Bodenzeichen

Aus balismink
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Bodenzeichen auf gröberer nachgedrehter Ware aus Lauffen a.N.

Bei den sog. Bodenzeichen (auch: Bodenmarken) handelt es sich um meist einfache geometrische Zeichen auf der Unterseite von Standböden überwiegend nachgedrehter Keramik.


Beschreibung

Prinzipiell ist bei Bodenzeichen zwischen positiven und negativen Zeichen zu differenzieren. Der Positivabdruck, also mit erhabenem Zeichen geht auf den Abdruck einer entsprechend gekerbten Drehscheibenunterlage zurück. Oft ist hier auch ein Quellrand zu erkennen. Im Falle des Negativabdruck geht es um eingedrückte oder eingeschnittene Markierungen. Ein Sonderfall ist hier auch der Achsabdruck.

Die Kombination von positivem Bodenzeichen und negativem Achsabdruck ist aktuell nicht bekannt.

Im süddeutschen Raum treten Bodenzeichen meist als Negativabdruck vor allem an nachgedrehter Keramik auf. Weniger oft sind sie an früher jüngerer grauer Drehscheibenware zu finden. Im Vergleich zu anderen Regionen ist die Vielfalt der Formen geringer. Aus Skandinavien (Selling 1955) oder auch Mähren sind deutlich als Kreuzsymbole ausgeprägte Bodenzeichen bekannt.


Zeichen

  • v.a. Radzeichen
Bodenzeichen aus Südwestdeutschland 1-12 Unterregenbach Grabung Frankenbauer (Lobbedey 1972, Beil. 61. 69). – 13-23 Forchtenberg, Wüstung Wülfingen (Schulze 1981). – 24 Renningen, Neuwiesenäcker (Schreg 2006, 27, 9). – 25 Renningen, Schwanenstr. 1 (Schreg 2006, Taf. 58, 6). – 26 Ulm, Grüner Hof (Bräuning u. a. 2007, Abb. 24, 22). – 27. 38 Urspring, Breiter Weg (Maier 1994). – 28-32 Hirsau (Stadt Calw), St. Peter und Paul (Gross 1991c). – 32-37 Ulm, Stadtgraben (Bräuning / Schreg 1998). nach Schreg 2012)

Verbreitung

in den meisten Regionen Europas

Interessante Beobachtung: goßräumige Ähnlichkeiten bei regionalen Präferenzen einzelner Formen

Chronologie

Früh-, vor allem aber Hochmittelalter

Südwestdeutschland:

  • besonders bei Waren des 11./12. Jahrhunderts
  • Chronologie der früheren nachgedrehten Waren noch nicht abschließend geklärt (jedoch bereits ab der Merowingerzeit)

Bedeutung

Über die Bedeutung der Bodenzeichen gibt es eine lange Forschungsdiskussion, die unterschiedliche Deutungsansätze hervorgebracht hat. Deutungsansätze:

  1. symbolische Deutung: Sie setzt auf die Zeichenbedeutung, die kultisch, magisch oder vor unheilabwehrend gesehen wird. Diese Deutung findet sich insbesondere in der Forschung zu slawischer Keramik.
  2. herstellungspraktische Deutung: Die Einritzung soll ein Verrutschen des Gefäßes auf der Töpferscheibe verhindern. Das Bodenzeichen wäre so ein bloßes Herstellungsmerkmal. In diesem Fall müsste das Gefäß von der Töpferscheibe ohne Verwendung eines Schneidedrahts oder Fadens abgehoben worden sein. Angesprochen wurde auch die Möglichkeit, dass ein Bodenzeichen zum Zentrieren auf der Töpferscheibe diente. Tatsächlich sind Bodenzeichen häufig recht genau zentral angebracht und können in seltenen Fällen auch mit Achsabdrücken vergesellschaftet sein. Quellränder verweisen bisweilen auf eine sekundäre Umformung der Böden und mithin ein bewusstes Anbringen der Bodenzeichen.
  3. Herstellersignaturen: (Schreg 2012, 10ff.)

Literaturhinweise

  • Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968) bes. 61–62.
  • Rogier 2015: M. Rogier, Mittelalterliche nachgedrehte Keramik. Überlegungen zur Definition, Bestimmung und Interpretation am Beispiel Baden-Württemberg. Lehr- u. Arbeitsmat. Arch. Mittelalter u. Neuzeit (Tübingen 2015) bes. 55f.
  • Selling 1955: D. Selling, Wikingerzeitliche und frühmittelalterliche Keramik in Schweden (Stockholm 1955).
  • Schreg 2012: R. Schreg, Keramik des 9. bis 12. Jahrhunderts am Rhein. Forschungsperspektiven für Produktion und Alltag. In: L. Grunwald/H. Pantermehl/R. Schreg (Hrsg.), Hochmittelalterliche Keramik am Rhein. Eine Quelle für Produktion und Alltag des 9. bis 12. Jahrhunderts. Tagung im Römisch-Germanischen Zentralmuseum, 6. bis 7. Mai 2011. RGZM-Tagungen 13 (Mainz 2012) 1–19, bes. 13. ISBN 978-3795426668.