Ulmer Gruppe (Ulm, FMa)

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Es handelt sich zumindest teilweise um eine nachgedrehte Ware aus dem Ulmer Raum. Typisch sind einfache gerundete Randbildungen und eine Facettierung der Gefäßunterteile.


Forschungsgeschichte

Erstmals hate Uwe Lobbedey bei der Bearbeitung der Funde vom Ulmer Weinhof diese Gruppe definiert. Das eigentliche Manuskript mit der detaillierten Fundvorlage blieb unpubliziert, doch wurde die Ulmer Gruppe 1963 bei einem Keramik-Workshop in Freiburg behandelt (Hübener/ Lobbedey 1964, 111ff.) und auch in Lobbedeys Dissertation (Lobbedey 1968) angesprochen. Wolfgang Hübener hat seinerseits ausgehend von der Grabkeramik des Gräberfeldes Ulm, Kienlesberg einige regionale Merkmale der dortigen Rippen- und Buckelkeramik herausgestellt (Hübener 1969). In Ulm liegen weitere Beispiele vor allem vom Weinhofareal, aber auch vom Grünen Hof vor. In der Folgezeit wurden immer wieder Funde mit der Ulmer Gruppe in Bezug gesetzt, so z.B. aus der Siedlung Ulm-Eggingen, Lippenöschle oder dem merowingerzeitlichen Gräberfeld von Schelklingen, Lange Gasse.

Zuweisungen von weiter entfernt gelegenen Fundorten (z. B. Unterjesingen: Stegmaier 2001) erfolgten oft nur über einen oberflächlichen Vergleich und bedürfen einer näheren Prüfung. Die Zuschreibung von Funden der ‚feinsandig glimmerhaltigen Keramik‘ aus Geislingen, Mühlwiesen konnte bei einem Abgleich mit den Funden vom Ulmer Weinhof nicht bestätigt werden (Schreg 1999, 458).

Charakteristika

Herstellungstechnik

handgemacht oder nachgedreht. Wandung und Boden sind dickwandig gewülstet, Außenseite und Innenrand sind durch Abstreichen geebnet, wobei teils ohne, teils mit Handtöpferscheibe gearbeitet wurde. Die auf dem unteren Teil der Gefäße senkrecht verlaufenden Glättstriche bringen dort den charakteristischen Eindruck einer Facettierung hervor (Hübener/ Lobbedey 1964, 111ff.).

Brand/ Farbe

grau bis hellbraun

Magerung

Die Ware zeichnet sich durch einen glimmerhaltigen, sehr stark mit feinem Sand versetzten, grauen bis hellbraunen Scherben aus.

Oberflächenbeschaffenheit

Die Oberfläche ist vielfach geglättet, wobei das Gefäßunterteil durch senkrechte Glättstriche häufig eine „Facettierung“ aufweist (Hübener/ Lobbedey 1964, 111ff.).

Verzierungen

Während die Gefäße in der Siedlung Ulm-Eggingen, Lippenöschle durchgehend unverziert sind, sind im Ulmer Stadtgebiet und vor allem auf dem merowingerzeitlichen Gräberfeld Ulm, Kienlesberg sehr vielfältige Verzierungen auszumachen:

  • Wellenlinien
  • Dellen
  • Horizontallinien
  • Wellenbänder, kombiniert mit Horizontallinien
  • Einzelstempel und einfache Einstiche

Varianten

Ähnliche Funde aus umliegenden Fundorten (z.B. Urspring, Breiter Weg) bleiben in einer Zuweisung oft unsicher und stellen evtl. Varianten dar.

Gefäßformen

Gefäßformen der Ulmer Gruppe (nach Gross 1989).

Vor allem sind hohen Töpfe bekannt, doch insgesamt ergibt sich eine erhebliche Variationsbreite mit Kannen, Krügen und Schüsseln. Neben dickwandigen Gefäßen treten auch solche mit einer dünenren Wandstärke auf.


Möglicherweise sind die im Bereich der östlichen schwäbischen Alb in merowingerzeitlichen Gräbern auftretenden Rippen- und Buckelgefäße zumindest teilweise im Zusammenhang zu sehen.

Bodenausbildung

In Ulm wurde am Übergang zum Boden eine Facettierung beobachtet.


Randformen

  • einfache gerundete Randbildungen

Das Formenspektrum umfasst vor allem Töpfe, für die ausgebogene Ränder kennzeichnend sind. Die Randpartie ist in einigen Fällen deutlich verdickt.

Verbreitung

  • Raum Ulm

wichtige Fundstelle


Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext

Bereits Hünener und Lobbedey (1964) konstatierten wechselnde Einflüsse sowohl von der rauwandige Drehscheibenware, als auch der reduzierend gebrannten geglätteten Knickwandware. Insgesamt stellten sie die Ulmer Gruppe jedoch in den Kontext der Kammstrichware.

Chronologie

Die Datierung der Ulmer Gruppe stützt sich auf das Vorkommen in den merowingerzeitliche Reihengräbern von Ulm, Kienlesberg, wobei dort aufgrund der frühen Untersuchung in der Mitte des 19. Jahrhunderts keine gesicherten Grabkontexte vorliegen. Es ist zudem unsicher, wie lange diese Keramik über das Ende der Beigabensitte hinaus produziert wurde.

Desweiteren wurde auf das stratigraphische Verknüpfung in Ulm, Weinhof mit Funden der Donzdorfer Ware verwiesen.

Einzelnachweise

Literatur

  • Gross 1989: U. Gross, Das Fundmaterial. In: C.-J. Kind (Hrsg.),Ulm-Eggingen. Die Ausgrabungen 1982 bis 1985 in der bandkeramischen Siedlung und der mittelalterlichen Wüstung. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 34 (Stuttgart 1989) 332–361.
  • Gross 2009: U. Gross, Drehscheibenware des frühen und hohen Mittelalters in Ulm. In: U. Gross/A. Kottmann/J. Scheschkewitz (Hrsg.), Frühe Städte – Frühe Pfalzen. Neue Forschungen zu zentralen Orten des Früh- und Hochmittelalters in Süddeutschland und der Nordschweiz. Ergebnisse eines Kolloquiums am 28. und 29. April 2009 im Rathaus zu Ulm. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg 58 (Stuttgart 2009) 51–58.
  • Hübener 1969: W. Hübener, Absatzgebiete frühgeschichtlicher Töpfereien in der Zone nördlich der Alpen. Beiträge zur Keramik der Merowingerzeit. Antiquitas R. 3, 6 (Bonn 1969).
  • Hübener/ Lobbedey 1964: W. Hübener/U. Lobbedey, Zur Struktur der Keramik in der späten Merowingerzeit. Beobachtungen an süddeutschen Grab-und Siedlungsfunden. Bonner Jahrb. 164, 1964, 88-129.
  • Koch 1993: R. Koch, Keramik des frühen und hohen Mittelalters aus Bayerisch-Schwaben. In: Forschungen zur Geschichte der Keramik in Schwaben. Arbeitsh. Bayer. Landesamt Denkmalpfl. 58 (München 1993) 119-128.
  • Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).
  • Lobbedeey 1972: U. Lobbedey, Keramik. In: G.P. Fehring (Hrsg.), Unterregenbach. Kirchen, Herrensitz, Siedlungsbereiche. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. I (Stuttgart 1972) 184-206.
  • Maier 1994: K. H. Maier, Eine mittelalterliche Siedlung auf Markung Urspring (Gemeinde Lonsee, Alb-Donau-Kreis). Materialh. Arch. Bad.-Württ. 23 (Stuttgart 1994).
  • Scholkmann 1981: B. Scholkmann, Die Grabungen in der evangelischen Mauritiuskirche zu Aldingen, Landkreis Tuttlingen. In: Forschungen und Berichte zur Archäologie des Mittelalters in Baden-Würltemberg 7 (Stuttgart 1981) 223-302.
  • Schmid 1992: D. Schmid, Das alamannische Gräberfeld von Schelklingen, Alb-Donau-Kreis. Fundber. Bad.-Württ. 17/1, 1992, 441–519.
  • Stegmaier 2001: G. Stegmaier, Früh- bis hochmittelalterliche Siedlungsreste aus Tübingen-Unterjesingen. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2001, 183–185.