Rotgestrichene Ware (Vwz)

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Als Derivat römischer Terra Sigillata tritt im 5. Jahrhundert die sogenannte rotgestrichene Ware auf. Es handelt sich zumeist um Tellerformen (Hübener 1969, 90). Im 6. Jahrhundert bleibt das Formenspektrum weitgehend auf Teller und Schüsseln mit abgesetztem, teilweise schräg ausbiegendem Oberteil beschränkt (Gross 1996). Produziert wurde die rotgestrichene Ware, die in Südwestdeutschland nur an wenigen Plätzen auftritt, u.a. in Mayen in der Eifel. In der späteren Merowingerzeit reduziert sich der rote Farbauftrag und führt zu rotbemalter Ware wie letztlich etwa der Pingsdorf-Keramik (Gross 1996, 584).

Forschungsgeschichte

Rotgestrichene Ware wurde bereits von Böhner 1958, Hübener 1966 und Hübener 1969 bearbeitet und bei vielen Gräberfeld-Bearbeitungen thematisiert (z.B. Ament 1976). Zur Datierung wurde immer wieder auf das Fehlen im Kastell Alzey verwiesen, für das man von einer Zerstörung vor 430 ausging, was jedoch nach den dortigen Grabungen der 1980er Jahre revidiert werden musste (Oldenstein 2009, 286). In einem kurzen Beitrag hat U. Gross 2005 eine Zusammenfassung des Forschungsstandes in Südwestdeutschland gegeben. War die rotgestrichene Ware lange v.a. aus Gräbern bekannt, so liegen inzwischen einige Siedlungsfunde vor, etwa auch vom Runden Berg bei Urach (Gross 2018) oder aus Renningen, Neuwiesenäcker.

andere Bezeichnungen

  • franz.: Pseudosigilée
  • rotbraun engobierte Ware Alzey, Kastell
  • derivées tardifs des sigillées (DTS) (Bet u.a. 2011, Abb. 6

Charakteristika

Der Scherben "ist schwach bis mäßig stark mit feinem, selten gröberem Magerungszusatz versehen und kräftig gebrannt. (im Bruch fein porös). Die Gefäße sind mit einem dunkelroten bis rotbraunem Farbüberzug bestrichen, der jetzt mehr oder weniger stark verwittert ist" (Böhner 1958, 35).

Rheinsheim, Grab 287: Schale der rotgestrichenen Ware (Foto: Peter Gaul/ Badisches Landesmuseum Karlsruhe, gemeinfrei (CC 0.10) via Badisches Landesmuseum digitaler Katalog)

Verzierung

Von der Engobe abgesehen ist die rotgestrichene Ware in der Regel unverziert. Rollrädchendekor war anders als bei der späten Terra Sigillata weitgehend unbekannt, ein solcher Ausnahmefall ist aus dem Gräberfeld von Krefeld-Gellep, Gr. 1145 bekannt (Pirling 1966, Taf. 96). Gelegentlich tritt Weißbemalung auf (Neuffer-Müller 1962).

Gefäßformen

Überwiegend wurden Schüsseln, Schalen und Teller als rotgestrichene Ware hergestellt.

Im Fundmaterial der Gräberfelder des Trierer Landes differenzierte Kurt Böhner (1958, 35ff.) folgende Formen

  • Knickwandschüssel mit Standring und ausgebogenem, schwachgerieftem Rand
  • Wölbwandschüssel mit schwach eingewölbtem Boden und außen rundstabartig verdickter Randlippe
  • Randschüssel mit Standring und schwach wulstig verdickter Lippe
  • Randschüssel mit Fußplatte und randständig verdickter Lippe
  • Schrägwandschale mit flacher Standfläche
  • kleine Fußflasche
rotgestrichene Ware: Gefäßformen nach Böhner 1958 (verändert nach Böhner 1958, Taf. 1)

Eine Zusammenstellung des Formenrepertoires bot M. Redknap (1999, 237 Abb. 54). Speziell auf Flaschen und Becker geht Gross 1996 (a) ein. Er hat auch die rechtsrheinischen Vorkommen zusammengestellt (Gross 2005, Abb. 2).

Formen rotgestrichener Ware aus Südwestdeutschland (Gross 2005, Abb. 2)

Chronologie

Einen aktuellen Überblick zur Entwicklung der rotgestrichenen Ware bietet Heimerl 2021. Die Ausbildung einer Fußplatte bei Schüsseln und Schalen repräsentiert eine jüngere Entwicklung des 7. Jahrhunderts (Ament 1976, 38f.).


Verbreitung

Fundstellen

Südwestdeutschland nach Gross 2005

  • Bad Urach, Runder Berg: Höhensiedlung der Spätantike und des frühen Mittelalters, Siedlungstätigkeit endet im frühen 6. und wird erst wieder im Lauf des 7. Jahrhunderts aufgenommen. Größter Bestand an rotgesrtichener Ware" rechts des Rheins, bisher aber nur wenige Beispiele veröffentlicht. Datierung zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts und Zeit „um 500" (Gross 2005).
  • Basel-Kleinhüningen, Tafeläcker. Gräberfeld. Aus Grab 212: Große Schale, seltene Form (einzige Parallele in Trier, Kaiserthermen Typus 30). Datierung schwierig, keine Beifunde. Möglich erscheint die Zeit ab dem 2. Drittel des 6. Jahrhunderts, in der in Basel starker fränkischer Einfluss archäologisch fassbar wird. (Gross 2005)
  • Bietigheim: Grabfund des frühen 6. Jahrhunderts: Teller ähnlich Herbolzheim an der Jagst. (Gross 2005)
  • Edingen: Becher aus einem um 1900 entdeckten Grab. Zugehörigkeit zur rotges trichenen Ware nicht gesichert, da Original nicht erhalten. Nach Beifunden 5. Jahrhundert. (Gross 2005)
  • Bopfingen: Gräberfeld Grab 16: Fläschchen, Nachfolgeform des Typs Niederbieber 81 (Gross 2005, Abb. 2,2), ähnlich den kleinen Krügen aus Gondelsheim und Hemmingen. (Gross 2005)
  • Gondelsheim: Aus einem Grab des späten 5. Jahrhunderts: Kleiner Krug (Gross, 2005, Abb. 2,1), frühmittelalterliche Nachfolgeform des mittelkaiserzeitlichen Typs Niederbieber 62 b. (Gross 2005)
  • Haßmersheim am Neckar: Altfund ohne datierende Beifunde: Teller, nach typologischen Details fortgeschrittenes 6. Jahrhundert. (Gross 2005)
  • Heidelberg, Kleine Gräbergruppe „Speyerer Straße": Fragment eines nicht näher bestimmbaren Tellers. Datierung des Fundplarzes Mitte und frühe 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts. (Gross 2005)
  • Heidelberg- Kirchheim, Gräberfeld „Heuau" II , wohl Bestattungsplatz einer im frühen 6. Jahrhundert gegründeten fränkischen Siedlung. Grab 18 enthielt einen Teller (Nachfolger der Form Ritterling 12 (Gross 2005, Abb. 2,4), Grab 55 einen ähnlichen Teller, durch mitgefundene Perlen ins 6. Jahrhundert datiert. (Gross 2005)
  • Heilbronn, Gräberfeld „am Rosenberg": Bestattungsplatz einer alamannischen Siedlung bis um 500. Aus einem Frauengrab: Teller vom Typ Chener 304 (Gross 2005, Abb. 2,5). Nach zugehörigen Bügelfibeln jüngster Belegungsabschnitt. (Gross 2005)
  • Hemmingen, Bestattungsplatz wie Heilbronn „Rosenberg", bis um 500 belegt. Grab 29: Becher wie Edingen (Gross 2005, Abb.2, 3); Grab 7: kleiner Krug wie Gondelsheim. (Gross 2005)
  • Herbolzheim an der Jagst, Bestattungsplatz auf dem westlichen Jagstufer. Grab 17: Teller mir hohem Rand. Nach Beifunden ausgehendes 6. Jahrhundert. (Gross 2005)
  • Kadelburg am Hochrhein: Aus zerstörten Gräbern: Teller mit hohem Rand, nach Formdetails späteres 5. oder frühes 6. Jahrhundert. (Gross 2005)
  • Mannheim-Straßenheim, Gräberfeld „Aue". Zwei Bestattungen (53 und 57) mit je einem Teller der Form Alzei 9/11. Grab 57 münzdatiert, ab 536 n.Chr. (Gross 2005)
  • Mannheim - Vogelstang, Gräberfeld „Elkersberg". Kammergrab 152 B mit Teller ähnlich Mannheim-Straßenheim. Münzdatiert, frühestens 30er Jahre des 6. Jahrhunderts. (Gross 2005)
  • Mengen, Löchleacker: Aus dem merowingerzeitlichen Bereich einer größeren Siedlung stammt das Bruchstück eines Tellers mit hohem Rand. Vergleichbares nur aus jüngermerowingischen Zusammenhängen im Umkreis der Mayener Töpfereien. Spätester Nachweis der Ware in Südwestdeutschland. (Gross 2005)
  • Renningen, Neuwiesenäcker mit Fundmaterial vom 6. bis 12. Jahrhundert. Für zwei Fragmente von Tellern mit hohem Rand ist merowingerzeirliche Datierung wahrscheinlich. (Gross 2005)
  • Rheinsheim, Vermutlich Bestattungsplatz einer nach 500 gegründeten fränkischen Siedlung. Schüssel der Form Chenet 324 (Gross 2005, Abb. 2,6).
  • Wyhl am Kaiserstuhl: Zum Formenbestand eines kleinen Gräberfeldes im „Leiselheimer Kreuz" gehört u.a. ein Teller mit kurzem Rand. Belegungszeit: 5. Jahrhundert. (Gross 2005)


Herstellungsbelege

Es sind verschiedene Produktionsorte anzunhemen. Vermutet wird eine Herstellung im Maas- und im Moseltal, im Trierer Raum (Oldenstein 2009, 287). Außer in Mayen ist die Herstellung mindestens noch in Trais-Karden (nach L. Grunwald) gesichert.

Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext

Spätrömische Terra Sigillata in Südwestdeutschland ist meist der sog. Argonnensigillata aus Töpfereien in den Argonnen in Nordostfrankreich zuzuweisen (Chenet 1941). Verglichen mit der mittelkaiserzeitlichen Produktion ist die Qualität relativ (!) schlecht, der Überzug zumeist matt. Charakteristisch ist eine Verzierung mit Rollrädchen, gelegentlich findet sich eine weiße Bemalung. Nur vereinzelt sind im alamannischen Raum Importe nordafrikanischer Töpfereien oder der Sigillée paléochretienne vorhanden (Hübener 1968; Roth-Rubi 1990).

Die rotgestrichene Ware setzt mit ihrer Engobe, aber auch mit dem auf Schalen ausgerichteten Formenspektrum diese Tradition der Terra Sigillata noch bis indas 6. Jahrhundert fort. Als unmittelbarer Vorläufer hat H. Ament (1976, 36) auf Funde aus den Trierer Kaiserthermen verwiesen.

Literaturhinweise

  • Ament 1976: H. Ament, Die fränkischen Grabfunde aus Mayen und der Pellenz. German. Denkm. Völkerwanderungszeit B 9 (Berlin 1976).
  • Bernhard 1991: H. Bernhard, Importware. In: Der Runde Berg bei Urach. Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden-Württemberg 14 (Stuttgart 1991) 188–191.
  • Bet u.a. 2011: Ph. Bet/H. Cabart/R. Delage/M. Feller/F. Gama, La céramique domestique et la verrerie de l´antiquité tardive à Metz. In: M. Kasprzyk/G. Kuhnle (Hrsg.), L´antiquité tardive dans l´Est de la France. Revue Archéologique de l´Est, Suppl. 30 (Dijon 2011) 69-81.
  • Böhner 1958: K. Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer Landes. German. Denkm. Völkerwanderungszeit B,1 (Berlin 1958).
  • Chenet 1941: G. Chenet, La céramique gallo-romaine d'Argonne du IVe siècle et la terre sigillée décorée à la molette (Mâcon 1941).
  • Gross 1996: U. Gross, Die Töpferware der Franken. Herleitung - Formen - Produktion. In: Die Franken. Wegbereiter Europas. Ausstellungskat. Mannheim 1996 (Mainz 1996) 581-593.
  • Gross 1996a: U. Gross, Altstücke ? Zu Vorkommen von Gefäßen des Typs Niederbieber 81 in frühmittelalterlichen Zusammenhängen. Archäologisches Korrespondenzblatt 26, 1996, 83 – 89.
  • Gross 2005: U. Gross, Rotgestrichene Ware - ein keramisches Bindeglied zwischen Antike und Frühmittelalter. Arch. Nachr. Baden 71, 2005, 59–65. <DOI: 10.11588/artdok.00000722>
  • Gross 2018: U. Gross, Lavezfunde vom Runden Berg bei Urach (Heidelberg 2018). < https://doi.org/10.11588/artdok.00005913 >
  • Hübener 1966: W. Hübener, Eine Studie zur Spätrömischen Rädchensigillata (Argonnensigillata). Bonner Jahrb. 168, 1968, 241-298.
  • Hübener 1969: W. Hübener, Absatzgebiete frühgeschichtlicher Töpfereien in der Zone nördlich der Alpen. Beiträge zur Keramik der Merowingerzeit. Antiquitas R. 3, 6 (Bonn 1969).
  • Neuffer-Müller 1962: C. Neuffer-Müller, Die rotgestrichene, weißbemalte fränkische Keramik des Mittelrheingebirges. Bonner Jahrb. 162, 1962, 175ff.
  • Oldenstein 2009: J. Oldenstein, Kastell Alzey. Archäologische Untersuchungen im spätrömischen Lager und Studien zur Grenzverteidigung im Mainzer Dukat (Mainz 2009). - doi: http://doi.org/10.25358/openscience-4527
  • van Ossel 1986: P. van Ossel, Céramiques de la fin die IVe siècle et du Ve siècle en Gaule Belgique. Bull. Soc. Champenoise 79, 1986.2, 63 ff.
  • Pirling 1966:
  • Redknap 1999: M. Redknap, Die römischen und mittelalterlichen Töpfereien in Mayen. In: Berichte zur Archäologie an Mittelrhein und Mosel 6 (=Trierer Zeitschr., Beih. 24) (Trier 1999) 11 ff.
  • Roth-Rubi 1990: K. Roth-Rubi, Spätantike Glanztonkeramik im Westen des römischen Imperiums. Ein Beitrag zur Leistungsfähigkeit der Wirtschaft in der Spätantike. Ber. RGK 71, 1990, 905-971.