Ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, FMa/HMa): Unterschied zwischen den Versionen

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Vereinzelt ist die jüngste ältere gelbe Drehscheibenware durch ein pingsdorfähnliches Dekor und andere Musterungen in roter, orangener und brauner Farbe gekennzeichnet (Barz 2011): ([[rotbemalte ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, HMa)]]).
 
Vereinzelt ist die jüngste ältere gelbe Drehscheibenware durch ein pingsdorfähnliches Dekor und andere Musterungen in roter, orangener und brauner Farbe gekennzeichnet (Barz 2011): ([[rotbemalte ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, HMa)]]).
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Version vom 7. März 2021, 16:10 Uhr

Beschreibung
Warenart Ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, FMa/HMa)
Verbreitungsgebiet Südwestdeutschland - allmähliche Verlagerung vom Oberrheingebiet ins mittlere Neckarland, einzelne Exporte in Franken und Bayern
Datierung 7.-12. Jh.
Chronologie mehrere Phasen: Typ Roeschwoog - Typ Kirchhausen - Typ Runder Berg - Typ Jagstfeld - Typ Sindelfingen
Herstellungstechnik Drehscheibenware
Brand oxidierend
Farbe gelblich, bisweilen hellgrau
Härte hart
Oberfläche matt - rau
Verzierung Typ Kirchhausen: Riefung, Rollstempel - Typ Jagstfeld: Wellenlinien
Magerung Quarz, fein bis grob, vereinzelt rostbraune Magerungspartikel
Gefäßformen v.a. Töpfe, Henkeltöpfe, seltener Flaschen, Schalen
nachgewiesene Produktionsorte Altdorf, Lkr. Böblingen, Holzgerlingen, Lkr. Böblingen, Wiesloch, Soufflenheim, Wüstung Muffenheim (Gemarkung Rastatt), Hoh-Frankenheim (bei Brumath)

Bei der älteren gelben Drehscheibenware handelt es sich um eine bedeutende Warenart des Früh- und Hochmittelalters aus Südwestdeutschland. Sie lässt sich in verschiedene Varianten und Typen untergliedern, die eine Entwicklung von der Merowingerzeit bis ins 12. Jahrhundert erkennen lassen.


Forschungsgeschichte

Die Verbreitung dieser Ware umfaßt fast ganz Südwestdeutschland, weshalb der ursprünglich von Uwe Lobbedey (1968) geprägte Begriff der 'gelben oberrheinischen Drehscheibenware' zugunsten der auf Barbara Scholkmann (1978) zurückgehenden Bezeichnung als 'ältere, gelbtonige Drehscheibenware' aufgegeben wurde. Die Bezeichnung "gelbtonig" ist korrekterweise zu "gelb" zu ändern. Hatte U. Lobbedey in seiner Pionierarbeit vor allem die ältere Ausprägung im Auge, die später von Robert Koch mit dem Fundort Kirchhausen näher definiert wurde, so wurde das Chronologieschema allmählich erweitert, wobei vor allem den als "Typen" definierten verschiedenen Randformen eine besondere Rolle zukommt. Die erste Erweiterung geht auf die Arbeit von R. Koch zurück, der Typ Kirchhausen und Typ Jagstfeld definierte, während die Bezeichnung des dazwischenliegenden Typs Runder Berg erst durch Uwe Gross 1991 erfolgte. Weitere Modifikationen gehen auf Madelaine Châtelet (Typ Roschwoog) und Rainer Schreg (Typ Eningen, Typ Sindelfingen) zurück. Die Entwicklung des Hochmittelalters hatte B. Scholkmann schon 1978 anhand der Funde aus Sindelfingen, Obere Vorstadt aufgezeigt ("Gruppe a: Oxydierend gebrannte, gelbtonige Ware"), doch konnte sie die überörtliche Bedeutung der Ware damals nur andeuten (Scholkmann 1978, 64).

andere Bezeichnungen

  • gelbe oberrheinische Drehscheibenware
  • ältere gelbtonige Drehscheibenware
  • rauhwandige gelb-graue Ware als Gruppe 13 der Funde vom Runden Berg (Kaschau 1976)
  • Gruppe a: Oxydierend gebrannte, gelbtonige Ware der Funde aus Sindelfingen, Obere Vorstadt (Scholkmann 1978)
  • Céramique à pâte claire
  • gelbe Drehscheibenware (Marti 2011, Haasis-Berner/ Schoenenberg 2011)

Charakteristika

Herstellungstechnik

Die ältere gelbe Drehscheibenware wurde auf der schnelldrehenden Scheibe hergestellt (Haasis-Berner/Schoenenberg 2011).

Brand/ Farbe

Die Scherben der älteren gelben Drehscheibenware sind im allgemeinen hell oxydierend gebrannt und weisen gelblich bis orange, gelegentlich aber auch hellgraue Farbtöne auf, der Kern des Scherbens ist oft grau. Die ältere gelbe Drehscheibenware weist in der Regel einen hart gebrannten Scherben auf. Charakteristisch ist der gelblich-weiße bis beigerosa Ton der ÄgD (Dazu Marti, R. (2000)). Im südöstlichen Oberrheingraben (?) ist eine gelblich oder gar rötliche Oberfläche kennzeichnend.

Magerung

Die Magerung besteht vorrangig aus Quarzsand, der teils grob, teils aber auch von mittlerer Größe sein kann.

Oberflächenbeschaffenheit

Die Oberfläche ist rau bis sandig.

Vor allem im südöstlichen Oberrheingraben (?) tritt überwiegend mit Quarzsand gemagerte Ware zu Tage (Haasis-Berner/Schoenenberg 2011).

Die Keramik der ÄgD ist zudem hart bis sehr hart gebrannt und auf Gefäßschultern lassen oft mehrere parallele Riefen ausmachen (Haasis-Berner/Schoenenberg 2011)- Während man es nördlich von Straßburg mit einer eher kreidigen Ware zu tun hat ist sie nördlichen Baden mit einer eher rauwandigen Erscheinung vertreten (Dazu Marti, R. (2000) Zwischen Römerzeit und Mittelalter. Forschungen zur frühmittelalterlichen Siedlungsgeschichte der Nordwestschweiz (4.–10.Jahrhundert). Archäologie und Museum 41. Liestal. Bei: R.Marti, Keramik der Nordwestschweiz — Typologie und Chronologie. In: Siedlungsbefunde und Fundkomplexe der Zeit zwischen 800 und 1350 (Basel 2011) 270.). Zwischen den Funden ÄgD fallen deutliche Unterschiede in der Wandstärke und der Härte auf (Barz 2011).

Verzierungen

In der Frühphase treten eine horizontale Riefung der Wandung sowie eine Rollstempelverzierung auf (Typ Kirchhausen). Elsässische ältere gelbe Drehscheibenware ist gekennzeichnet durch ein sehr vielfältiges Rollrädchendekor. Aus Muffenheim ist ein schlichter Rechteckrollstempel geläufig (Gross 2011 RGZM). Typisch ist für die frühe ältere gelbe Drehscheibenware des Typs Kirchhausen zudem eine kräftig geriefte und profilierte Oberfläche. Farb- und Rollrädchenverzierung wurden nicht kombiniert (Gross 2011 RGZM). Im südöstlichen Oberrheingraben (?) tritt besonders zwischen dem 8. und 9. Jh. eine Rollstempeldekor auf Gefäßschulter auf. Die Oberfläche ist selten geglättet und bemalt (Haasis-Berner/Schoenenberg 2011).

In der Phase des 'Typs 'Runder Berg" sind die Gefäße i.R. unverziert.

Bei Gefäßen des 'Typs Jagstfeld' treten Wellenlinienverzierungen auf. Der 2013 entdeckte Fundkomplex aus dem Ofen von Holzgerlingen weist neben den Wellenlinien horizontale Reihen kleiner Kerben auf. Solche Kerbreihen kannt man gelegentlich vom Randabschluß von Rändern des Typs Jagstfeld.

Vereinzelt ist die jüngste ältere gelbe Drehscheibenware durch ein pingsdorfähnliches Dekor und andere Musterungen in roter, orangener und brauner Farbe gekennzeichnet (Barz 2011): (rotbemalte ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, HMa)). Relativ fein ist demgegenüber die gelbe, rotbemalte Elsässer Drehscheibenware (Elsaß, HMa).

Varianten

Beim heutigen Forschungsstand lassen sich einige regionale und chronologische Gruppen der 'älteren, gelben Drehscheibenware' unterscheiden, die zum Teil Verbindungen zur rheinischen Pingsdorfer Ware und fließende Ubergänge zu den hoch- und spätmittelalterlichen rotbemalten Waren erkennen lassen.

Verschiedentlich konnten aufgrund der Scherbenbeschaffenheit weitere Varianten unterschieden werden. Teilweise werden sie als 'Nachahmungen' aufgefaßt. Im Raum Ulm etwa können mindestens zwei 'Nachahmungen' unterschieden werden, eine zeichnet sich durch einen hohen Glimmeranteil aus (Bräuning/Schreg 1998). Besonders hinzuweisen ist auf eine rauwandige Variante, die an verschiedenen Fundorten vorhanden ist und chronologisch als 'Übergangsware' bzw. als 'Mittler' zwischen der rauwandigen und der älteren gelben Drehscheibenware gilt (Nack 1989; Maier 1994, 48 ff.).

Ins Umfeld der älteren gelben Drehscheibenware gehören auch die gelbe, rotbemalte Elsässer Drehscheibenware (Elsaß, HMa), die rotbemalte ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, HMa) sowie die sogenannte gelbe quarzgemagerte Ware (Neckarland, HMa), die sich durch rostbraune Magerungspartikel und Ränder des Typs Sindelfingen auszeichnet.

Gefäßformen

Randformen

Typ Roeschwoog

beschränkt v.a. auf Elsaß und mittleres Oberrheimtal Material aus dem Elsass belegt, dass diese erste chronologische Gruppe der ÄgD dort bereits ab dem 2. Drittel des 7. Jhs. existierte (Chalet 2000 zu Roeschwoog).

Typ Kirchhausen

Kennzeichnend ist ein spitzausgezogener Rand, als Verzierung treten neben einer geriften Wandung Rollstempelverzierungen auf

Diese Variante tritt in SW-Deutschland schon vor der Mitte des 7. Jhs. auf. Ihr Niedergang erfolgte Ende des 9. Jhs. Charakteristisch ist eine gewellte, geriefte und/oder rollrädchenverzierte Wandung (Obst 2011). Objekte im südöstlichen Oberrheingraben wurden vermutlich im Raum Soufflenheim hergestellt für die eine Laufzeit ab 700 n. Chr. bis ins 10. Jh anzunehmen ist (Haasis-Berner/Schoenenberg 2011). (spitzausgezogener Rand = entscheidendes Merkmal)

Typ Runder Berg

keulenartig ausgebogener Rand, Randabschluß nach außen geneigt

Der Typ Runder Berg tritt zwischen dem 9. und frühen oder mittleren 11. Jh. im Neckarmündungsgebiet und auf der Schwäbischen Alb auf (Gross 1991).

Typ Eningen

keulenartig ausgebogener Rand, Randabschluss horizontal - eine Übergangsform zwischen den Typen Runder Berg und Jagstfeld bei Bearbeitung der Funde des Renninger Beckens (Schreg 2006) benannt nach einem Fundkomplex in Eningen unter Achalm (Schmidt 1991)

Typ Jagstfeld

dreieckiger Rand mit konkavem, leicht nach innen geneigtem Randabschluß Die Variante Typ Jagstfeld tritt im späten 10. bis ins mittlere 12. Jh. im Nordwesten des Kraichgaus auf der Schwäbischen Alb und im südlichen Oberschwaben auf. Mögliche Produktionsorte sind Altdorf im Kreis Böblingen und Eningen im Kreis Reutlingen (Gross 2011 RGZM). Ende des 10. bis Mitte des 12. Jhs. findet die Variante in seltenen Fällen südlich der Donau und in Konstanz Verbreitung (Ade/Dumitrache 2011). Natürlich sind vereinzelte Funde außerhalb dieses Verbreitungsgebietes wie der eines Randfragments vom Typ Jagstfeld in Nürnberg-Ziegelstein möglich (Gross 1999/2000, 87). Das Randformenspektrum des des Typs Jagstfeld umfasst im Unterschied zu den anderen Varianten waagrechte oder leicht nach innen abgeschrägte Randoberseiten. Ebenso sind Einstichdekore auf der Randoberseite charakteristisch. Seltener sind diese auf der Gefäßwand zu finden. Zusätzliche oder allein auftretende einzeilige Wellenverzierungen sind ebenfalls kennzeichnend (Gross 2011 RGZM).

Typ Wiesloch

Die Variante Typ Wiesloch ist unverziert (Gross 2011 RGZM). Keramikfunde der spätkarolingisch-ottonischen Epoche am Ende des 1. Jahrtausends n. Chr. sind in der Region Kraichgau späte Vertreter der ÄgD. Es ist anzunehmen, dass diese Funde oftmals aus der der namengebenden Produktionsstätte bei Wiesloch stammen (Gross 1999 – Mittelalterliche Funde bei der Martinskapelle 251).

Typ Wiligartaburg

Der Typ Wiligartaburg ist als "nachkarolingisch" anzusprechen und tritt in der Südpfalz zu Tage. Der Ursprung bzw. die Produktionsstätte dieser Variante konnte bisher nicht lokalisiert werden (Gross 2011 RGZM).

Typ Sindelfingen

verschliffene Formen des Typs Jagsfeld, va. bei der sogenannten gelben quarzgemagerten Ware

Chronologie

In Nordwürttemberg gibt sich heute auf einer formal-typologischen Grundlage eine chronologische Dreiteilung der älteren, gelben Drehscheibenware im engeren Sinne zu erkennen. Dies läßt sich etwa an der Stratigraphie der Sindelfinger Martinskirche (Scholkmann 1977), der Kirche St. Peter in Vaihingen/Enz (Schäfer/Gross 1983), wie auch der Esslinger Dionysius-Kirche (Lobbedey 1968) nachvollziehen, wobei teilweise jedoch die geringen Fundzahlen zu bedenken sind. Darüber hinaus kann für die beiden frühen Phasen eine Abfolge auch in der Wüstung Wülfingen vertikal-, wie horizontal- stratigraphisch belegt werden. In einem Siedlungsausschnitt bei Lauffen am Neckar liegen die drei Phasen der älteren gelben Drehscheibenware schließlich in horizontalstratigraphischer Abfolge (Koch 1974).

Als älteste ältere gelbe Drehscheibenware wurde von R. Koch 1969 anhand von Funden aus Kirchhausen eine Phase skizziert, die durch ihre Verzierung - Stempelverzierung bzw. Riefung der Wandung - gekennzeichnet wird. An charakteristischen Randformen sind waagerecht ausgebogene, oft spitz ausgezogene Ränder zu nennen. Diese Ausprägung der älteren, gelben Drehscheibenware tritt noch in spätmerowingerzeitlichen Bestattungen auf und datiert somit noch ins späte 7. Jahrhundert; hier sind auch typologisch ihre Wurzeln zu sehen (Gross 1989, 343). Bereits im 8. Jahrhundert kam diese Form wieder außer Gebrauch. Ihren Verbreitungsschwerpunkt hat diese älteste Ausprägung der älteren gelben Drehscheibenware im mittleren Neckarraum nördlich der alamannisch-fränkischen Stammesgrenze sowie an Oberrhein und im Elsaß. Dieses Verbreitungsbild wird mit der Konkurrenz durch die auch noch im 8. Jahrhundert in Donzdorf produzierte rauwandige Drehscheibenware sowie durch eine Bindung an das fränkische Stammesgebiet erklärt. Dreieckige horizontale Wulste bzw. Halskrausen kennzeichnen nebst der Rollstempelzier und immer wieder auftretender Rotbemalung ältere gelbe Drehscheibenware Elsäßer Provenienz. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass im Elsaß eine noch frühere Phase vorhanden ist (Typ Roeschwoog) (Châtelet 1991; Koziol 2012).

Die darauf folgende zweite Phase wird durch verdickte, häufig kantige und innen leicht gekehlte Schrägränder (Typ Runder Berg) und durch das Fehlen jeder Verzierung gekennzeichnet. Das Spektrum dieser Randform hat eine gewisse Breite, die - wie der Fundbestand des Runden Berges erkennen läßt - die von Scholkmann unterschiedenen gratig verdickten und die gestauchten Ränder umfaßt. Sie sind charakteristisch für die jüngste Besiedlungsphase des 9. bis 10. Jahrh. auf dem Runden Berg bei Urach (Kaschau 1976).

Die jüngste Phase der älteren, gelben Drehscheibenware, die bereits in die Zeit nach der Jahrtausendwende zu setzen ist, stellen Ränder vom Typ Jagsttfeld dar. Sie besitzen eine kantige, nach innen abgeschrägte und meist leicht gekehlte Randlippe. Der zeitliche Ansatz der Jagstfelder Ränder nach 1050 ergibt sich vor allem aus ihrem Fehlen im Material des Runden Berges, wie auch aus den Datierungen der Esslinger und Sindelfinger Stratigraphien. Ein befund aus Ulm zeigt das Auftreten des Typs Jagstfeld vor 993d (Gross 2008, 142). Allerdings muß mit einer gewissen zeitlichen Überschneidung der Typen Runder Berg und Jagstfeld gerechnet werden, da typologische Beziehungen und Ubergangsformen bekannt sind (Typ Eningen nach Schreg 2006). In den Töpfereiabfällen von Altdorf (Lkr. Böblingen) treten Typ Runder Berg, Typ Eningen und Typ Jagstfeld gemeinsam auf (Schreg/Meyerdirks 2002)<ref>2002 war Typ Eningen noch nicht gesondert ausgewiesen. Nach meinen Aufzeichnungen (R. Schreg) dürften auch Mischformen des Typs Ehningen vertreten sein. Eine nochmalige Prüfung am Fundmaterial steht aus.</ref>. Am Oberrheim und im Kraichgau wurde die ältere gelbe Drehscheibenware von anderen waren, so der orangen Straßburger Ware, der älteren grauen Drehscheibenware und der rotbemalten Elsässer Ware.

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts kommt die ältere gelbe Drehscheibenware außer Gebrauch. Diese jüngste Phase wurde 1969 von R. Koch anhand von Funden aus einem Grubenhaus in Jagstfeld in Gegenüberstellung mit Funden der ältesten Phase aus Kirchhausen erstmals umschrieben; sie bleibt auf den Neckarraum beschränkt und greift kaum darüber hinaus, fehlt also etwa im Oberrheingebiet. In eine Schlußphase gehört im Neckarland die sogenannte gelbe quarzgemagerte Ware (Neckarland, HMa). Am Ende der Entwicklung steht auch die Rotbemalte ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, HMa), an die sich die rotbemalte schwäbische Feinware (Württemberg, SMa) anschließt.

Verbreitung

In der Frühphase v.a. am Oberrhein, in der Spätphase v.a. im mittleren Neckarland

In der Nordschweiz begann man um 850 n. Chr. "Ältere gelbe Drehscheibenware" aus dem Nord-Elsass und aus Nord-Baden zu importieren (Marti 2011 RGZM). Jüngere Belege datieren ins 10. und eventuell ins frühe 11. Jh. (Marti 2011, 270). Dass Bayrisch-Schwaben außerhalb des Kern-Verbreitungsgebietes lag, belegen Vorlagen des 11. und 12. Jhs. aus den Grabungen auf der Stammburg der Wittelsbacher in Oberwittelsbach (Koch 1980), sowie Material aus dem Burgstall von Romatsried (Dannheimer 1973). Vereinzelt kamen Exporte bis nach Regensburg (Gross 1999/2000 Schwäbische Importe im hochmittelalterlichen Regensburg Seite 87). Versprengte Fundorte wie Regensburg lassen sich vermutlich durch den Transport über den Wasserweg Donau erklären.

Um das Jahr 1000 n. Chr. verlagert sich der Verbreitungsschwerpunkt der älteren gelben Drehscheibenware: In ihrem oberrheinischen Herkunftsgebiet, in welchem die Machart erstmals auftrat, wird sie durch reduzierend gebrannte Keramik wie der ältere graue Drehscheibenware abgelöst (Gross 1999/2000, 87). Zu den jüngsten Belegen der älteren gelben Drehscheibenware am Oberrhein zählen größere Mengen des Materials, die in das 10. Jh. datieren und in der Südpfalz, im nördlichen Elsass und in Baden im Gebiet südlich von Karlsruhe und nördlich von Offenburg gefunden wurden (Gross 2012).

Weiter östlich dominiert die ältere gelbe Drehscheibenware des Typs Jagstfeld, verbreitet v.a. im mittleren Neckarland.

Herstellungsbelege

Bekannte Töpferzentren lagen in Soufflenheim (nördliches Elsass), in der Wüstung Muffenheim (Gemarkung Rastatt) und in Hoh-Frankenheim (bei Brumath). Der einzige Töpferofen dieser Ware war lange Zeit aus Wiesloch nahe Heidelberg bekannt. Hier wurde jedoch nicht die im Neckarraum gängige ältere, gelbe Drehscheibenware produziert, sondern eine bislang kaum von anderen Fundstellen bekannte Variante, die mit dem Begriff 'Wieslocher Ware' bezeichnet wird (Heukemes/Gross 1983; Hildebrandt/Gross 1995). Das Formen- und Verzierungsspektrum verweist mit Wackelböden und dem Fehlen von Verzierungen außer einigen Leistenapplikationen auf Einflüsse aus den nördlich angrenzenden Gebieten und ist wohl ins späte 8. und 9. Jahrh. zu datieren. Weitere Produktionsorte konnten seit den 1970er Jahren anhand mineralogischer Untersuchungen am Schönbuch nördlich Tübingen und im Raum Sindelfingen vermutet werden (Scholkmann 1978, 64). Inzwischen liegen hier Töpfereibelege aus Altdorf, Lkr. Böblingen (Schreg/Meyerdirks 2002) sowie Holzgerlingen, Lkr. Böblingen vor. Letztere Fundstelle erbrachte den Beleg eines Ofens, das Fundmaterial ist mit seinen Verzierungen bislang kaum einzuordnen und von umliegenden Fundstellen nicht bekannt (Münster/Gross 2013).

Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext

Die Verbreitung der ÄgD erscheint an die weitausgreifenden Grundherrschaften der oberrheinischen Klöster (besonders Lorsch und Weißenburg) geknüpft (Gross 2011 RGZM).

Literaturhinweise und Nachweise

  • Bräuning/Schreg 1998: A. Bräuning/R. Schreg, Die Keramikfunde - ein Exkurs. In: A. Bräuning (Hrsg.),Um Ulm herum. Untersuchungen zu mittelalterlichen Befestigungsanlagen in Ulm. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 23 (Stuttgart 1998) 67–79.
  • Châtelet 1998 M. Châtelet, L'habitat du haut moyen âge de Roeschwoog „Schwartzacker“ (Bas-Rhin). découverte d'un four à chaux et d'un nouveau site de référence pour la céramique. Rev. Arch. Est 49, 1998, 249–293.
  • Gross 1991 U. Gross, Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und Schwäbischer Alb. Bemerkungen zur räumlichen Entwicklung und zeitlichen Gliederung. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 12 (Stuttgart 1991).
  • Gross 2008 U. Gross, Transitionen - Übergangsphänomene bei südwestdeutschen Keramikgruppen des frühen und hohen Mittelalters. In: ,Stratigraphie und Gefüge. Beiträge zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit und zur historischen Bauforschung; Festschrift für Hartmut Schäfer zum 65. Geburtstag. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 28 (Stuttgart 2008) 139–150.
  • Gross 1999/2000: U. Gross, Schwäbische Importe im hochmittelalterlichen Regensburg. Funde der Älteren, gelbtonigen Drehscheibenware aus der Engelburgergasse und dem Scheugässchen. Denkmalpflege in Regensburg 1999/2000, 87–90.
  • Gross 2012: U. Gross, Keramikgruppen des 8. bis 12. Jahrhunderts am Nördlichen Oberrhein. Zur Frage von Verbreitungsgebieten und Produktionsstätten. In: H. Pantermehl/L. Grunwald/R. Schreg (Hrsg.),Hochmittelalterliche Keramik am Rhein. Eine Quelle für Produktion und Alltag des 9. bis 12. Jahrhunderts. RGZM-Tagungen 13 (Mainz 2012) 63–76.
  • Heukemes/Gross 1983 B. Heukemes/U. Gross, Ein Töpferofen der 'älteren gelbtonigen Drehscheibenware aus Wiesloch, Rhein-Neckar-Kreis. In: ,Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 8 (Tübingen 1983) 301–318.
  • Hildebrandt/Gross 1995 L. H. Hildebrandt/U. Gross, Ein frühmittelalterlicher Töpferofen aus Wiesloch, Rhein-Neckar-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1995, 312–315.
  • Kaschau 1976 B. Kaschau, Die Drehscheibenkeramik aus den Plangrabungen 1967-1972. Der Runde Berg bei Urach II (Sigmaringen 1976).
  • Koch 1969 R. Koch, Frühmittelalterliche Siedlungsfunde aus Kirchhausen und Jagstfeld. Jahrb. Hist. Ver. Heilbronn 26, 1969, 25–38.
  • Koch 1974 R. Koch, Siedlungsspuren des frühen Mittelalters aus Lauffen am Neckar. Zeitschr. Zabergäuverein 3/4, 1974, 33–43.
  • Koziol 2012 A. Koziol, La céramique de l’habitat de Roeschwoog (Bas-Rhin, Alsace). In: H. Pantermehl/L. Grunwald/R. Schreg (Hrsg.), Hochmittelalterliche Keramik am Rhein. Eine Quelle für Produktion und Alltag des 9. bis 12. Jahrhunderts. RGZM-Tagungen 13 (Mainz 2012) 55–62.
  • Lobbedey 1968 U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).
  • Maier 1994: K. H. Maier, Eine mittelalterliche Siedlung auf Markung Urspring (Gemeinde Lonsee, Alb-Donau-Kreis). Materialh. Arch. Bad.-Württ. 23 (Stuttgart 1994).
  • Marti 2011: R.Marti, Keramik der Nordwestschweiz — Typologie und Chronologie. In: Siedlungsbefunde und Fundkomplexe der Zeit zwischen 800 und 1350 (Basel 2011).
  • Münster/Gross 2013 K.-H. Münster/U. Gross, Reste einer hochmittelalterlichen Töpferei in Holzgerlingen. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2013, 313–316.
  • Nack 1989 G. Nack, Versuch der Datierung einer früh- bis hochmittelalterlichen Siedlung anhand der Irdenware aus der Wüstung Sülchen bei Rottenburg am Neckar, Kreis Tübingen. unveröff. Magister-Arbeit (Freiburg 1989).
  • Schäfer/Gross 1983 H. Schäfer/U. Gross, Die ehemalige Peterskirche in Vaihingen/ Enz. In: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 8 (Tübingen 1983) 5–56.
  • Schmidt 1991 E. Schmidt, Hochmittelalterliche Siedlungsstrukturen aus Eningen unter Achalm, Kreis Reutlingen. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1991, 302–305.
  • Scholkmann 1977 B. Scholkmann, Archäologische Untersuchungen in der ehemaligen Stiftskirche St. Martin in Sindelfingen. In: Forschungen und Berichte zur Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 4 (Stuttgart 1977) 7–66.
  • Scholkmann 1978 B. Scholkmann, Sindelfingen, obere Vorstadt. Eine Siedlung des hohen und späten Mittelalters. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 3 (Stuttgart 1978).
  • Schreg/Meyerdirks 2002 R. Schreg/U. Meyerdirks, Töpfereiabfälle der älteren gelben Drehscheibenware aus Altdorf, Kreis Böblingen. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2002, 243–244.
  • Schreg 1997 R. Schreg, Keramik aus Südwestdeutschland. Eine Hilfe zur Beschreibung, Bestimmung und Datierung archäologischer Funde vom Neolithikum bis zur Neuzeit. Lehr- und Arbeitsmaterialien zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit (Tübingen 1997). bes. 205-208
  • Schreg 2006 R. Schreg, Dorfgenese in Südwestdeutschland. Das Renninger Becken im Mittelalter. Materialh. Arch. Bad.-Württ. 76 (Stuttgart 2006).

Einzelnachweise

<references />