Kirchheim bei München: Unterschied zwischen den Versionen

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Aufgearbeitet wurde die Siedlung durch Hans Geisler, der sie im Rahmen seiner Dissertation zusammen mit den Fundstellen [[Regensburg-Kreuzhof]] vorlegte (Geisler 1993). Allerdings klassifiziert die Arbeit die Keramik nur in Gruppen und Typen, ohne eine genauere Materialvorlage zu bieten. Bei den zur Klassifikation benutzten Gruppen bleibt die Bedeutung im Fundbestand von Kirchheim im einzelnen recht unklar. Im Fokus der Arbeit stand v.a. das frühe Mittelalter, so dass die Laufzeit der Siedlung unklar bleibt. Möglicherweise hat Geisler mögliche jüngere Datierungen übersehen, da nach seinem Literaturverzeichnis einschlägige mittelalterarchäologische Keramikpublikationen nicht herangezogen wurden (vergl. Schreg 2021).
 
Es liegen Dünnschliffuntersuchungen vor (Geisler 1993).
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Die Siedlung hat eine Ausdehnung von mindestens 4,5 ha und umfasste mindestens 15 Höfe, die überwiegend in das 7. Jh. datiert wurden. Durch Luftbilder deutet sich eine wesentlich größere Gesamtausdehnung von ca. 15 ha an, wobei jedoch unmittelbar an die mittelalterliche Siedlung ältere vor- und frühgeschichtliche Areale angrenzen, die eine Zuweisung zur mittelalterlichen Besiedlung unsicher machen. Es zeichnet sich eine ältere Ortslage ab, die nach der Auswertung des Fundmaterials durch Geisler ins 7./8 Jahrhundert gehört. Eine längere Laufzeit der Siedlung in Ortsrandlage über das 8. Jahrhundert hinaus erscheint aber nicht ausgeschlossen. Im nördlichen Teil der ergrabenen Siedlung liegen mehrere Hofgrablegen des späten 7. Jahrhunderts.
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Es dominiert [[nachgedrehte Keramik]]. Geisler (1993) differenzierte folgende Gruppen:
 
*rauwandige Ware
 
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*[[Goldglimmerware|Goldglimmerkeramik]]
 
*[[glimmerhaltige nachgedrehte schwarze Ware (Südbayern, FMa/HMa)|glimmerhaltige schwarze Ware]]
 
*mittelalterliche Keramik. Hierbei handelt es sich überwiegend um Drehscheibenware, wobei das Vorkommen im Kirchheimer Fundbestand unklar bleibt.
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==Chronologie==
 
Da Geisler seine Keramikchronologie vor allem auf den Vergleich mit beigabenführenden Gräbern stützte (Geisler 1993), ist eine längere Laufzeit der Siedlung prinzipiell nur schwer einzuschätzen. Die in Kirchheim in beachtlichen Mengen vertretene [[Goldglimmerware]] lässt sich an der westlichen
 
Peripherie ihrer Verbreitung in weitgehend identischen Formen bis mindestens ins 11. Jahrhundert verfolgen (Bräuning/ Schreg, Keramikfunde Ulm 74 ff.). Das übrige Keramikspektrum in Kirchheim ist anhand der bisher vorliegenden Publikation nicht genauer zu überblicken. Die häufig vorkommende [[glimmerhaltige nahgedrehte schwarze Ware (Südbayern, FMa/HMa)|glimmerhaltige schwarze Ware]] des Typs HK, die Geisler als Oberländer Variante seines Haupttyps HH bezeichnet, könnte nach ihren Formen über den von Geisler gegebenen Datierungsrahmen ebenfalls hinausreichen (vgl. Geisler 1993, G IV 2 d [TT HK]).
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==Lage==
 
 
*Koordinaten: 48.17467, 11.75912
 
 
==Forschungsgeschichte==
 
Großflächige Grabungen 1970 (Dannheimer 1973) und vor allem 1980 (Christlein 1980) konnten größere Teile einer Siedlung am südlichen Ortsrand des Dorfes erschließen.
 
Aufgearbeitet wurde die Siedlung durch Hans Geisler, der sie im Rahmen seiner Dissertation zusammen mit den Fundstellen [[Regensburg-Kreuzhof]] vorlegte (Geisler 1993). Allerdings klassifiziert die Arbeit die Keramik nur in Gruppen und Typen, ohne eine genauere Materialvorlage zu bieten. Bei den zur Klassifikation benutzten Gruppen bleibt die Bedeutung im Fundbestand von Kirchheim im einzelnen recht unklar. Im Fokus der Arbeit stand v.a. das frühe Mittelalter, so dass die Laufzeit der Siedlung unklar bleibt. Möglicherweise hat Geisler mögliche jüngere Datierungen übersehen, da nach seinem Literaturverzeichnis einschlägige mittelalterarchäologische Keramikpublikationen nicht herangezogen wurden.
 
Es liegen Dünnschliffuntersuchungen vor (Geisler 1993,
 
 
==Befundsituation==
 
Die Siedlung hat eine Ausdehnung von mindestens 4,5 ha und umfasste mindestens 15 Höfe, die überwiegend in das 7. Jh. datiert wurden. Durch Luftbilder deutet sich eine wesentlich größere Gesamtausdehnung von ca. 15 ha an, wobei jedoch unmittelbar an die mittelalterliche Siedlung ältere vor- und frühgeschichtliche Areale angrenzen, die eine Zuweisung zur mittelalterlichen Besiedlung unsicher machen. Es zeichnet sich eine ältere Ortslage ab, die nach der Auswertung des Fundmaterials durch Geisler ins 7./8 Jahrhundert gehört. Eine längere Laufzeit der Siedlung in Ortsrandlage über das 8. Jahrhundert hinaus erscheint aber nicht ausgeschlossen. Im nördlichen Teil der ergrabenen Siedlung liegen mehrere Hofgrablegen des späten 7. Jahrhunderts.
 
 
==Keramikfunde==
 
Es dominiert [[nachgedrehte Keramik]]. Geisler (1993) differenzierte folgende Gruppen:
 
*rauwandige Ware
 
*feintonige Ware
 
*[[Goldglimmerware|Goldglimmerkeramik]]
 
*[[glimmerhaltige nachgedrehte schwarze Ware (Südbayern, FMa/HMa)|glimmerhaltige schwarze Ware]]
 
*mittelalterliche Keramik. Hierbei handelt es sich überwiegend um Drehscheibenware, wobei das Vorkommen im Kirchheimer Fundbestand unklar bleibt.
 
 
==Chronologie==
 
Da Geisler seine Keramikchronologie vor allem auf den Vergleich mit beigabenführenden Gräbern stützte (Geisler 1993), ist eine längere Laufzeit der Siedlung prinzipiell nur schwer einzuschätzen. Die in Kirchheim in beachtlichen Mengen vertretene [[Goldglimmerware]] lässt sich an der westlichen
 
Peripherie ihrer Verbreitung in weitgehend identischen Formen bis mindestens ins 11. Jahrhundert verfolgen (Bräuning/ Schreg, Keramikfunde Ulm 74 ff.). Das übrige Keramikspektrum in Kirchheim ist anhand der bisher vorliegenden Publikation nicht genauer zu überblicken. Die häufig vorkommende [[glimmerhaltige nahgedrehte schwarze Ware (Südbayern, FMa/HMa)|glimmerhaltige schwarze Ware]] des Typs HK, die Geisler als Oberländer Variante seines Haupttyps HH bezeichnet, könnte nach ihren Formen über den von Geisler gegebenen Datierungsrahmen ebenfalls hinausreichen (vgl. Geisler 1993, G IV 2 d [TT HK]).
 
 
==Verbleib der Funde==
 
Archäologische Staatssammlung München
 
   
   
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*Geisler 1993: H. Geisler, Studien zur Archäologie frühmittelalterlicher Siedlungen in Altbayern (Straubing 1993).
 
*Geisler 1993: H. Geisler, Studien zur Archäologie frühmittelalterlicher Siedlungen in Altbayern (Straubing 1993).
 
*Geisler 1997: H. Geisler, Haus und Hof im frühmittelalterlichen Bayern. In: H. Beck / H. Steuer (Hrsg.), Haus und Hof in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Bericht über zwei Kolloquien der Kommission für die Altertumskunde Mittel- und Nordeuropas vom 24. bis 26. Mai 1990 und 20. bis 22. November 1991. Abh. Akad. Wiss. Göttingen, Phil.-Hist. Kl. 3 218 (Göttingen 1997) 461–483.
 
*Geisler 1997: H. Geisler, Haus und Hof im frühmittelalterlichen Bayern. In: H. Beck / H. Steuer (Hrsg.), Haus und Hof in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Bericht über zwei Kolloquien der Kommission für die Altertumskunde Mittel- und Nordeuropas vom 24. bis 26. Mai 1990 und 20. bis 22. November 1991. Abh. Akad. Wiss. Göttingen, Phil.-Hist. Kl. 3 218 (Göttingen 1997) 461–483.
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*Schreg 2021: R. Schregm Ein Dorf bei München - südbayerische Keramikchronologie und das vergessene Spätmittelalter. Archaeologik 16.11.2021. - https://archaeologik.blogspot.com/2020/08/rezension-ein-dorf-bei-munchen-und-die.html
   
   

Version vom 11. November 2023, 15:27 Uhr

Kirchheim bei München

Lage

  • Koordinaten: 48.17467, 11.75912

Forschungsgeschichte

Großflächige Grabungen 1970 (Dannheimer 1973) und vor allem 1980 (Christlein 1980) konnten größere Teile einer Siedlung am südlichen Ortsrand des Dorfes erschließen. Aufgearbeitet wurde die Siedlung durch Hans Geisler, der sie im Rahmen seiner Dissertation zusammen mit den Fundstellen Regensburg-Kreuzhof vorlegte (Geisler 1993). Allerdings klassifiziert die Arbeit die Keramik nur in Gruppen und Typen, ohne eine genauere Materialvorlage zu bieten. Bei den zur Klassifikation benutzten Gruppen bleibt die Bedeutung im Fundbestand von Kirchheim im einzelnen recht unklar. Im Fokus der Arbeit stand v.a. das frühe Mittelalter, so dass die Laufzeit der Siedlung unklar bleibt. Möglicherweise hat Geisler mögliche jüngere Datierungen übersehen, da nach seinem Literaturverzeichnis einschlägige mittelalterarchäologische Keramikpublikationen nicht herangezogen wurden (vergl. Schreg 2021). Es liegen Dünnschliffuntersuchungen vor (Geisler 1993).

Befundsituation

Die Siedlung hat eine Ausdehnung von mindestens 4,5 ha und umfasste mindestens 15 Höfe, die überwiegend in das 7. Jh. datiert wurden. Durch Luftbilder deutet sich eine wesentlich größere Gesamtausdehnung von ca. 15 ha an, wobei jedoch unmittelbar an die mittelalterliche Siedlung ältere vor- und frühgeschichtliche Areale angrenzen, die eine Zuweisung zur mittelalterlichen Besiedlung unsicher machen. Es zeichnet sich eine ältere Ortslage ab, die nach der Auswertung des Fundmaterials durch Geisler ins 7./8 Jahrhundert gehört. Eine längere Laufzeit der Siedlung in Ortsrandlage über das 8. Jahrhundert hinaus erscheint aber nicht ausgeschlossen. Im nördlichen Teil der ergrabenen Siedlung liegen mehrere Hofgrablegen des späten 7. Jahrhunderts.

Keramikfunde

Es dominiert nachgedrehte Keramik. Geisler (1993) differenzierte folgende Gruppen:

Chronologie

Da Geisler seine Keramikchronologie vor allem auf den Vergleich mit beigabenführenden Gräbern stützte (Geisler 1993), ist eine längere Laufzeit der Siedlung prinzipiell nur schwer einzuschätzen. Die in Kirchheim in beachtlichen Mengen vertretene Goldglimmerware lässt sich an der westlichen Peripherie ihrer Verbreitung in weitgehend identischen Formen bis mindestens ins 11. Jahrhundert verfolgen (Bräuning/ Schreg, Keramikfunde Ulm 74 ff.). Das übrige Keramikspektrum in Kirchheim ist anhand der bisher vorliegenden Publikation nicht genauer zu überblicken. Die häufig vorkommende glimmerhaltige schwarze Ware des Typs HK, die Geisler als Oberländer Variante seines Haupttyps HH bezeichnet, könnte nach ihren Formen über den von Geisler gegebenen Datierungsrahmen ebenfalls hinausreichen (vgl. Geisler 1993, G IV 2 d [TT HK]).

Verbleib der Funde

Archäologische Staatssammlung München

tabellarische Übersicht

Beschreibung
Fundort Kirchheim bei München
Fundart Siedlung mit Hofgrablegen
Lage 0,4 km SO der Kirche
Koordinaten 48.17467, 11.75912
Datierung 7. Jh. und wahrscheinlich länger
Warenarten
Formenspektrum v.a Gebrauchskeramik, Töpfe, Schale
Fundinventar Siedlungsfunde, z.T. aus Gruben- bzw. Grubenhausverfüllungen
Befundbeschreibung Die Siedlung wurde in mehreren Kampagnen zu großen Teilen erfasst.
Verbleib Archäologische Staatssammlung München
Bemerkungen
Literatur Chrislein 1980; Dannheimer 1973; Geisler 1993


Literatur zur Fundstelle:

  • Christlein 1980: R. Christlein, Kirchheim bei München, Oberbayern: Das Dorf des frühen Mittelalters. Arch. Jahr Bayern 1980, 162-163.
  • Dannheimer 1973: H. Dannheimer, Die frühmittelalterliche Siedlung bei Kirchheim (Ldkr. München, Oberbayern). Vorbericht über die Untersuchung im Jahre 1970. Germania 51, 1973, 152–169.
  • Geisler 1988: H. Geisler, Haus und Siedlung. In: Die Bajuwaren. Von Severin bis Tassilo 488–788. Ausstellungskat. Rosenheim u. Mattsee 1988 (München 1988) 179–184.
  • Geisler 1993: H. Geisler, Studien zur Archäologie frühmittelalterlicher Siedlungen in Altbayern (Straubing 1993).
  • Geisler 1997: H. Geisler, Haus und Hof im frühmittelalterlichen Bayern. In: H. Beck / H. Steuer (Hrsg.), Haus und Hof in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Bericht über zwei Kolloquien der Kommission für die Altertumskunde Mittel- und Nordeuropas vom 24. bis 26. Mai 1990 und 20. bis 22. November 1991. Abh. Akad. Wiss. Göttingen, Phil.-Hist. Kl. 3 218 (Göttingen 1997) 461–483.
  • Schreg 2021: R. Schregm Ein Dorf bei München - südbayerische Keramikchronologie und das vergessene Spätmittelalter. Archaeologik 16.11.2021. - https://archaeologik.blogspot.com/2020/08/rezension-ein-dorf-bei-munchen-und-die.html