Feinsandig glimmerhaltige nachgedrehte Ware (Ostalb, HMa)

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Auf der mittleren und vor allem auf Ostalb findet sich während des Hochmittelalters eine feinsandige, braune bis graue glimmerhaltige nachgedrehte Ware (Maier 1994, 40 ff; 57 ff; Schmidt/Scholkmann 1981; Bräuning/Schreg 1998).

Sie ist wahrscheinlich aus einer lokalen frühmittelalterlichen Tradition (Ulmer Gruppe (Ulm, FMa), Kammstrichware (bayer. Donauraum, FMa)) abzuleiten.

Forschungsgeschichte

Die Warenart wurde von Lobbedey (1968) anhand von Funden vom Weinhof in Ulm, aber auch bereits von Rieber/Reutter (1974) beschrieben. Eine genauere Definition wurde durch B. Scholkmann (Schmidt/ Scholkmann 1981) als nachgedrehte, feinsandige Ware vorgenommen. Daran anschließend wurden ähnliche Funde an umliegenden Fundorten wie beispielsweise Ulm-Eggingen, Lippenöschle zugewiesen.


andere Bezeichnungen

Charakteristika

Diese reduzierend mittel bis hart gebrannte Warenart zeichnet sich durch eine hell-oder dunkelgrau bis bräunliche Farbe mit gelegentlichen rötlichen oder gelblichen Zonen aus. Die feine Sandmagerung enthält einen deutlich sichtbaren Glimmeranteil.

Gelegentlich zeigt sich eIn fließender Übergang zur jüngeren Drehscheibenware, so verzichtet U. Gross (1989) bei der Vorlage der Funde aus einer Wüstung bei Ulm-Eggingen auf eine klare Trennung und faßt dort nachgedrehte Ware und jüngere Drehscheibenware zu einer feinsandig glimmerhaitigen Ware zusammen. Insbesondere die überarbeiteten und feiner gearbeiteten Randscherben lassen sich nicht nach Herstellungstechnik differenzieren.

Gefäßformen

Neben Töpfen umfassen die Formen dieser Warenart auch Hohldeckel, Schalen, Schüsseln, Kannen, Öllämpchen und Flaschen. Die Gefäßformen erwiesen sich im Fundbestand von Ulm, Nikolauskapelle als eher kugelig, im Vergleich zur gröberen nachgedrehten Ware im Bodenbereich jedoch gestreckter. Kennzeichnend ist eine deutlich abgesetzte Halszone. Besonders bemerkenswert sind im Fundbestand dieser Warenart aus Ulm große Schalen mit abgestrichenem Rand. Der Rand ist häufig mit Ritzungen verziert. Ähnliche Schalen sind bei der weichen nachgedrehten Keramik mit glatter Oberfläche aus Regensburg bekannt.

Häufig finden sich Bodenzeichen.

Verzierung

Als Verzierungen treten dabei v.a. Wellenlinien und Wellenbänder auf.


Randformen

Charakteristisch sind gestufte wulstartig verdickte, oft knollenartig profilierte, leicht geschwungene Randformen. Daneben kommen spitz ausgezogene, an der Oberseite oft konkave Ränder auf einem geschwungenen, zylindrischen Hals vor. Hieraus entwickeln sich in der Folgezeit einfache Leistenränder sowie Frühformen des Karniesrandes (Abb. 217). In der Fundstelle Ulm, Nikolauskapelle wurden v.a unterschieden:

  • rundlich oder kantig profilierte Leistenränder mit steiler Halszone
  • karniesförmiger Leistenrand


Chronologie

Sie datiert ins 11./12. Jahrhundert, doch können ältere Anfänge nicht ausgeschlossen werden, da beispielsweise die früher datierte glimmerhaltige nachgedrehte Ware (Südbayern, FMa/ HMa) einige Ähnlichkeiten aufweist.

Verbreitung

Inwieweit diese Ware auch das mittlere Albvorland umfaßt, ist derzeit kaum zu überblicken; im Neckarland, wo nachgedrehte Keramik insgesamt zurücktritt, überwiegt eine gröbere Variante (gröbere nachgedrehte Ware (Neckarland, HMa)) und die sog. Albware. Die Glimmerhaltige nachgedrehte Ware (Schwaben, FMa/ HMa) grenzt im Südosten an, die genauen Unterschiede, wie sich v.a. an den Randformen zu ergeben scheinen, sind bislang nicht exakt herausgearbeitet.

wichtige Fundorte

Funde dieser Warenart wurden u.a. bei Grabungen in Ulm-Eggingen, Lippenöschle und Ulm, Grüner Hof gemacht (Brenner 2011). Ähnlich sind auch Funde aus Geislingen, Mühlwiesen belegt (Schreg 1999; 2011).

Herstellungsbelege

bislang nicht bekannt

Kulturgeschichtliche Einordnung

Es handelt sich regional auf der östlichen schwäbischen Album die bedeutendste Warenart, neben der sich in nur geringem Maß die ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, FMa/HMa) der Typen Runder Berg und Jagstfeld durchsetzen kann.

Literaturhinweise

  • Bräuning/ Schreg 1998: A. Bräuning/ R. Schreg, Die Keramikfunde - ein Exkurs. In: Andrea Bräuning (Hrsg.): Um Ulm herum. Untersuchungen zu mittelalterlichen Befestigungsanlagen in Ulm. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 23 (Stuttgart: Konrad Theiss Verlag 1998) 67–79.
  • Gross 1989: U. Gross, Das Fundmaterial. In: Claus-Joachim Kind (Hg.): Ulm-Eggingen. Die Ausgrabungen 1982 bis 1985 in der bandkeramischen Siedlung und der mittelalterlichen Wüstung. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Bad.-Württ. 34 (Stuttgart: Konrad Theiss Verlag 1989) 332–361.
  • Gross 1996: U. Gross, Mittelalterliche Keramik-, Bein- und Metallfunde. In: W. Lang/M. Bachteler/R. Rademacher u. a. (Hrsg.), Archäologische Zeugnisse vom Hohenstaufen. Die Grabungen von 1935 bis 1938. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen 34 (Göppingen 1996) 62–83.
  • Maier 1994: K. H. Maier, Eine mittelalterliche Siedlung auf Markung Urspring (Gemeinde Lonsee, Alb-Donau-Kreis). Materialh. Arch. Bad.-Württ. 23 (Stuttgart 1994).
  • Rieber/Reutter 1974: A. Rieber/K. Reutter, Die Pfalzkapelle in Ulm. Bericht über die Ergebnisse der Schwörhausgrabung 1953 (Weißenhorn 1974).
  • Schmidt/Scholkmann 1981: E. Schmidt/B. Scholkmann, Nikolauskapelle auf dem Grünen Hof in Ulm. Ergebnisse einer archäologischen Untersuchung. In: ,Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 7 (Tübingen 1981) 303–370.
  • Schreg 1999: R. Schreg, Die alamannische Besiedlung des Geislinger Talkessels (Markungen Altenstadt und Geislingen, Stadt Geislingen a.d. Steige, Lkr. Göppingen). Fundber. Bad.-Württ. 23, 1999, 385–617.
  • Schreg 2011: R. Schreg, Mittelalterliche Keramik aus Geislingen. Archaeologik, 14.12.2011. - Archaeologik