Polierte jüngere graue Drehscheibenware (Ulmer Raum, SMa)

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Eine polierte, fälschlicherweise häufig als graphitiert bezeichnete Variante der jüngeren grauen Drehscheibenware übernimmt im spätmittelalterlichen Ulm die Rolle der Feinkeramik, die im benachbarten Neckarland der rotbemalten schwäbischen Feinware zukommt.

Charakteristika

Die Warenvariante ist im Vergleich zur regionalen jüngeren Drehscheibenware tendenziell etwas feiner gemagert.

Oberflächenbeschaffenheit

Die Oberfläche ist sorgfältig poliert. Selten sind einzelne Streifen von der Politur mit einem Hölzchen oder Stein zu erkennen. Ein Krug aus Geislingen an der Steige zeigt eine Verwitterung an der Oberfläche, durch die sich die verdichteten und daher reistenteren Glättstreifen deutlich abzeichnen (Abb.).

Geislingen, Hauptstraße 36/1: Polierte jüngere graue Drehscheibenware (Ulmer Raum, SMa) (Kreisarchäologie Göppingen, Foto R. Schreg 2024)

Formen

Sie kennt vor allem Miniaturgefäße und ein am Tafelbedarf orientiertes Formenrepertoire. Eine typische Form ist die gekehlte Karniesrandschale. Die Mehrzahl der aus Ulm bekannten Aquamanilien rechnen zu dieser polierten jüngeren grauen Drehscheibenware - insbesondere schheinen die 2023 entdeckten Aquamanilien der Fundstelle Ulm, Olgastraße 121 allesamt zugehörig (Harding/ Scheschkewitz 2924).

Verbreitung

Im benachbarten Dorf Thalfingen spielt diese Variante offenbar eine deutlich geringere Rolle als in der Stadt Ulm (vgl. Ambs 2002), im ulmischen Geislingen (Lang/Schreg 1997, 15) und zahlreichen Dörfern der Ulmer Alb ist diese polierte Ware jedoch weit verbreitet. Sie dürfte noch bis ins 16. Jahrhundert üblich gewesen sein.


In der Töpferei von Remshalden-Buoch wurde neben der klassischen rotbemalten schwäbischen Feinware auch eine graue geglättete Feinware produziert, die vorrangig Becher und Krüge umfasste. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Funde aus der Ulmer Gegend hier zuzuweisen sind, doch zeigt sich die Austauschbarkeit von rotbemaltem und grauem, geglättetem Tafelgeschirr.

Vorkommen


Polierte jüngere graue Drehscheibenware ist auch aus Ravensburg, Konstanz und Basel bekannt. Inwiefern hier en detail vergleichbare Formenspektren und Herstellungstechniken vorliegen, die an überregionale Produktionszentren denken lassen könnten, ist derzeit offen.

Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext

Die polierte jüngere Drehscheibenware übernimmt die Rolle des feinen Tafelgeschirrs und dürfte ein Indikator für etwas wohlhabendere Haushalte sein. Funde liegen allerdings nicht nur imstädtischen Kontext vor.


Literaturhinweise

  • Ambs 2002: R. Ambs, Die Pfarrkirche St. Laurentius in Thalfingen. Berichte zur Archäologie im Landkreis Neu-Ulm und in den angrenzenden Gebieten 3 (Neu-Ulm 2002).
  • Bräuning/Schreg 1998: A. Bräuning/R. Schreg, Die Keramikfunde - ein Exkurs. In: A. Bräuning (Hrsg.),Um Ulm herum. Untersuchungen zu mittelalterlichen Befestigungsanlagen in Ulm. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 23 (Stuttgart 1998) 67–79.
  • Harding/ Scheschkewitz 2024: S. Harding/ J. Scheschkewitz, Überraschung unter der Ulmer Bastion "Mitteleck". Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2023 (2024), 254-258.
  • Lang/Schreg 1997: W. Lang/R.Schreg, Neues aus dem Geislinger Untergrund. Grabungen auf dem Gelände der Alten Post. Hohenstaufen/ Helfenstein. 7, 1997, 1-32
  • Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).
  • Schreg 19.11.2012: R. Schreg, Gekehlte Karniesrandschalen. Archaeologik, 19.11.2012. - https://archaeologik.blogspot.com/2012/11/gekehlte-karniesrandschalen.html