Albware (Schwäbische Alb/ mittleres Neckarland, HMa)
Diese nachgedrehte Ware ist im nordwestlichen Albvorland sowie auf der mittleren und westlichen Alb verbreitet.
Forschungsgeschichte
Die Warenart wurde erstmalig von B. Scholkmann (1978, 66) in Sindelfingen als "reduzierend gebrannte, grob oder mit Kalkspat gemagerte Ware" ausgesondert, wobei sie anhand der Scherbenbeschaffenheit zwei Varianten unterscheiden konnte. Entsprechende Funde aus der Esslinger Dionysius-Kirche waren von Lobbedey 1968 (s.a. Lobbedey 1995) noch nicht als eigenständige Warenart erkannt worden. Die etwas unglückliche Bezeichnung als Albware (Begriff von Hübener 1969 bereits anderweitig verwendet; Alb nur Teil des Verbreitungsgebiets) geht auf Ch. Bizer zurück, der in mehreren Arbeiten eine chronologische Gliederung in zuletzt vier Phasen entwickelte, die Frühe, Ältere, Mittlere und Jüngere Albware (Bizer 1985; Bizer 1987; Bizer/Götz 2004, 28ff.).
andere Bezeichnungen
- "reduzierend gebrannte, grob oder mit Kalkspat gemagerte Ware" (Scholkmann 1978, 66)
- nachgedrehte kalkspatgemagerte Irdenware (Ade 2018, 275)
Charakteristika
Sie ist hart gebrannt, meist hellgrau oder braun und mit deutlichen Kalkpartikeln - oder seltener sandig - gemagert. Kennzeichnend ist ein kurzer Schrägrand, der ohne Hals auf einem weitausladenden Gefäß sitzt. Daneben treten seltener einfache ausgebogene Lippenränder auf. Gängige Verzierung sind Wellenlinien. Von anderen nachgedrehten Waren ist die Albware v.a. durch ihre relativ dicke Wandung unterscheidbar. Steile Ränder und eine enge, hohe Wellenlinienverzierung sind charakteristisch für die frühen Formen der älteren Albware (ebd. 144 f.).
Gefäßformen
Neben bauchigen Töpfe treten vereinzelt Tüllenkannen mit schulterständigen Ösenhenkeln (vgl. Gross 1991, 60), Schalen und Schüsseln sowie Deckel auf. Hinzuweisen ist auf Bodenzeichen und recht häufige Flickungen.
Chronologie
Chronologisch läuft sie in ihrer typischen (älteren) Ausprägung etwa parallel zur älteren gelben Drehscheibenware des Typs Jagstfeld und datiert nach bisherigen Vorstellungen etwa in das 11./12. Jahrhundert.
Die hier als Mittlere Albware bezeichneten Formen rechnete Bizer zuvor (Bizer 1981) mit zur Jüngeren Albware. Die Beizeichnung Ältere bzw. Jüngere Albware setzte sich in der Literatur durch und wurde u.a. von Gross, Brenner, Jenisch und Schmid benutzt. Bei den als Jüngere Albware bezeichneten Formen handelt es sich um kalkspatgemagerte jüngere Drehscheibenware, streng genommen also nicht mehr um Albware im engeren Sinne. Verschiedentlich konnte Keramik beobachtet werden, die als Vor- oder Frühform der Albware aufzufassen ist (Bizer/Götz 2004, 28f.; Gross 1991, 145).
Eine Zisternenverfüllung vom Rottweiler Königshof, die erst nach 1198 (Dendrodatum der Einfassung) entstanden sein kann, zeigt neuerdings, dass die ältere Albware auch noch im frühen 13. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielt (Gildhoff 1992, 317).
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet umfasst die Schwäbische Alb sowie deren nördliches Vorland bis hin zu Neckar und Enz (Schäfer/Gross 1983). Schwerpunkte scheint es entlang der Donau im Bereich von Mühlheim bis Sigmaringen zu geben. Die typische Albware mit ihrer Kalksprenkelung und ihren kantigen, abgestrichenen Rändern ist in Ulm nur mit wenigen Exemplaren vertreten. Diese gehören überwiegend zu der im Randbereich der Albware auftretenden sandgemagerten Variante. In Ulm dürfte es sich um Importe aus den Regionen westlich, möglicherweise auch südwestlich handeln.
https://www.google.com/maps/d/edit?mid=1Q9-Kl3yTsvJg1S7q-RJUJmeeutM&usp=sharing
Die Albware schließt sich mit der nördlich anschließenden älteren grauen Drehscheibenware weitgehend aus (Abb. #221).
In Kirchheim/Teck konnte eine lokale Spätform ausgesondert werden (Baur 1997, 28 f.). In den Randgebieten der Verbreitung, an der Enz (Lutz/ Gross 1993), in Ulm, Ravensburg (Ade-Rademacher 1993) und auch Konstanz sind hinsichtlich des Formenbestandes, nicht jedoch bezüglich der Scherbenbeschaffenheit (sog. sandgemagerte Variante) verwandte Warenarten bekannt. In dieses Umfeld ist auch eine nachgedrehte Ware zu stellen, die aus Hilzingen-Weiterdingen im Hegau und der Wüstung Berslingen bei Schaffhausen bekannt geworden ist (Schnyder 1991; Aufdermauer 1992).
Literaturhinweise
- Ade-Rademacher 1993: D. Ade-Rademacher, Die mittelalterlichen und neuzeitlichen Befunde und Funde der Veitsburg. In: D. Ade-Rademacher/R. Rademacher (Hrsg.), Der Veitsberg bei Ravensburg. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Baden-Württemberg 16 (Stuttgart 1993) 58-136.
- Aufdermauer 1992:
- Baur 1997: M. Baur, Grabung Krautmarkt 1986/87 Kirchheim unter Teck. Vorbericht zu den früh- und hochmittelalterlichen Siedlungsperioden. Schriftenreihe Stadtarchiv Kirchheim unter Teck 21, 1997, 9-60.
- Bizer 1981: Ch. Bizer, Burgruine Wielandstein. Auswertung und Dokumentation der Kleinfunde. Burgen und Schlösser 22, 1981, 11-63.
- Bizer 1985: Ch. Bizer, Burg Veringen. Auswertung und Dokumentation der Kleinfunde. In: E. Zillenbiller (Hrsg.), Stadtwerdung im Landkreis Sigmaringen. Burg und Stadt Veringen (Sigmaringen 1985) 192-250.
- Bizer 1987:
- Bizer/Götz 2004:
- Gildhoff 1992: C. Gildhoff, Archäologische Untersuchungen zur Frühgeschichte der Stadt Rottweil. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1992, 314–320.
- Gross 1991: U. Gross, Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und schwäbischer Alb. Bemerkungen zur räumlichen Entwicklung und zeitlichen Gliederung. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Baden-Württemberg 12 (Stuttgart 1991).
- Hübener 1969: W. Hübner, Absatzgebiete frühgeschichtlicher Töpfereien in der Zone nördlich der Alpen. Beiträge zur Keramik der Merowingerzeit. Antiquitas R. 3,6 (Bonn 1969).
- Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich aus Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).
- Lobbedey 1995: U. Lobbedey, Die Funde mittelalterlicher Keramik. In: G.P. Fehring/B. Scholkmann (Hrsg.), Die Stadtkirche St. Dionysius in Esslingen I. Forsch. u. Ber. Arch. Baden-Württemberg 13/1 (Stuttgart 1995) 245-268.
- Lutz/Gross 1993:
- Schäfer/Gross 1983:
- Schnyder 1991:
- Scholkmann 1978: B. Scholkmann, Sindelfingen/Obere Vorstadt. Eine Siedlung des hohen und späten Mittelalters. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Baden-Württemberg 3 (Stuttgart 1978).