Einglättverzierte Keramik (VwZ): Unterschied zwischen den Versionen
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In Südwestdeutschland hat B. Kaschau einglättverzierte Keramik vom [[Bad Urach, Runder Berg|Runden Berg bei Urach]] in seiner Gruppe 6 zusammen gefasst (Kaschau 1976). Anhand eines Töpfchens aus Offenau bei Heilbronn machte U. Koch auf Funde der Murga-Keramik in Südwestdeutschland aufmerksam (Koch 1991). In mehreren Aufsätze hat sodann Uwe Gross die eingättverzierte Keramik thematisiert. |
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Mit verbessertem Forschungsstand wird zunehmend deutlich, dass innerhalb der einglättverzierten Keramik verschiedene Gruppen differenziert werden müssen, die freilich nicht immer klar voneinander zu trennen sind. |
Mit verbessertem Forschungsstand wird zunehmend deutlich, dass innerhalb der einglättverzierten Keramik verschiedene Gruppen differenziert werden müssen, die freilich nicht immer klar voneinander zu trennen sind. |
Version vom 18. Dezember 2022, 13:20 Uhr
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In der Völkerwanderungszeit tritt gelegentlich scheibengedrehte und reduzierend gebrannte Keramik mit Einglättverzierung auf, bei der auf einer ansonsten matten Oberfläche einzelne Linien geglättet wurden.
Forschungsgeschichte
Die Erforschung einglättverzierter Keramik hat anfangs einen Schwerpunkt in der ehemaligen Tschechoslowakei und Niederösterreich. Einglättverzierte Keramik der Völkerwanderungszeit ist aus Böhmen und Mähren schon lange bekannt (u.a. Beninger 1931). In einer Zusammenstellung von Keramikfunde durch J. Tejral (1975) finden sich neben zahlreichen "elbgermanischen" Gefäßen handgemachter Grobware, der schwarzgrauen geglätteten Ware auch zahlreiche Beispiele donauländischer Keramik mit Einglättverzierung, unter anderem aus den Gräberfeldern Baumgarten an der March, Rohrendorf/Dolní Rakousko und Prag-Podbaba auf. Es handelt sich hier um Funde des 6. Jahrhunderts. Zahlreiche Funde aus Niederösterreich hat M. Pollack 1980 vorgelegt. Eine übergreifende Betrachtung von Drehscheibenware der späten Völkerwanderungszeit durch Jiri Zeman (1994) verwies auf einglättverzierte Keramik, als deren jüngere Phase die Murga-Keramik gilt und die provinzialrömische Keramik wie die Foederatenware des 2. Drittels de 5. Jh. ) beeinflusst hat, Thüringer Keramik sowie norisch-pannonische Schüsseln (einglättverz. Knickwandschalen). Aus osteuropäischer Perspektive hat Vagalinski 1997 den damaligen Forschungsstand zusammen gefasst.
In Südwestdeutschland hat B. Kaschau einglättverzierte Keramik vom Runden Berg bei Urach in seiner Gruppe 6 zusammen gefasst (Kaschau 1976). Anhand eines Töpfchens aus Offenau bei Heilbronn machte U. Koch auf Funde der Murga-Keramik in Südwestdeutschland aufmerksam (Koch 1991). In mehreren Aufsätze hat sodann Uwe Gross die eingättverzierte Keramik thematisiert.
Parallel dazu wurden in Bayern Fundkomplexe mit spätantiker einglättverzierter Keramik bekannt (Christlein 1982). Eine eingehendere Untersuchung anhand der Funde von assau-Niedernburg, Kloster Heiligkreuz hat Silvia Spors-Gröger erst 2019 vorgelegt.
Mit verbessertem Forschungsstand wird zunehmend deutlich, dass innerhalb der einglättverzierten Keramik verschiedene Gruppen differenziert werden müssen, die freilich nicht immer klar voneinander zu trennen sind.
- eine südwestdeutsche Gruppe, die donauländisch beeinflusst, regional produziert wurde. Ein Produktionsnachweis liegt mit dem Fund eines Töpferofens aus der Wüstung Sülchen bei Rottenburg vor. Funde vom [Bad Urach, Runder Berg|Runden Berg bei Urach]] stimmen nach mineralogischen Analysen nicht mit den formal gut vergleichbaren Sülchener Funden überein, sind aber ebenfalls regionaler Herkunft.
- die donauländische einglättverzierte Ware, die auf den österreichischen Raum verweist, aber auch in spätantikem Kontext entlang des Donau-Limes in Bayern (z.B. Passau, Passau-Niedernburg, Kloster Heiligkreuz).
- Die Murga-Keramik gehört in diesen weiteren Kontext. Murga-Kannen finden sich auch in Südwestdeutschland, nicht zuletzt auch in Gräbern, wie z.B. in Renningen, Kirchplatz.
- Einglättverzierte thüringische Drehscheibenware (VwZ, Thüringen)
Von diesen völkerwanderungszeitlichen, v.a. ins 5. Jahrhndert zu datierenden einglättverzierten Waren sind zudem jüngere Gruppen aus der Merowingerzeit zu differenzieren (Gross 2001a):
- die einglättverzierten Knickwandgefäße des oberen Donau- und westlichen Bodenseeraumes des späten 6. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts, für die eher norditalienische (langobardische) Einflüsse als Zusammenhänge mit den mitteldeutschen völkerwanderungszeitlichen Vorkommen erwogen werden.
- die burgundischen Bechern des 7. Jahrhunderts, auf denen ebenfalls Einglättverzierung auftritt.
Im Einzelfall kann auch eine Abgrenzung gegenüber spätlatènezeitlicher einglättverzierter Ware problematisch sein, wie sie etwa aus Breisach (Stork 2008) oder Manching (Pingel 1971) bekannt ist.
alternative Bezeichnungen
- Reduzierend gebrannte feine graue Ware mit Einglättmuster (Kaschau 1976)
- grautonige Keramik mit Einglättverzierung (Christlein 1982)
Charakteristika
reduzierender Brand
Formen
- Teller. In Passau-Niedernburg, Heiligkreuzkloster unterschied S. Spors-Gröger (2019) konische Teller mit eingezogenem und nach innen verdicktem Rand, konische Teller mit senkrecht abgesetztem und profiliertem Rand, gewölbte Teller mit nach innen verdicktem Rand, gewölbte Teler mit profiliertem Rand und gewölbte Teller mit waagrechten oder schrägem Rand (Spors-Gröger 2019, 473-478).
- Schüsseln
- Becher
- Kannen/ Krüge
Hinzu kommen Deckel und Leuchter.
Verzierung
Die namengebende Einglättung erfolgt in Streifen. Die so verdichtete Oberfläche glänzt im Unterschied zur sonstigen eher matten Oberfläche.
- Schräggitter
- Tannenzweigmuster
Chronologie
Die meisten Funde gehören ins 5. Jahrhundert, doch scheinen die Anfänge bereits im 4. Jahrhundert zu liegen. Dahingehend wurden Funde aus dem spätantiken Kastell Intercisa (Dunaújvárosi járás, Ungarn) interpretiert.
Verbreitung
Gut bekannt ist einglättverzierte Keramik aus dem mittleren Donauraum. Ein gewisser Schwerpunkt einglättverzierter Keramik zeichnet sich in Mitteldeutschland ab, wobei die dortige einglättverzierte thüringische Drehscheibenware (VwZ, Thüringen) mit Funden auch im fränkischen, alamannischen und bajuwarischen Raum auftritt (Gross 2001) - bisweilen allerdings als handgeformte Imitation. In einigen Fällen ist eine Umsetzung der Verzierung auf heimische Formen (Terra-Nigra-Derivate) zu sehen. In Südwestdeutschland sind Funde in gar nicht so geringer Zahl vorhanden. Zu nennen sind hier der Runde Berg bei Urach (Spors-Gröger 2000) sowie ein Grab des mittleren 5. Jahrhunderts aus Edingen-Neckarhausen (Spors-Gröger 1997, 107).
Herstellungsnachweise
Eine Produktion einglättverzierter Keramik in „donauländischer“ Art ist in Rottenburg-Sülchen gesichert, wo ein Töpferöfen ergraben wurde (Gross/ Schmidt 2004; Gross 2008).
kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext
Die einglätverzierte Keramik wird aus dem mittleren Donauraum (Niederösterreich, Westungarn, Slowakei, Mähren - v.a. sog. Murga-Keramik) abgeleitet (Tejral 1985; Gross 1992). Sie wurde verschiedentlich und unterschiedlich mit ethnischen Deutungen versehen (vgl. Vagalinski 1997); gelegentlich werden Verbindungen zu den Hunnen gezogen (Koch 1991).
Literatur
- Beninger 1931: Eduard Beninger, Der westgotisch-alanische Zug nach Mitteleuropa. Mannus-Bibliothek 51 (Leipzig 1931).
- Christlein 1982: R. Christlein, Die rätischen Städte Severins, Qunitana, Batavis und Boiotro und ihr Umland. In: D. Straub (Hrsg.), Severin zwischen Römerzeit und Völkerwanderung. Ausstellung des Landes Oberösterreich, 24. April bis 26. Oktober 1982 im Stadtmuseum Enns (Linz 1982) 217–253.
- Gross 1992: U. Gross, Zur rauhwandigen Drehscheibenware der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters. Fundber. Bad.-Württ. 17, 1992, 423-440.
- Gross 2001: U. Gross: Das Gefäß aus Grab 65 von Heidelberg-Kirchheim und die einglättverzierte thüringische Drehscheibenkeramik in Südwestdeutschland. Archäologische Nachrichten aus Baden 64. 2001, 32–39 - <http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/743/1/Gross_Gefaess_Grab_65_Heidelberg_Kirchheim_2001.pdf>
- Gross 2001a: U. Gross, Einglättverzierte Knickwandgefäße des oberen Donau- und westlichen Bodenseeraumes. Zu einer Regionalgruppe der merowingerzeitlichen Keramik. Fundber. Bad.-Württ. 25, 2001, 825–830.
- Gross 2008: U. Gross, Sülchen als Produktionsstätte donauländischer Keramik des 5. Jhs. [Vortrag gehalten im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaft für Archäologie in Württemberg und Hohenzollern e.V., Tübingen 4. Juli 2008]). - https://doi.org/10.11588/artdok.00001982
- Gross/ Schmidt 2004: U. Gross/E. Schmidt, Archäologische Untersuchungen im Randbereich des abgegangenen Dorfes Sülchen bei Rottenburg. Der Sülchgau 47/48, 2003/2004, 1-14.
- Kaschau 1976: B. Kaschau, Der Runde Berg bei Urach II. Die Drehscheibenkeramik aus den Plangrabungen 1967–1972. Heidelberger Akad. Wiss. Komm. Alemann. Altertumskde. Schr. 2 (Sigmaringen 1976).
- Koch 1991: U. Koch, Hunnenzeitlicher Fund von Offenau, Kreis Heilbronn. Fundber. Bad.-Württ. 16, 1991, 579-583.
- Pingel 1971: V. Pingel, Die glatte Drehscheiben-Keramik von Manching. Ausgrabungen in Manching 4 (Wiesbaden 1971).
- Pocsy 1957:
- Pollack 1980: M. Pollack, Die germanischen Bodenfunde des 1.-4. Jahrhunderts n.Chr. im nördlichen Niederösterreich. Stud. Ur- u. Frühgesch. Donau- u. Ostalpenraum 1. Österr. Akad. Wiss. Phil.-Hist. Kl. 147 (Wien 1980).
- Schmidt 1961: B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Veröff. Landesmus. Vorgesch. Halle 18 (Halle 1961).
- Spors-Gröger 1993: S. Spors-Gröger, Die handgemachte frühalamannische Keramik aus den Plangrabungen 1967-1985. Der Runde Berg bei Urach XI (Sigmaringen 1993).
- Spors-Gröger 2000: S. Spors-Gröger, Die donauländische Gebrauchskeramik des 4./5. Jahrhunderts und ihre Beziehungen zu den Gruppen 5, 8, 9 vom Runden Berg. Fundber. Bad.-Württ. 24, 2000, 369–452.
- Spors-Gröger 2019: S. Spors-Gröger, Die einglättverzierte Ware. In: H. Bender/L. Bakker/E. Boshof/S. Deschler-Erb (Hrsg.), Die Ausgrabungen 1978-1980 in der Klosterkirche Heiligkreuz zu Passau-Niedernburg. Materialhefte zur bayerischen Archäologie 108 (Kallmünz/Opf. 2018) 471–495.
- Stork 2008: I. Stork, Die spätkeltische Siedlung von Breisach-Hochstetten. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 102 (Stuttgart 2008).
- Tejral 1975: J. Tejral, K Langobardskému odkazu v archeologických pramenech na územi Ceskoslovenska. Zum langobardischen Nachlaß in den archäologischen Quellen aus dem Gebiet der Tschechoslowakei. Slovenská Arch. 23, 1975, 379–446.
- Tejral 1985: J. Tejral, Spätrömische uud Völkerwanderungszeitliche Drehscheibenkeramik in Mähren. Arch. Austriaca 69, 1985, 105-145.
- Vagalinski 1997; L.F. Vagalinski, Der Zustand der Forschungen nach der spätrömischen und völkerwanderungszeitlichen Drehscheibenkeramik mit eingeglätteter Verzierung in Europa. Archaeologia Bulgarica, 1,1, 1997, 38-46