inv. 17142 (Hübener 1967, Taf. 201; 2), Mus. Bern Inv. 17143 (Hübener 1967, Taf. 201; 8), Mus. Bern Inv. 17144 (Hübener 1967, Taf. 201; 6) - Form 3
  • Bern-Bümpliz, Grab 78 Mus. Bern, Inv. 6135 (Hübener 1967, Taf. 200,6) - konischer Becher mit Wulstgruppenverzierung
  • Charnay (dép. Côte d'Or) - Form 1, Form 2
  • Elsaß, FO unbek., Mus. Straßburg 6687 (Hübener 1967, Taf. 201; 5)
  • FO unbek., Mus. Colmar Apm 843 (Hübener 1967, Taf. 201,10) - Mittelform
  • FO unbek., Mus. Wiesbaden 9 711 (rottonig) (Hübener 1967, Taf. 65; 3) - Form 3
  • FO unbek., Mus. Worms F 2217 - Mittelform
  • Gyé-sur-Seine (dép. Aube), Grab 1 - Form 2
  • Heidolsheim (dép. Bas-Rhin) Mus. Straßburg 1660 (Hübener 1967, Taf. 200,10) - zylindrische, gerippte Becher
  • Herrlisheim, (dép. Haut-Rhin): Mus. Colmar Apm 861 (Hübener 1967, Taf. 201; 1), Mus. C olmar Apm 1039 - Form 3
  • Illkirch-Grafenstaden (dép. Bas-Rhin), Kiesgrube Urban, Mus. Straßburg 4998 (Hübener 1967, Taf. 201; 9) - Form 3 - Dünnschliffanalyse bei Hübener 1967
  • Kirchheim/Teck (Lkr. Esslingen), Landesmus. Württ. Stuttgart Inv. 338 - zylindrische, durch leichte Konturveränderung und kräftige Wulstbildung dreigliedrige Becher
  • Lausanne, Bel Air (Bouffard 1947) - Form 1
  • Lyss, (Kt. Bern), Mus. Bern 31385137 (Hübener 1967, Taf. 201,4) - zylindrische, gerippte Becher
  • Martigny (Kt. Valais) - Form 2, Form 3
  • Molsheim, (dép. Bas-Rhin), Grab 18 bzw. Grab Arbogast 4 (Schnitzler u.a.2009, 285) - konischer Becher mit Wulstgruppenverzierung
  • Morrans (Kt. Waadt) - Form 2
  • Nittel (Lkr. Trier-Saarburg) (Böhner 1958, Taf. 3,3) - zylindrische, gerippte Becher
  • Severy (Kt. Waadt) - Form 2, Form 3
  • Sprendlingen (Lkr. Mainz-Bingen), Grab 15, Mus. Mainz 4611 - Form 3
  • St. Prex (Kt. Waadt) - Form 3
  • Truchtelfingen (Zollernalbkreis): Mus. Tübingen o. Nr. (Hübener 1967, Taf. 200,7; Schmitt 2007, Taf. 92,D21) - Form 2
  • Wiesbaden, Dotzheimer-Straße, Mus. Wiesbaden 30.88,6 - Mittelform
  • Wiesbaden-Erbenheim, Mus. Wiesbaden 9365 (Hübener 1967, Taf. 65; 2) - Form 3
  • Worms, Mariamünster, Mus. Worms F 2095 - Mittelform - Dünnschliffanalyse bei Hübener 1967 (Dünnschliffprobe 115). Das Gefäß wurde von Ursula Koch (1990, 224) als Einglättverzierte thüringische Drehscheibenware (VwZ, Thüringen) angesprochen.

weitere Fundorte bei Gross 1997.

  • Heidelberg-Bergheim
  • Bex
  • Saint-Vit (dép. Doubs)
  • Basel, Bernerring
  • Abainville (dép. Meuse)
  • Lavigny (Kt. Waadt)
  • Blussangeux (dép. Doubs), Grab 10
  • Riedisheim (dép. Haut-Rhin), Grubenhaus
  • Beire-le-Châteal (dép. Côte-d’Or), Mus. Dijon
  • Montenach (dép. Moselle)
  • Chaouilley (dép. Meurthe-et-Moselle)
  • Dorfmerkingen (Stadt Neresheim, Ostalbkreis)
  • Oberflacht (Gde. Seitingen, Lkr. Tuttlingen)
  • Liebenau (Lkr. Nienburg-Weser)

Nachträge

Rheinsheim, Grab 152: Etagengefäß (Foto: Peter Gaul/ Badisches Landesmuseum Karlsruhe, gemeinfrei (CC 0.10) via Badisches Landesmuseum digitaler Katalog)



Literaturhinweise

  • Ade 2018: D. Ade, Ein frühmittelalterlicher Bestattungsplatz unter der Sülchenkirche. In: H. Aderbauer / H. Kiebler (Hrsg.), Die Sülchenkirche bei Rottenburg. Frühmittelalterliche Kirche - alte Pfarrkirche - Friedhofskirche - bischöfliche Grablege (Lindenberg im Allgäu 2018) 54–95.
  • Bouffard 1947: P. Bouffard, La céramique burgonde du Musée de Lausanne. Zeitschr. Schweizer. Arch. u. Kunstgesch. 9, 1947, 141-146. - https://doi.org/10.5169/seals-163346
  • Gross 1996: U. Gross, Überlegungen zur Genese der fränkischen Tüllenausgußkannen. Fundber. Bad.-Württ. 21, 1996, 565-572.
  • Gross 1997: U. Gross, Außergewöhnliche Keramikfunde des Frühmittelalters aus dem Rhein-Neckar-Raum. In: W. Ziegler/W. Runschke (Hrsg.), Krautstrunk und Scheißerle. Festschr. W. Lang (Göppingen 1997) 114-133. - DOI: 10.11588/artdok.00000778
  • Hübener 1967: W. Hübener, Zum merowingerzeitlichen Kriegergrab von Dorfmerkingen (Kr. Aalen). Fundber. Schwaben N.F. 18/I, 1967, 207–232.
  • Hübener 1969: W. Hübener, Absatzgebiete frühgeschichtlicher Töpfereien in der Zone nördlich der Alpen. Beiträge zur Keramik der Merowingerzeit. Antiquitas R. 3, 6 (Bonn 1969).
  • Koch 1990: U. Koch, Das fränkische Gräberfeld von Klepsau im Hohenlohekreis. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Bad.-Württ. 38 (Stuttgart 1990).
  • Mathiaut-Legrois 2006: A. Mathiaut-Legrois, Céramiques fines et identité régionale. le cas de la céramique dite "burgonde". In: V. Hincker (Hrsg.), La céramique du haut Moyen Âge dans le nord-ouest de l'Europe: Ve-Xe siècles. actes du colloque de Caen 2004; bilan et perspectives dix ans après le colloque d'Outreau (Condé-sur-Noireau 2006) 195–206.
  • Marti et al. 2006: R. Marti / G. Thierrin-Michael / M.-H. Paratte Rana / R. Fellner / V. Friedli / J.-P. Mazimann / S. Basset, Céramiques et autres objets en pierre, verre, os, bois ou terre cuite. Develier-Courtételle, un habitat rural mérovingien 3. Cah. Arch. jurassienne 15 (Porrentruy 2006).
  • Schnitzler u.a. 2009: B. Schnitzler/ B. Arbogast/ A. Frey, Les trouvailles mérovingiennes en Alsace 1. Bas-Rhin. Kat. vor- u. frühgesch. Altertümer 41/1 (Mainz 2009)