Einglättverzierte Keramik (VwZ)
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In der Völkerwanderungszeit tritt gelegentlich eine meist scheibengedrehte und reduzierend gebrannte Keramik mit Einglättverzierung auf, bei der auf einer ansonsten matten Oberfläche einzelne Linien geglättet wurden. Sie zeigt Beziehungen nach Ostmitteleuropa.
Charakteristika
Im Einzelfall kann eine Abgrenzung gegenüber spätlatènezeitlicher oder merowingerzeitlicher einglättverzierter Ware problematisch sein.
Varianten
Mit verbessertem Forschungsstand wird zunehmend deutlich, dass innerhalb der einglättverzierten Keramik verschiedene Gruppen differenziert werden müssen, die freilich nicht immer klar voneinander zu trennen sind.
- eine südwestdeutsche Gruppe ab, die donauländisch beeinflusst, regional produziert wurde. Ein Produktionsnachweis liegt mit dem Fund eines Töpferofens aus der Wüstung Sülchen bei Rottenburg vor. Funde vom [Bad Urach, Runder Berg|Runden Berg bei Urach]] stimmen nach mineralogischen Analysen nicht mit den formal gut vergleichbaren Sülchener Funden überein, sind aber ebenfalls regionaler Herkunft.
- die donauländische einglättverzierte Ware, die auf den österreichischen Raum verweist, aber auch in spätantikem Kontext entlang des Donau-Limes in Bayern (z.B. Passau, Passau-Niedernburg, Kloster Heiligkreuz)
- Einglättverzierte thüringische Drehscheibenware (VwZ, Thüringen)
Von diesen völkerwanderungszeitlichen, v.a. ins 5. Jahrhndert zu datierenden einglättverzierten Waren sind zudem jüngere Gruppen aus der Merowingerzeit zu differenzieren (Gross 2001a):
- die einglättverzierten Knickwandgefäße des oberen Donau- und westlichen Bodenseeraumes des späten 6. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts, für die eher norditalienische (langobardische) Einflüsse als Zusammenhänge mit den mitteldeutschen völkerwanderungszeitlichen Vorkommen erwogen werden.
- die burgundischen Bechern des 7. Jahrhunderts, auf denen ebenfalls Einglättverzierung auftritt
kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext
Die einglätverzierte Keramik wird aus dem mittleren Donauraum (Niederösterreich, Westungarn, Slowakei, Mähren - v.a. sog. Murga-Keramik) abgeleitet (Tejral 1985; Gross 1992). Sie wurde verschiedentlich und unterschiedlich mit ethnischen Deutungen versehen (vgl. Vagalinski 1997); gelegentlich werden Verbindungen zu den Hunnen gezogen (Koch 1991).
Chronologie
Die meisten Funde gehören ins 5. Jahrhundert, doch scheinen die Anfänge bereits im 4. Jahrhundert zu liegen. Dahingehend wurden Funde aus dem spätantiken Kastell Intercisa (Dunaújvárosi járás, Ungarn) interpretiert.
Verbreitung
Ein gewisser Schwerpunkt dieser Keramik zeichnet sich in Mitteldeutschland ab, wobei die dortige einglättverzierte thüringische Drehscheibenware (VwZ, Thüringen) mit Funden auch im fränkischen, alamannischen und bajuwarischen Raum auftritt (Gross 2001) - bisweilen allerdings als handgeformte Imitation. In einigen Fällen ist eine Umsetzung der Verzierung auf heimische Formen (Terra-Nigra-Derivate) zu sehen. In Südwestdeutschland sind Funde in gar nicht so geringer Zahl vorhanden. Zu nennen sind hier der Runde Berg bei Urach (Spors-Gröger 2000) sowie ein Grab des mittleren 5. Jahrhunderts aus Edingen-Neckarhausen (Spors-Gröger 1997, 107).
Herstellungsnachweise
Eine Produktion einglättverzierter Keramik in „donauländischer“ Art ist in Rottenburg-Sülchen gesichert, wo ein Töpferöfen ergraben wurde (Gross/ Schmidt 2004; Gross 2008).
Literatur
- Beninger 1931
- Gross 1992: U. Gross, Zur rauhwandigen Drehscheibenware der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters. Fundber. Bad.-Württ. 17, 1992, 423-440.
- Gross 2001: U. Gross: Das Gefäß aus Grab 65 von Heidelberg-Kirchheim und die einglättverzierte thüringische Drehscheibenkeramik in Südwestdeutschland. Archäologische Nachrichten aus Baden 64. 2001, 32–39 - <http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/743/1/Gross_Gefaess_Grab_65_Heidelberg_Kirchheim_2001.pdf>
- Gross 2001a: U. Gross, Einglättverzierte Knickwandgefäße des oberen Donau- und westlichen Bodenseeraumes. Zu einer Regionalgruppe der merowingerzeitlichen Keramik. Fundber. Bad.-Württ. 25, 2001, 825–830.
- Gross 2008: U. Gross, Sülchen als Produktionsstätte donauländischer Keramik des 5. Jhs. [Vortrag gehalten im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaft für Archäologie in Württemberg und Hohenzollern e.V., Tübingen 4. Juli 2008]). - https://doi.org/10.11588/artdok.00001982
- Gross/ Schmidt 2004: U. Gross/E. Schmidt, Archäologische Untersuchungen im Randbereich des abgegangenen Dorfes Sülchen bei Rottenburg. Der Sülchgau 47/48, 2003/2004, 1-14.
- Koch 1991: U. Koch, Hunnenzeitlicher Fund von Offenau, Kreis Heilbronn. Fundber. Bad.-Württ. 16, 1991, 579-583.
- Pocsy 1957:
- Schmidt 1961: B. Schmidt, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland. Veröff. Landesmus. Vorgesch. Halle 18 (Halle 1961).
- Spors-Gröger 1993: S. Spors-Gröger, Die handgemachte frühalamannische Keramik aus den Plangrabungen 1967-1985. Der Runde Berg bei Urach XI (Sigmaringen 1993).
- Spors-Gröger 2000: S. Spors-Gröger, Die donauländische Gebrauchskeramik des 4./5. Jahrhunderts und ihre Beziehungen zu den Gruppen 5, 8, 9 vom Runden Berg. Fundber. Bad.-Württ. 24, 2000, 369–452.
- Tejral 1985: J. Tejral, Spätrömische uud Völkerwanderungszeitliche Drehscheibenkeramik in Mähren. Arch. Austriaca 69, 1985, 105-145.
- Vagalinski 1997; L.F. Vagalinski, Der Zustand der Forschungen nach der spätrömischen und völkerwanderungszeitlichen Drehscheibenkeramik mit eingeglätteter Verzierung in Europa. Archaeologia Bulgarica, 1,1, 1997, 38-46