Schalkstetten, Untere Wiesen: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Siedlung liegt in einem seit den 1960er Jahre stetig ausgebautem Neubaugebiet südlich des alten Ortsbereichs. Hier befand sich in früherer Zeit eine kleine Quelle, die indes schon lange nicht mehr regelmäßig schüttet. Diese im Karst ungewöhnliche Quelle hängt mit dem lokalen Grundwasservorkommen im Bereich der Juranagelfluh zusammen, einer alten miozänen lehmig-kiesigen Talfüllung, die heute in Reliefumkehr einen Höhenrücken bildet.
 
Die Siedlung liegt in einem seit den 1960er Jahre stetig ausgebautem Neubaugebiet südlich des alten Ortsbereichs. Hier befand sich in früherer Zeit eine kleine Quelle, die indes schon lange nicht mehr regelmäßig schüttet. Diese im Karst ungewöhnliche Quelle hängt mit dem lokalen Grundwasservorkommen im Bereich der Juranagelfluh zusammen, einer alten miozänen lehmig-kiesigen Talfüllung, die heute in Reliefumkehr einen Höhenrücken bildet.
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==Ortsgeschichte==
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Schalkstetten wurde 1091 erstmals erwähnt. Der Ortsname Schalkstetten gehört mit seiner Endung auf -stetten zu einer jüngeren frühmittelalterlichen Namensschicht. Er bedeutet „Siedlung des Scalc“ (Personenname) oder Siedlung des freigelassenen Knechtes (mhd. Schalk = Knecht, Sklave, Diener).
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Im Spätmittelalter kam Schalkstetten in die Hand der Recihsstadt Ulm, die 1415 das sog. helfensteiner Urbar anlegten. Darin wird der Landgraben belegt, eine Befestigungslinie, die von Nordwesten auf das Dorf hinzieht. Damals lagen am südlichen Ortsrand einige brachliegende Höfe, die die Frage aufwerfen, ob sich damit die letzte Phase der Aufgabe der südlich des Ortes liegenden Siedlungsareals spiegeln. Hier zeigt die Fundverteilung, dass es eine allmählich Verlagerung der Siedlung hangaufwärts gab.
   
 
==Forschungsgeschichte==
 
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Die Siedlungsbefunde sind schlecht dokumentiert, da Albert Kley auf Jahrzehnte lediglich die Baugruben beobachten konnte. Immer wieder konnte er Pfostengruben und Gräbchen feststellen, doch fehlen eindeutige Hinweise auf die sonst üblichen Grubenhäuser. Eine systematische Grabung im Jahr 2005 zeigte, dass in der überall über der Juranagelfluh angetroffenen "Dunkelschicht" originale Kulturschichtbildungen ebenso vorhanden sein können, wie verlagertes Material. Im Bereich der Ausgrabungen wie auch bei den älteren Beobachtungen wurde über dieser schwarzen Schicht eine hellere, braune, wohl kolluviale Deckschicht festgestellt.
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Die Siedlungsbefunde in den Unteren Wiesen sind schlecht dokumentiert, da Albert Kley auf Jahrzehnte lediglich die Baugruben beobachten konnte. Immer wieder konnte er Pfostengruben und Gräbchen feststellen, doch fehlen eindeutige Hinweise auf die sonst üblichen Grubenhäuser. Eine systematische Grabung im Jahr 2005 zeigte, dass in der überall über der Juranagelfluh angetroffenen "Dunkelschicht" originale Kulturschichtbildungen ebenso vorhanden sein können, wie verlagertes Material. Im Bereich der Ausgrabungen wie auch bei den älteren Beobachtungen wurde über dieser schwarzen Schicht eine hellere, braune, wohl kolluviale Deckschicht festgestellt.
 
Die Grabungen 2005 erbrachten einen nicht ganz vollständigen frühmittelalterlichen Hausgrundriss, aus dessen Umfeld merowingerzeitliche Keramikfunde stammen.
 
Die Grabungen 2005 erbrachten einen nicht ganz vollständigen frühmittelalterlichen Hausgrundriss, aus dessen Umfeld merowingerzeitliche Keramikfunde stammen.
   
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==Keramik==
 
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Das Keramikspektrum der Siedlung ist sehr variantenreich. Die ältesten Funde - von vorgeschichtlichem Material des Jungneolithikums, der Urnenfelder- und Hallstattzeit einmal abgesehen - datieren noch in die frühe Merowingerzeit, charakterisiert durch [[Knickwandschale]]n und [[Deckelfalztopf|Deckelfalztöpfe]] des Typs Alzei 27.
 
Das Keramikspektrum der Siedlung ist sehr variantenreich. Die ältesten Funde - von vorgeschichtlichem Material des Jungneolithikums, der Urnenfelder- und Hallstattzeit einmal abgesehen - datieren noch in die frühe Merowingerzeit, charakterisiert durch [[Knickwandschale]]n und [[Deckelfalztopf|Deckelfalztöpfe]] des Typs Alzei 27.
   
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Es fehlen die Albware, deren Hauptverbreitungsgebiet weiter südwestlich liegt. Spärlich vorhanden sind Funde der Jüngeren grauen Drehscheibenware sowie der rotbemalten Feinware, die wohl in eine Zeit gehören, als der Südhang nicht mehr besiedelt war.
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Es fehlen die Albware, deren Hauptverbreitungsgebiet weiter südwestlich liegt. Spärlich vorhanden sind Funde der Jüngeren grauen Drehscheibenware sowie der rotbemalten Feinware, die wohl in eine Zeit gehören, als der Südhang nicht mehr besiedelt war.
 
   
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Datei:Schalkstetten 14 DSC03175 - Kopie.JPG|Schalkstetten (Gde. Amstetten, Alb-Donau-Kreis), Untere Wiesen: Grabung 2005, rauwandige Drehscheibenware Donzdorfer Art mit Craquelée (Foto: R. Schreg)
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==Literatur zur Fundstelle==
 
==Literatur zur Fundstelle==
 
*Schreg 1999: R. Schreg, Die alamannische Besiedlung des Geislinger Talkessels (Markungen Altenstadt und Geislingen, Stadt Geislingen a.d. Steige, Lkr. Göppingen). Fundber. Bad.-Württ. 23, 1999, 385–617. bes. S. 515
 
*Schreg 1999: R. Schreg, Die alamannische Besiedlung des Geislinger Talkessels (Markungen Altenstadt und Geislingen, Stadt Geislingen a.d. Steige, Lkr. Göppingen). Fundber. Bad.-Württ. 23, 1999, 385–617. bes. S. 515
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*Schreg / Behrendt 2011: R. Schreg / S. Behrendt, Phosphatanalysen in einem frühmittelalterlichen Haus in Schalkstetten (Gde. Amstetten, Alb-Donau-Kreis). Arch. Korrbl. 41,2, 2011, 263–272.
 
*Schreg / Behrendt 2011: R. Schreg / S. Behrendt, Phosphatanalysen in einem frühmittelalterlichen Haus in Schalkstetten (Gde. Amstetten, Alb-Donau-Kreis). Arch. Korrbl. 41,2, 2011, 263–272.
   
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[[Datei:Schalkstetten 14 DSC03175 - Kopie.JPG|center|thumb|300px|Schalkstetten (Gde. Amstetten, Alb-Donau-Kreis), Untere Wiesen: Grabung 2005, rauwandige Drehscheibenware Donzdorfer Art mit Craquelée (Foto: R. Schreg)]]
 
   
 
[[Kategorie:Fundstellenregest]]
 
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Aktuelle Version vom 1. August 2025, 14:05 Uhr

Schalkstetten (Gde. Amstetten, Alb-Donau-Kreis)

Untere Wiesen

früh- bis hochmittelalterliche Siedlung

Achtung Grabung.jpgDieser Artikel ist noch unvollständig und erfordert ggf. Korrekturen und Ergänzungen.
Schalkstetten, Untere Wiesen: Lage der früh- bis hochmittelalterlichen Siedlung im Bereich des Neubaugebiets am Südhang (Foto: R. Schreg, 2024)

Lage

Die Siedlung liegt in einem seit den 1960er Jahre stetig ausgebautem Neubaugebiet südlich des alten Ortsbereichs. Hier befand sich in früherer Zeit eine kleine Quelle, die indes schon lange nicht mehr regelmäßig schüttet. Diese im Karst ungewöhnliche Quelle hängt mit dem lokalen Grundwasservorkommen im Bereich der Juranagelfluh zusammen, einer alten miozänen lehmig-kiesigen Talfüllung, die heute in Reliefumkehr einen Höhenrücken bildet.

Ortsgeschichte

Schalkstetten wurde 1091 erstmals erwähnt. Der Ortsname Schalkstetten gehört mit seiner Endung auf -stetten zu einer jüngeren frühmittelalterlichen Namensschicht. Er bedeutet „Siedlung des Scalc“ (Personenname) oder Siedlung des freigelassenen Knechtes (mhd. Schalk = Knecht, Sklave, Diener). Im Spätmittelalter kam Schalkstetten in die Hand der Recihsstadt Ulm, die 1415 das sog. helfensteiner Urbar anlegten. Darin wird der Landgraben belegt, eine Befestigungslinie, die von Nordwesten auf das Dorf hinzieht. Damals lagen am südlichen Ortsrand einige brachliegende Höfe, die die Frage aufwerfen, ob sich damit die letzte Phase der Aufgabe der südlich des Ortes liegenden Siedlungsareals spiegeln. Hier zeigt die Fundverteilung, dass es eine allmählich Verlagerung der Siedlung hangaufwärts gab.

Forschungsgeschichte

Am südlichen Ortsrand von Schalkstetten entdeckte Albert Kley 1964 erstmals frühmittelalterliche Keramik, die ihm auffiel, weil er wenige Jahre zuvor in Geislingen, Mühlwiesen eine frühmittelalterliche Siedlung identifizieren konnte und bei der Bergung des Töpferofens in Donzdorf, Hinterer Brühl beteiligt war. Mit dieser Kenntnis konnte er die bisher vorgeschichtlich oder als - damals uninteressant - spätmittelalterlich datierten Funde richtig zuordnen.

Die Beobachtungen erfolgten indes nur baubegleitend, so dass wenig über die innere Struktur der Siedlung bekannt ist. Erst im Jahr 2005 konnte eine erste Ausgrabung durchgeführt werden. Sie erfolgte als Lehrgrabung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen unter Leitung von Rainer Schreg. Die Funde wurden bislang in mehreren kurzen Berichten nur in Auswahl vorgelegt.


Befundsituation

Die Siedlungsbefunde in den Unteren Wiesen sind schlecht dokumentiert, da Albert Kley auf Jahrzehnte lediglich die Baugruben beobachten konnte. Immer wieder konnte er Pfostengruben und Gräbchen feststellen, doch fehlen eindeutige Hinweise auf die sonst üblichen Grubenhäuser. Eine systematische Grabung im Jahr 2005 zeigte, dass in der überall über der Juranagelfluh angetroffenen "Dunkelschicht" originale Kulturschichtbildungen ebenso vorhanden sein können, wie verlagertes Material. Im Bereich der Ausgrabungen wie auch bei den älteren Beobachtungen wurde über dieser schwarzen Schicht eine hellere, braune, wohl kolluviale Deckschicht festgestellt. Die Grabungen 2005 erbrachten einen nicht ganz vollständigen frühmittelalterlichen Hausgrundriss, aus dessen Umfeld merowingerzeitliche Keramikfunde stammen.

Am Nordostrand der Siedlung konnte Albert Kley die Reste eines Töpferofens mit Lochtenne erfassen. Eindeutig als lokale Produkte erkennbare Keramikfunde liegen nicht vor, am ehesten ist an eine Herstellung von Keramik ähnlich der Donzdorfer Ware zu denken.

Keramik

Schalkstetten, Untere Wiesen: Keramik der Völkerwanderungs- und Merowingerzeit (nach Schreg 2009)

Das Keramikspektrum der Siedlung ist sehr variantenreich. Die ältesten Funde - von vorgeschichtlichem Material des Jungneolithikums, der Urnenfelder- und Hallstattzeit einmal abgesehen - datieren noch in die frühe Merowingerzeit, charakterisiert durch Knickwandschalen und Deckelfalztöpfe des Typs Alzei 27.

Es fehlen die Albware, deren Hauptverbreitungsgebiet weiter südwestlich liegt. Spärlich vorhanden sind Funde der Jüngeren grauen Drehscheibenware sowie der rotbemalten Feinware, die wohl in eine Zeit gehören, als der Südhang nicht mehr besiedelt war.

Literatur zur Fundstelle

  • Schreg 1999: R. Schreg, Die alamannische Besiedlung des Geislinger Talkessels (Markungen Altenstadt und Geislingen, Stadt Geislingen a.d. Steige, Lkr. Göppingen). Fundber. Bad.-Württ. 23, 1999, 385–617. bes. S. 515
  • Schreg 2005: R. Schreg, Grabungen in einer früh- bis hochmittelalterlichen Siedlung am Ortsrand von Schalkstetten (Gde. Amstetten, Alb-Donau-Kreis). Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 2005, 181–183.
  • Schreg 2007: R. Schreg, Albert Kley – der Archäologe. In: G. Currle / H. Gruber (Hrsg.), Viele Wege und ein Ziel. Albert Kley zum 100. Geburtstag (Geislingen 2007) 84–124.
  • Schreg 2008: R. Schreg, Die Erschließung der Siedlungslandschaft. In: D. Ade / B. Rüth / A. Zekorn (Hrsg.), Alamannen zwischen Schwarzwald, Neckar und Donau. Begleitbuch zur Wanderausstellung (Stuttgart 2008) 56–61.
  • Schreg 2009: R. Schreg, Das ländliche Umfeld des mittelalterlichen Ulm – eine umwelthistorisch-archäologische Perspektive. In: U. Gross / A. Kottmann / J. Scheschkewitz (Hrsg.), Frühe Städte – Frühe Pfalzen. Neue Forschungen zu zentralen Orten des Früh- und Hochmittelalters in Süddeutschland und der Nordschweiz. Arch. Inf. Bad.-Württ. 58 (Stuttgart 2009) 74–92.
  • Schreg 2009: R. Schreg, Die mittelalterliche Siedlungslandschaft um Geislingen - eine umwelthistorische Perspektive. In: H. Gruber (Hrsg.), "in oppido Giselingen…" 1108 - 2008. Acht Vorträge zum 900jährigen Jubiläum von Geislingen. Veröff. Stadtarchiv Geislingen 26 (Geislingen 2009) 9–96.
  • Schreg 2013: R. Schreg, Commons, cooperatives and village communes – geographical and archaeological perspectives on the role of rural lower classes in settlement restructuring at the Swabian Alb plateau. In: J. Klápště (Hrsg.), Hierarchies in rural settlements. Ruralia 9 (Turnhout 2013) 101–121.
  • Schreg 2020: R. Schreg, Die Kulturlandschaft der Ulmer Alb. Ein Produkt von Natur, Gesellschaft und Politik. Mitt. Dt. Ges. Arch. Mittelalter u. Neuzeit 33, 2020, 15–28.
  • Schreg / Behrendt 2011: R. Schreg / S. Behrendt, Phosphatanalysen in einem frühmittelalterlichen Haus in Schalkstetten (Gde. Amstetten, Alb-Donau-Kreis). Arch. Korrbl. 41,2, 2011, 263–272.