Getauchte Ware Dieburger Art (Hessen, SMa)

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Version vom 6. Februar 2020, 20:51 Uhr von imported>Fabian Schwandt (Übertrag aus Tübinger LV 2015 - Autorinnen: Elena Reus, Doris Schuller)
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Getauchte Ware ist im hessischen Raum - Töpfereiabfälle sichern eine Herstellung im südhessisschen Dieburg - und im äußersten Nordwesten Südwestdeutschlands bekannt. Typisch ist ein heller Scherben mit brauner Engobe, die bisweilen nur Teile des Gefäßes überzieht. Das Formenspektrum der im 14. Jahrhundert auftretenden Ware umfaßt vor allem Flüssigkeitsbehälter (Grass 1991, 68f.), darunter Becher und Zylinderhalskrüge.

Einführung

Bei der getauchten Ware Dieburger Art handelt es sich um eine Irdenware, deren Produktionsort man in Südhessen vermutet. Lobbedey bezeichnete sie als "Gelbtonige, getauchte Irdenware" (Lobbedey 1968, 58). Der Namensbestandteil "gelbtonig" ist allerdings irreführend, da nicht der Rohstoff von gelber Farbe ist, sondern nur das gebrannte Produkt dem Betrachter gelblich erscheint. Getauchte Waren werden auch als teilengobierte Waren bezeichnet, da sie nur unvollständig in die Engobe eingetaucht wurden. Durch das unvollständige Eintauchen der hell gebrannten Gefäße in eine bräunliche Engobe wurden dementsprechend vielfach zweifarbige Erzeugnisse geschaffen.

Die getauchte Ware Dieburger Art ist eine Warenart des 14. und 15. Jahrhunderts.

Forschungsgeschichte

Lobbedey, der die getauchte Ware 1968 charakterisierte, erfasste einige Kennzeichen und stellte Überlegungen zur Tradition der Warenart und ihrer möglichen Imitationen an und befand, dass eine Warengruppe, die er zur "Geltonigen, getauchten Irdenware" zählte und die man auf linksrheinisch-pfälzischem Gebiet gefunden hatte, keine Imitation "Rheinischen Steinzeuges" sei. Bei einer Ware, die der auf linksrheinisch-pfälzischem Gebiet gefunden Ware ähnelte, welche in der Umgebung von Speicher bei Trier gefunden worden war, war sich Lobbedey nicht so sicher (Lobbedey 1968, 58-59). 2012 befasste sich Gross mit dieser. Ihm zufolge ist die spätmittelalterliche Keramik aus der Umgebung von Speicher bei Trier, vor allem der getauchten Ware aus Südhessen ähnlich. Die Ware aus dem Trierer Raum darf vermutlich aber nicht als Ausdruck einer expliziten Abhängigkeit, sondern vielmehr als selbstständige Produktionslinie zu in Südhessen gefundenen Erzeugnissen interpretiert werden, welche parallel Verbreitung fanden (Vgl. Gross 2012, 418). Ein Derivat des "Rheinischen Steinzeuges" liegt ihm zufolge auch nicht in der Ware aus der Umgebung von Speicher vor, da die für die rheinischen Erzeugnisse so typischen Wellenfüße fehlen (Vgl. Gross 2012, 418).

Charakteristika

Herstellungstechnik

Die getauchte Ware Dieburger Art ist eine echte Drehscheibenware und kann daher Drehriefen auf der gleichmäßigen Gefäßwand, Drehschnecken und Abschneideschlaufen aufweisen (Wintergerst 2002, 87). Die Gefäße sind in der Regel hell gebrannt und gelblich. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass sie unter Sauerstoffzufuhr gebrannt wurden. Lobbedey weist darauf hin, dass die Kennzeichen getauchter Ware vor allem Krüge mit einer horizontal gerieften Wandung und einem in vielen Fällen nahezu zylindrischen Hals sowie einer ausgeprägten Fußplatte sind (Lobbedey 1968, 59 und Taf. 69/1-4 ebd.).

Brand/ Farbe

Die Scherben der getauchten Ware vom Heiligenberg bei Heidelberg sind meist von gelblicher Farbe. Auch weisen sie eine Porosität auf (Vgl. Gross 2012). Lobbedey bezeichnet getauchte Ware als "kräftig mit mittelfeinem Korn" gemagert und "hart bis sehr hart gebrannt" (Lobbedey 1968, 58). Er weist ebenfalls darauf hin, dass die Engobe "mehr oder minder stark gesintert" sei (Lobbedey 1968, 58-59). Einige Stücke vom Heiligenberg, die eine erhöhte Härte besaßen, eine Verzierung mit dunkelbrauner "Glasur" statt der üblichen braunen Engobe erhalten hatten und im Bruch tendenziell orange anmuteten, beurteilt Gross als vermutliche Fehlbrände engobierter Erzeugnisse (Gross 2012). Wintergerst fasste in der Gruppe der "Engobierten Waren Dieburger Art" eine teilengobierte helle Ware "Dieburger Art" und eine teilengobierte extrem poröse Ware "Dieburger Art" zusammen.

Verzierungen

Die durch das Eintauchen erzeugte Zweifarbigkeit ist den betreffenden Gefäßen ein Schmuck. Neben den in eine bräunliche Engobe getauchten hell gebrannten Gefäßen, existiert eine Variante mit rötlicher Engobe. In der Regel ist getauchte Ware Dieburger Art teilengobiert, da man die Gefäße beim Eintauchen am Boden festhielt und saubere Hände behalten wollte. Dennoch gibt es Stücke, die einer Gruppe vollständig überzogener Gefäße zu zuordnen sind (Vgl. Wintergerts 2002). Sowohl die Krüge als auch die Becher dieser Warenart können geriefte Ränder aufweisen (Gross 2012, 417).

Varianten

  • Variante rötlich engobiert

Vereinzelt treten Scherben bzw. Gefäße zu Tage, die statt einer Verzierung mit bräunlicher Engobe, eine Verzierung mit eher rötlicher Engobe aufweisen wie auf dem Heiligenberg bei Heidelberg. Da in diesem Fall die Scherbenbeschaffenheit der von Scherben bzw. von Gefäßen mit bräunlicher Engobe glich, ist Gross zufolge davon auszugehen, dass es sich nicht um eine verwandte Warenart, sondern um eine Variante der getauchten Ware handelt (Vgl. Gross 2012, 418).

Gefäßformen

Das Spektrum der Gefäßformen der getauchten Ware Dieburger Art vom Heiligenberg bei Heidelberg umfasst hauptsächlich Henkelkrüge und Becher sowie vermutlich auch enghalsige Flaschen. Die Ähnlichkeit der beiden zuerst genannten Gefäßformen bewog Gross für eine kleinformatige Zwischenform, der die Ausgussschnauze fehlt und die aber dennoch einen Henkel besitzt, den Begriff des Henkelbechers zu prägen (Gross 2012, 417). Kurze, geschwungene Ränder sind scheinbar ebenfalls den Kennzeichen der Becher zuzuschlagen (Gross 2012, 418).

Verbreitung

Es kann als sicher gelten, dass eine Produktionsstätte getauchter Waren in Dieburg vorlag, da dort entsprechende Abfallhalden und Töpferöfen entdeckt wurden (Gross 2012, 418). Getauchte Waren dieser Art können aber auch am nördlichen Oberrhein und in Württembergisch-Franken zu Tage treten (Gross 2012, 417). Die Verbreitung der getauchten Ware Dieburger Art reicht im Osten bis in den Spessart. Als Hauptverbreitungsgebiet muss jedoch der Raum zwischen dem Untermain und dem Unteren Neckar gelten. Im Westen stellt der Rhein die Grenze der Verbreitung dieser Dieburger Ware dar, sieht man von den vereinzelten Funden in der Peripherie dieses Raumes ab (Gross 2011). Wintergerst erfasste bei der Untersuchung einer Auswahl des Scherbenmaterials von Ausgrabungen im Frankfurter Altstadtgebiet gleich mehrere Materialgruppen, denen er den Zusatz "Dieburger Art" anhängte, um auf "die Brennatmosphäre, die Zeitstellung und die mögliche Herkunft" zu verweisen, die er zu den Erzeugnissen aus Dieburg zumindest als analog zuordnete (Vgl. Wintergerst 2002, 87, 104 und 110). Der Zusatz "Dieburger Art" stützt sich somit auf eine Ähnlichkeit und zeitliche Parallelität zu Dieburger Erzeugnissen, deren Herkunft als gesichert gilt.

Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext

Die Dieburger Ware findet man vor allem im gehobenen sozialen Kontext (Gross 1999: Weitere Funde aus dem Areal der Burg Wersau S. 211). Bei der getauchten Ware handelt es sich entsprechender Weise um eine qualitativ hochwertige Ware, die mit ihrem Herkunftsort in Dieburg im Herrschaftsgebiet des Bistums Kurmainz lag. Auf diese Tatsache dürfte der Umstand zurückzuführen sein, dass sich Vertreter dieser Warenart kaum im ehemaligen Einflussbereiches der Heidelberger Pfalzgrafen finden lassen, die ihre eigenen Hafner zu stärken suchten (Gross 2009, 168).

Einzelnachweise

  • U. Gross. Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und schwäbischer Alb. Bemerkungen zur räumlichen Entwicklung und zeitlichen Gliederung. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 12 (Stuttgart 1991).
  • U. Gross, Die mittelalterliche und neuzeitlichen Keramik-, Metall- und Beinfunde. In: P. Marzolff/ F. Klein/ U. Gross, Forschungen zum Heiligenberg bei Heidelberg: Forschungsgeschichte, Fundmaterial, Restaurierung (Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 32 (Stuttgart 2012) 393-563.
  • U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).