Knickwandkeramik
Die Knickwandkeramik ist allein anhand der Gefäßform definiert: doppelkonische Töpfe und Becher mit Steilrand und oft Stempel-, Rollstempel-, Rillen- oder Wellenlinienverzierungen. Unter dem Rand läuft zumeist ein charakteristischer Wulst um. Der Begriff 'Knickwandkeramik' umschreibt also keine Warenart, sondern eine Gefäßform. Hübener hatte die Knickwandkeramik unter den Oberbegriff der "reduzierend gebrannten, geglätteten Drehscheibenware" summiert. Ein Großteil der Knickwandgefäße Südwestdeutschlands zumindest des 7. Jahrhunderts läßt sich allerdings problemlos der mittelgrob gemagerten rauhwandigen Drehscheibenware angliedern, gelegentlich wurde die Oberfläche allerdings noch zusätzlich geglättet. So gehören die Knickwandtöpfe eigentlich zwei Warenarten an, einer reduzierend gebrannten sorgfaltig geglätteten und fein gemagerten Drehscheibenware und eben der rauhwandigen Drehscheibenware. Anhand verschiedener Kriterien - wobei diese Warenartzuweisung keine Rolle spielte wurde von Hübener 1969 eine sehr detaillierte Gliederung erarbeitet.
Die große Mehrzahl der Funde stammt aus merowingerzeitlichen Gräbern. Im zerscherbten Siedlungsmaterial bleibt Knickwandkeramik relativ selten, tritt aber durchaus auf.
Die Knickwandkeramik entwickelt sich im späten 5. Jahrhundert aus Gefäßen der Form Chenet 342 und Nigraschalen, auf die Stempel- und Rillenverzierungen aufgebracht werden. Die Ableitung dieser Verzierungen ist im einzelnen bisher nicht geklärt. Die recht einheitliche Frühform des stempelverzierten Knickwandtopfes wird durch eine einschwingende Oberwand gekennzeichnet. Seit dem späten 6. Jahrhundert besitzen Knickwandtöpfe dagegen eine klare doppelkonische Grundform mit einer gestreckten Oberwand. Seit der Mitte des 6. Jahrhunderts wird auch in Südwestdeutschland eine Rollstempelzier geläufig, seit dem mittleren 6. Jahrhundert tritt Wellenzier und im 7. Jahrhundert auch Einglättverzierung auf. Im späten 6. und in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts wurden auch Buckelverzierungen, die von der Keramik anderer germanischer Stämme (Thüringer, Alamannen) übernommen wurden, auf Knickwandgefäßen angebracht. Knickwandgefäße des 7. Jahrhunderts zeigen etwas veränderte Proportionen, indem eine Tendenz zu niedrigeren Unter- und höheren Oberteilen feststellbar ist. Die Oberwand wird durch eine Profilierung mit Riefen, Graten und Leisten betont, der bislang scharfe Bauchumbruch wird nun gelegentlich mit einer Rille versehen oder gerundet (Gross 1996).
Die Stempelverzienrug der Knickwandtöpfe erlaubt teilweise die Rekonstruktion von Absatzgebieten einzelner Töpfereien bzw. von Handelswegen (Koch 1973).
Tatsächlich ist die Knickwandkeramik verschiedenen Warenarten zuzuweisen und der reduzierend gebrannten, geglätteten Drehscheibenware kann neben dem Knickwandtopf auch eine ganze Reihe anderer Gefäßformen - Schalen, Flaschen und Tüllenausgußkannen - zugewiesen werden, die fast alle ebenfalls wieder bei der rauhwandigen Drehscheibenware vorhanden sind. Neben die einfachen Knickwandgefaße tritt seit der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts vor allem die doppelkonische Kanne mit Tüllenausguß. Sie überlebt in Form der Tatinger Kanne das Ende der Knickwandtöpfe und -becher in der Mitte des 7. Jahrhunderts. Gleichzeitig tritt auch die einfache henkellose Flasche auf.
Einzelnachweise
- U. Gross, Die Töpfenware der Franken. Herleitung - Fomen - Produktion. In: Die Franken. Wegbereiter Europas. Ausstellungskat. Mannheim 1996 (Mainz 1996) 581-593.
- W. Hübener, Absatzgebiete frühgeschichtlicher Töpfereien in der Zone nördlich der Alpen. Beiträge zur Keramik der Merowingerzeit. Antiquitas R. 3, 6 (Bonn 1969).
- R Koch, Absatzgebiete merowingerzeitlicher Töpfereien des nördlicheu Neckargebietes. Jahrb Hist. Ver. Heilbronn 27, 1973, 31-43.