Albware (Schwäbische Alb/ mittleres Neckarland, HMa): Unterschied zwischen den Versionen
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Hinzuweisen ist auf Bodenzeichen und recht häufige Flickungen. |
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Version vom 3. November 2022, 00:54 Uhr
Die Albware ist eine meist mit Kalk gemagerte nachgedrehte Ware v.a. des 11./12. Jahrhunderts, die auf der mittleren und westlichen Schwäbischen Alb und - dort überwiegend mit Sand gemagert - im nördlichen Albvorland bis zum Schwarzwald verbreitet ist.
Forschungsgeschichte
Die Warenart wurde erstmalig von B. Scholkmann (1978, 66) in Sindelfingen, Obere Vorstadt als "reduzierend gebrannte, grob oder mit Kalkspat gemagerte Ware" ausgesondert, wobei sie anhand der Scherbenbeschaffenheit zwei Varianten unterscheiden konnte. Entsprechende Funde aus der Esslinger Dionysius-Kirche waren von Lobbedey 1968 (s.a. Lobbedey 1995) noch nicht als eigenständige Warenart erkannt worden. Die etwas unglückliche Bezeichnung als Albware (Begriff von Hübener 1969 bereits anderweitig verwendet; Alb nur Teil des Verbreitungsgebiets) geht auf Ch. Bizer zurück, der in mehreren Arbeiten eine chronologische Gliederung in zuletzt vier Phasen entwickelte, die Frühe, Ältere, Mittlere und Jüngere Albware (Bizer 1985; Bizer 1987; Bizer/Götz 2004, 28ff.).
Inzwischen sind verwandte Funde aus dem nordwestlichen Albvorland bekannt geworden, die ebenfalls als Albware gewertet werden, aber durch eine Sand- anstelle der Kalkmagerung auffallen (sog. sandgemagerte Variante der Albware). Mit der zunehmenden Auseinandersetzung mit hochmittelalterlicher Keramik im Bodenseeraum zwischen Schaffhausen und Konstanz wird auch dort eine nachgedrehte Ware (Bodenseeraum/ Hegau, HMa) fassbar, die hinsichtlich Verzierung und Randformen einige Ähnlichkeiten aufweist.
andere Bezeichnungen
- "reduzierend gebrannte, grob oder mit Kalkspat gemagerte Ware" (Scholkmann 1978, 66)
- nachgedrehte kalkspatgemagerte Irdenware (Ade 2018, 275)
Charakteristika
Sie ist hart gebrannt, meist hellgrau oder braun und mit deutlichen Kalkpartikeln gemagert.
Magerung
Aufgrund der dominierenden Magerungspartikel kann eine sand- von einer kalkspatgemagerten Variante unterschieden werden. Insbesondere im Bereich der Schwäbischen Alb sticht die oft starke und mittelgrobe Magerung mit Kalkpartikeln ins Auge. Im Albvorland ist hingegen die sandgemagerte Variante häufiger.
Von anderen nachgedrehten Waren ist die Albware v.a. durch ihre relativ dicke Wandung unterscheidbar.
Verzierungen
Gängige Verzierung sind Wellenlinien.
Steile Ränder und eine enge, hohe Wellenlinienverzierung sind charakteristisch für die frühen Formen der älteren Albware (Gross 1991, 144 f.).
Es sind wie bei anderen nachgedrehten Waren Bodenzeichen vorhanden.
Randformen
Formal ist ein kurzer Schrägrand kennzeichnend, der ohne Hals auf einem weitausladenden Gefäß sitzt. Häufig lässt sich erkennen, dass er angesetzt und mit den Fingern innen angedrückt ist. Die Randzone ist daher innen häufig etwas verdickt. Daneben treten seltener einfache ausgebogene Lippenränder auf.
Gefäßformen
Neben bauchigen Töpfe treten vereinzelt Tüllenkannen mit schulterständigen Ösenhenkeln (vgl. Gross 1991, 60), Schalen und Schüsseln sowie Deckel auf. Hinzuweisen ist auf Bodenzeichen und recht häufige Flickungen.
Chronologie
Chronologisch läuft sie in ihrer typischen (älteren) Ausprägung etwa parallel zur älteren gelben Drehscheibenware des Typs Jagstfeld und datiert nach bisherigen Vorstellungen etwa in das 11./12. Jahrhundert. Eine Zisternenverfüllung vom Rottweiler Königshof, die erst nach 1198 (Dendrodatum der Einfassung) entstanden sein kann, zeigt neuerdings, dass die ältere Albware auch noch im frühen 13. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielt (Gildhoff 1992, 317).
In Kirchheim/Teck konnte eine lokale Spätform ausgesondert werden (Baur 1997, 28 f.).
Die hier als Mittlere Albware bezeichneten Formen rechnete Bizer zuvor (Bizer 1981) mit zur Jüngeren Albware. Die Bezeichnung Ältere bzw. Jüngere Albware setzte sich in der Literatur durch und wurde u.a. von Gross, Brenner, Jenisch und Schmid benutzt. Bei den als Jüngere Albware bezeichneten Formen handelt es sich um kalkspatgemagerte jüngere Drehscheibenware, streng genommen also nicht mehr um Albware im engeren Sinne. Verschiedentlich konnte Keramik beobachtet werden, die als Vor- oder Frühform der Albware aufzufassen ist (Bizer/Götz 2004, 28f.; Gross 1991, 145).
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet umfasst die Schwäbische Alb sowie deren nördliches Vorland bis hin zu Neckar und Enz (Schäfer/Gross 1983). Schwerpunkte scheint es entlang der Donau im Bereich von Mühlheim bis Sigmaringen zu geben. Die typische Albware mit ihrer Kalksprenkelung und ihren kantigen, abgestrichenen Rändern ist in Ulm nur mit wenigen Exemplaren vertreten. Es dürfte sich um Importe aus den Regionen westlich, möglicherweise auch südwestlich handeln.
In den Randgebieten der Verbreitung, an der Enz (Lutz/ Gross 1993), in Ulm, Ravensburg (Ade-Rademacher 1993) und auch Konstanz sind hinsichtlich des Formenbestandes, nicht jedoch bezüglich der Scherbenbeschaffenheit verwandte Warenarten bekannt. Diese gehören überwiegend zu der im Randbereich der Albware auftretenden sandgemagerten Variante oder sind als eigenständige Warenart aufzufassen, wie zum Beispiel die aus dem Bodenseeraum und dem Hegau bekannte nachgedrehte Ware (Bodenseeraum/ Hegau, HMa) (Schaffhausen, Konstanz, Hilzingen-Weiterdingen, Wüstung Berslingen bei Schaffhausen) (Schnyder 1991; Aufdermauer 1992; Ade 2018).
https://www.google.com/maps/d/edit?mid=1Q9-Kl3yTsvJg1S7q-RJUJmeeutM&usp=sharing
Die Albware schließt sich mit der nördlich anschließenden älteren grauen Drehscheibenware weitgehend aus (Abb. #221). Zu einer Überlappung kommt es nur in einer kleinen Zone, zu der etwa Renningen, Neuwiesenäcker zählt.
wichtige Fundorte
- Hirsau, Kloster St. Peter und Paul
- Konstanz, Marktstätte als Import
- Riedlingen, Zollhausen
- Sindelfingen, Obere Vorstadt
Literaturhinweise
- Ade 2018: D. Ade, Die hoch- und spätmittelalterlichen Funde von der Konstanzer Marktstätte. In: M. Dumitrache (Hrsg.), Die Konstanzer Marktstätte im Mittelalter und in der Neuzeit. Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg 5 (Wiesbaden 2018) 269–384.
- Ade-Rademacher 1993: D. Ade-Rademacher, Die mittelalterlichen und neuzeitlichen Befunde und Funde der Veitsburg. In: D. Ade-Rademacher/R. Rademacher (Hrsg.), Der Veitsberg bei Ravensburg. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Baden-Württemberg 16 (Stuttgart 1993) 58-136.
- Aufdermauer 1992: J. Aufdermauer, Ein mittelalterlicher Keller mit Spuren eines Webstuhls aus Hilzingen-Weiterdingen, Kreis Konstanz. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1992, 267–271.
- Baur 1997: M. Baur, Grabung Krautmarkt 1986/87 Kirchheim unter Teck. Vorbericht zu den früh- und hochmittelalterlichen Siedlungsperioden. Schriftenreihe Stadtarchiv Kirchheim unter Teck 21, 1997, 9-60.
- Bizer 1981: Ch. Bizer, Burgruine Wielandstein. Auswertung und Dokumentation der Kleinfunde. Burgen und Schlösser 22, 1981, 11-63.
- Bizer 1985: Ch. Bizer, Burg Veringen. Auswertung und Dokumentation der Kleinfunde. In: E. Zillenbiller (Hrsg.), Stadtwerdung im Landkreis Sigmaringen. Burg und Stadt Veringen (Sigmaringen 1985) 192-250.
- Bizer 1987: C. Bizer, Burg Schnatren bei Erpfingen. In: C. Bizer/R. Brändle/R. Götz u. a. (Hrsg.), Erpfinger Burgen und ihre Geschichte (Reutlingen 1987) 47ff.
- Bizer/Götz 2004: C. Bizer/R. Götz, Die Thietpoldispurch und die Burgen der Kirchheimer Alb. Neue Methoden und Ergebnisse der Burgenforschung. Schriftenreihe des Stadtarchivs Kirchheim unter Teck 31 (Kirchheim unter Teck 2004).
- Gildhoff 1992: C. Gildhoff, Archäologische Untersuchungen zur Frühgeschichte der Stadt Rottweil. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1992, 314–320.
- Gross 1991: U. Gross, Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und schwäbischer Alb. Bemerkungen zur räumlichen Entwicklung und zeitlichen Gliederung. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Baden-Württemberg 12 (Stuttgart 1991).
- Hübener 1969: W. Hübner, Absatzgebiete frühgeschichtlicher Töpfereien in der Zone nördlich der Alpen. Beiträge zur Keramik der Merowingerzeit. Antiquitas R. 3,6 (Bonn 1969).
- Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich aus Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).
- Lobbedey 1995: U. Lobbedey, Die Funde mittelalterlicher Keramik. In: G.P. Fehring/B. Scholkmann (Hrsg.), Die Stadtkirche St. Dionysius in Esslingen I. Forsch. u. Ber. Arch. Baden-Württemberg 13/1 (Stuttgart 1995) 245-268.
- Lutz/Gross 1993: D. Lutz/U. Gross, Nachuntersuchungen in der Ruine Waldenburg, Stadt Neuenbürg, Enzkreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1993, 255–261.
- Schäfer/Gross 1983: H. Schäfer/U. Gross, Die ehemalige Peterskirche in Vaihingen/ Enz. In: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 8 (Tübingen 1983) 5–56.
- Schnyder 1991: R. Schnyder, Zum Fundgut aus Berslingen. Zeitschr. Schweizer Arch. u. Kunstgesch. 48, 1991, 281–291.
- Scholkmann 1978: B. Scholkmann, Sindelfingen/Obere Vorstadt. Eine Siedlung des hohen und späten Mittelalters. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Baden-Württemberg 3 (Stuttgart 1978).
- Zubler 2000: K. Zubler, Wiedererstandenes Leben im Mittelalterdorf Berslingen - Das Fundmaterial. In: K. Bänteli/M. Höneisen/K. Zubler (Hrsg.), Berslingen - ein verschwundenes Dorf bei Schaffhausen. Mittelalterliche Besiedlung und Eisenverhüttung im Durachtal. Schaffhauser Archäologie 3 (Schaffhausen 2000) 83–159.