Glasur

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Als Glasur wird eine auf den Scherben aufgeschmolzene, glasige Schicht bezeichnet. Dieser dichte, glatte Überzug nimmt dem Scherben die Porosität, macht das Gefäß wasserdicht und sorgt somit für bessere hygienische Bedingungen. Daneben hat das Glasieren auch dekorativen Charakter, da durch unterschiedliche Zusammenstellung der Glasur bzw. die Vorbehandlung des Scherbens eine Vielzahl von Farben und Mustern/Dekoren angebracht werden kann.

Eigenschaften

Um eine homogene Glasur zu erreichen sind zwei Eigenschaften der verwendeten Mischung besonders wichtig: Nach dem Schmelzen und Abkühlen muss sich eine Glasmasse bilden, die Schmelze darf nicht wieder in ihren Ausgangskomponenten auskristallisieren, sondern muss als amorphe Masse erstarren. Des Weiteren müssen die thermischen Ausdehnungskoeffizienten des verwendeten Scherbenmaterials und der Glasur möglichst identisch sein, sodass beide beim Abkühlen formschlüssig bleiben. Andernfalls kann es zur Rissbildung oder gar einem Abplatzen der Glasur kommen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist eine Kombination von verschiedenen Rohstoffen nötig. Als Hauptkomponente dienen sogenannte Glasbildner, das heißt stark siliciumdioxidhaltige Minerale wie Quarz, Feldspat oder Kaolin, welche die eigentliche Glasmatrix bilden. Da diese jedoch einen sehr hohen Schmelzpunkt aufweisen (z.B. SiO2: ~1700°C) müssen Flußmittel zugegeben werden, welche den Schmelzpunkt erniedrigen und die Viskosität der Schmelze erhöhen um bei den üblichen Brenntemperaturen ein vollständiges und flächiges Aufschmelzen zu erreichen. Die wichtigsten Flussmittel sind die Oxide der Alkali- und Erdalkalimetalle Kalium, Natrium, Magnesium und Calcium sowie Bleioxid. Letzteres wird aufgrund seiner Giftigkeit heute nur noch selten verwendet, treten jedoch im archäologischen Kontext gelegentlich auf (Mämpel 1995, 90). Die dritte Hauptkomponente sind Stabilisatoren wie Aluminiumoxid, welche die Schmelze dahingehend stabilisieren, dass sie Glasbildung und thermische Ausdehnungskoeffizienten positiv beeinflussen. Prozentual nur geringen Anteil an der Zusammensetzung der Glasur haben färbende Substanzen, vorwiegend Salze der Übergangsmetalle (beispielsweise Kupfer (je nach Wertigkeit grün oder blau) (Hamer 1990, 150). Um diese Farben besser zur Geltung zu bringen, wird in jüngerer Zeit meist eine weiße Grundengobe aufgebracht. Dazu wird der Scherben mit einer dünnen Schicht eines weiß brennenden Materials überzogen und vor dem Aufbringen der eigentlichen Glasur geschrüht (Hamer 1990, 307).

Glasurtechniken

Grundlegend ist zwischen Auftragsglasuren und Anflugsglasuren zu differenzieren. Während erstere etwa für die glasierte Irdenware typisch sind, sind letztere kennzeichnend für das Steinzeug.

Auftragsglasur

Die Auftragsglasur wird in flüssigem Zustand auf den getrockneten oder geschrühten Scherben aufgebracht. Dafür gibt es verschiedene Techniken:

  • Pinseln
  • Gießen: übergießen bzw. begießen des Gefäßes, aber auch das Eingießen in das Gefäß für eine Innenglasur
  • Tauchen
  • Spritzen
  • Malhorn

Anflugglasur

Die Anflugglasur entsteht durch chemische Reaktionen an der sinterweichen Gefäßoberfläche beim Brand im Brennofen. Das Flußmittel wird in dampfförmigem Zustand aufgebracht. Anflugglasuren sind in der Regel Alkaliglasuren. Voraussetzung sind sehr hohe Temperaturen ab ca. 1200°C.

Eine zunächst wohl eher nicht intentionell entstehende Glasur ist die Ascheanflugglasur, bei der kein spezielles Flußmittel zugesetzt wird, sondern die chemische Reaktion mit der Asche bzw. dem Rauch des Brennholzes erfolgt. Holz enthält Calcium- und Magnesiumsalze, die bei etwa 1200°C reagieren. Aus Holz kann auch Pottasche - Kaliumkarbonat - gewonnen werden, das, nun bewusst zugeführt, bei 1300°C zu einer Glasur verschmilzt.

Bewusst herbeigeführt wird auch eine Anflugglasur aus Natriumsalz (Kochsalz). Auf dem Höhenpunkt des Brennvorgangs wird das Salz in den Ofen geschüttet, der danach verschlossen wird. Salz, Wasserdampf und Scherbenbestandteile (v.a. Silizium- und Aluminiumoxid) reagieren chemisch miteinander. Unter reduzierenden Brandbedingungen wirkt Eisenoxid als weiteres Flußmittel, wobei oft ein fleckiges Erscheinungsbild ähnlich der Ascheanflugglasur entsteht (Hähnel 1992, 15).

Chronologie

Die frühesten, intentionell hergestellten Gefäßglasuren finden sich im Vorderen Orient um 3000 v. Chr. (Hamer 1990). In Mitteleuropa finden sich erste lokal hergestellte Glasuren dagegen erst im 2. Jahrhundert n. Chr. in den römisch beherrschten Gebieten, namentlich Gallien, dem Rheinland und Großbritannien (Mämpel 1999, 170–187). Diese Tradition setzt dürfte auch den aus dem 4.-7. Jahrhundert n. Chr. bekannten, bleiglasierten Gefäße zugrunde liegen.

Regelhaft treten Bleiglasuren in Mitteleuropa ab dem 10. Jahrhundert auf (Mämpel 1995, 87–91). Im 13. und 14. Jahrhundert finden sich im süddeutschen Raum insbesondere am südlichen Oberrhein und am Bodensee. Dabei wird zunächst vorwiegend die reduzierend gebrannte Keramik der jüngeren Drehscheibenware (zum Formenspektrum siehe dort) glasiert, wobei die traditionellen Verzierungen wie Rollrädcheneindrücke einfach überdeckt werden.

In der frühen Neuzeit wird die glasierte Irdenware zum dominierenden Geschirr. Zunehmend wird die Glasur mit Bemalung kombiniert.

Literaturhinweise

  • Hamer/J. Hamer/B. Pfannkuche, Lexikon der Keramik und Töpferei. Material Technik Geschichte (Augsburg 1990).
  • Mämpel 1994: U. Mämpel, Die Bleiglasur in der Keramik, hg. von der Deutschen Keramischen Gesellschaft, Fachausschussbericht Nr. 31, (Köln 1994).
  • Mämpel 1995: U. Mämpel, Bleiglasuren im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Zur Regionalität der Keramik des Mittelalters und der Neuzeit. Beiträge des 26. Internationalen Hafnerei-Symposiums, Soest 1993. Denkmalpflege und Forschung in Westfalen 32 (Bonn 1995) ##.
  • Hähnel 1992: E. Hähnel, Archäometrie. Siegburger Steinzeug und Naturwissenschaften. In: Siegburger Steinzeug. Bestandskatalog 2. Führer und Schriften des Rheinischen Freilichtmuseums und Landesmuseums für Volkskunde in Kommern 38 (Köln 1992) 9-37
  • Rada 1989: P. Rada, Die Technik der Keramik. handbuch der Arbeitsvorgänge der Keramik (Hanau/M 1989). - ISBN 3-7684-1868-5
  • Vogel 1979: W. Vogel, Glaschemie (Leipzipg 1979).