Flacht, Friedhofstraße 17
Flacht (Gde. Weissach) Lkr. Böblingen, Friedhofstraße 17.
Lage
Flacht liegt etwa 8 km nördlich von Renningen im Strohgäu auf einer Höhe von 404 m ü. N.N. Der Ort liegt in einem leichten Tälchen, im Quellbereich des Strudelbaches, der nach Norden zur Enz entwässert, und ist ein typisches Haufendorf, das sich um die Kirche gruppiert.
Etwas südöstlich oberhalb des spätmittelalterlichen Dorfes liegt eine Siedlungsstelle, in deren Nachbarschaft aufgrund eines Flurnamens eine ehemalige Burg vermutet wird.
An zwei Stellen wurden nahe dem Ort Grabfunde gemacht. 150 m östlich der Kirche wurden bereits im letzten Jahrhundert Gräber aufgedeckt, die Eisenwaffen enthalten haben sollen. Am südlichen Ortsrand liegen beigabenlose, Ost–West orientierte Bestattungen. Als Einzelfund war hier früher ebenfalls eine „Eisenwaffe“ gefunden worden. Aussagen über diese Bestattungsplätze verbieten sich bei diesem Kenntnisstand, doch können sie ebenso auf den Siedlungsplatz oberhalb des späteren Dorfes wie auf dieses selbst bezogen werden.
Ortsgeschichte
1293 wird Flacht erstmals erwähnt. Die Ortsgeschichte zeigt enge Verbindungen zum 1,8 km nördlich gelegenen Weissach. In der Umgebung sind mehrere Wüstungen bekannt, so Lauschenhofen und Bonlanden. Sie liegen in einer Entfernung von jeweils über 1 km.
Forschungsgeschichte
Bis zu einer Grabung 2021 in der Friedhofstraße 17 lagen aus Flacht nur Lesefunde und Baustellenbeobachtungen vor, die bei Schreg 2006 als Grundlage eines ersten Überblicks zur Siedlungsentwicklung des Orts dienten.
- Erweiterung Friedhof: Siedlung - Lit.: Fundber. Baden-Württemberg 5, 1980, 282 (1); Gross 1991, 186.
- Friedhofstr. 11: Siedlung - Lit.: Fundber. Baden-Württemberg 5, 1980, 282 (2); Gross 1991, 186.
- Obere Lindstraße 191: kleines Gräberfeld - Südöstl. Ortsrand: beigabenlose Bestattungen, Einzelfunde einer „Eisenwaffe“. - Lit.: Fundber. Schwaben N.F . 15, 1959, 183.
- Haus Maurer Müller: Gräberfeld 0,15 km O Kirche. - Lit.: Veeck, Alamannen 222.
- Hauptstr. 20 - Lit.: Fundber. Baden-Württemberg 8, 1983, 426.
- Bergstraße 4 - Funde bei Baumaßnahmen im Sommer 2000 durch E. Bernt. Befunde wurden abgesehen von einer angeziegelten Stelle nicht beobachtet. - Lit.: Schreg 2006, Abb. 93 (Auswahl der Funde).
Befundsituation
2021 konnte in der Friedhofstraße 17 ein Siedlungsausschnitt untersucht werden. Dabei wurdne mehrere Grubenhäuser, Pfostenbefunde und ein relativ gut erhaltener stehender Töpferofen mit Lochtenne gefunden. Der Ofen wird aufgrund der Keramik ins 7. Jahrhundert datiert.
Keramikfunde
Friedhofstraße 17
Laut Vorbericht (Aust u.a. 2022) wurden im Brennraum des stehenden Ofens mit Lochtenne Gefäße der letzten, mislungenen Brennladung gefunden, die sehr grob mit Quarz und Glimmer gemagert war und sehr dicke Wandungen und Böden aufweist. Das Formenspektrum umfasst v.a. Wölbwandtöpfe der rauwandigen Drehscheibenware mit sehr unterschiedlichen Randformen. Neben einfachen Wulsträndern trete "ausbiegende Rände"r sowie "unterschnittene, im Profil dreieckige Leistenränder" kommen auch Deckelfalzränder vor. Henkelfragmente deuten zudem auf die Produktion von Kannen.
Die übrigen Funde der Ausgrabung umfassen überwiegend ebenfalls rauwandige Drehscheibenware, etwas frühmittelalterliche handgemachte Ware, und wiederum in größerer Zahl Ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, FMa/HMa) insbesondere der Typen Kirchhausen und Jagstfeld, wohingegen Ränder vom Typ Runder Berg relativ selten vorhanden sind.
weitere Fundstellen in der Umgebung
Im Bereich des modernen Friedhofes, außerhalb des Dorfetters, wurden neben Funden und Befunden eines römischen Gutshofes ältere gelbe Drehscheibenware des Typs Kirchhausen, einige Fragmente handgemachter Keramik sowie ein Boden der rauwandigen Drehscheibenware gefunden.
Eine Fundstelle in der Friedhofstraße 11 lieferte ein Fundspektrum mit mehreren Fragmenten von Knickwandkeramik und rauwandiger Drehscheibenware, die eine Besiedlung der Merowingerzeit anzeigen. Mit älterer gelber Drehscheibenware der Typen Kirchhausen, Runder Berg und Jagstfeld sowie brauner, meist rillenverzierter rauwandiger Drehscheibenware, Albware, gröberer nachgedrehter Ware und einigen Leistenränder, die möglicherweise bereits auf der schnelllaufenden Drehscheibe hergestellt wurden, ist eine nachmerowingische Besiedlung bis ins 12./13. Jahrhundert nachweisbar.
Im Ort selbst liegen zwei Fundstellen mit mittelalterlicher Keramik. Die eine ist nur aus einer knappen Fundnotiz bekannt, die lediglich ein Webgewicht aus braunem Ton erwähnt. Die andere in der Bergstraße 10 nordöstlich der Kirche umfasst ein Keramikspektrum, das überwiegend aus älterer gelber Drehscheibenware besteht. Es dominieren Ränder der Form Jagstfeld, doch belegen ein dickwandiger Boden und ein Rand der Form Runder Berg auch eine ältere Siedlungstätigkeit.
Literatur zur Fundstelle
- Aust u.a. 2022: M. Aust/ K. Conrad/ R. Gresiak/ D. Brenner/ U. Gross, Textilhandwerker und Töpferöfen - Früh- bis hochmittelalterliche Siedlungsreste aus Flacht. Arch. Ausgr. Bad. Württ. 2021 (2022), 253-257.
- Fundber. Baden-Württemberg 5, 1980, Taf. 209 E
- Fundber. Baden-Württemberg 8, 1983 Taf. 206 B
- Schreg 2006: R. Schreg, Dorfgenese in Südwestdeutschland. Das Renninger Becken im Mittelalter. Materialh. Arch. Baden-Württemberg 76 (Stuttgart 2006), 215-217