Schwarzgraue geglättete Ware (VwZ)

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Die schwarzgraue geglättete Ware ist eine völkerwanderungszeitliche Keramik, die überwiegend zur handgemachten Feinware gerechnet werden kann. Sie gehört in das Umfeld der Terra Nigra bzw. der Terra-Nigra-Derivate, gegen die sie nicht immer klar abgrenzbar ist. Ihre Verzierungen verweisen auf den "elbgermanischen" Raum, spezifischer meist in die Prignitz und den westmecklenburgischen-ostholsteinischen Raum.

Forschungsgeschichte

Funde, die man der schwarzgrauen geglätteten Ware zuschreiben könnte, haben zunächst eher im Kontext jüngerkaiserzeitlicher Gräber Aufmerksamkeit gefunden (z.B. Schach-Dörges 1970). Funde aus Südwestdeutschland hat man zunächst im Kontext der Terra Nigra, wie sie beispielsweise aus dem Kastell ALzey bekannt wurde, der man dann Terra-Nigra-Derivate germanischen Ursprungs gegenüber gestellt hat. Hier ist ein neutralerer Begriff wie der der schwarzgrauen geglätteten Ware zu bevorzugen, weil er zunächst weniger interpretativ und formal weiter zu fassen ist.

Eine genauere Auseinandersetzung mit der 'germanischen' handgemachten Ware der römischen Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit hat Sven Jäger im Kontext seiner Heidelberger Dissertation aufbauend auf Materialien des Kraichgau und des Neckarmündungsbietes vorgenommen. Er konnte eine technische Entwicklung herausstellen, innerhalb derer markante technologische Veränderungen an der Wende zur jüngeren Kaiserzeit eine grobe zeitliche Einordnung der Keramik in die ältere und jüngere Kaiserzeit erlauben, selbst wenn Formen und Verzierungen unverändert fortgeführt wurden (Jäger 2018, 39).

andere Bezeichnungen

  • Terra Nigra, Ware III [nigraähnlich] bzw. handgemachte Keramik, Warengruppen I u. II (Bücker 1994).
  • handgemachte, geglättete Ware (Schreg 1999; Schreg 2006)
  • Terra-Nigra-Derivate
  • germanische freigeformte Keramik (Jäger 2018)

Charakteristika

Ähnlich wie bei der handgemachten Grobware ist auch bei den eher der Feinware zuzurechnenden Keramik eine Entwicklung von einem eher weichen und schwach gemagerten Scherben zu harter, stark und "flächig gemagerter Ware" zu beobachten (Jäger 2018).

Herstellungstechnik

Die schwarzgraue geglättete Ware erscheint zumeist handgemacht, in wenigen Fällen liegt es jedoch nahe, eher an Scheibenware zu denken. Die Wandung ist sehr gleichmäßig und dünnwandig.

Brand/ Farbe

Im Kern wie an der Oberfläche erscheint der Scherben meist schwarzgrau, nur selten ist der Kern etwas heller. Oft handelt es sich um einen Mischbrand, der zu einem weiten Farbspektrum von hell und dunkel changierenden Erdfarben führen kann.

Magerung

Der Scherben ist dicht, in der Regel fein gemagert. Als Magerungszusätze wurden Quarz, Kalkspat, in Einzelfällen auch Kalk und etwas häufiger Glimmer verwendet.

Verzierungen

Typisch sind folgende Verzierungen: Knubben, Dellen- bzw. Punkteindrücke, Ritzlinien, Riefen und Rillen. Besonders zu nennen ist das Rosettenmotiv. Auf dem erst in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts besiedelten Runden Berg treten diese Verzierungen hinter Stempelverzierungen zurück, wie sie auch noch in den frühen Reihengräberfeldern des späten 5. Jahrhunderts zu finden sind.

Gefäßformen

In der Völkenwanderungszeit weit verbreitet, nicht nur bei der Feinware, war der Boden mit Standring. Angesichts eines Vorkommens auch in anderen vorgeschichtlichen Perioden besitzt diese Bodenform jedoch nur bedingt datierenden Wert. Ebenfalls häufig erscheinen Böden mit Standplatte.

An Formen sind zu nennen:

  • Schüsseln mit S-förmigem Profil bzw. sogenannte Schalentöpfe bzw. Knickwandschalen. Sie besitzen häufig eine geschwungene, z.T. relativ hohe Randzone; der Rand ist oft leicht verdickt.
  • Gewölbte Schalen. Der Oberteil dieser Schalen kann konisch oder gewölbt, z.T. sogar geradezu eingebogen sein.
  • Bauchige Gefäße
  • schrägkannelierte, facettierte oder -geriefte Keramik (Schreg 2006; Springer 1985; Jäger 2019)

Vergleiche Gefäße vom Typ Friedenhain-Prešt'ovice (5. u. frühes 6. Jahrhundert; Springer 1985).

Verbreitung

Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext

Verzierte Siedlungs- und Grabkeramik frühalamannischer Zeit im Vergleich mit elbgermanischen Fundplätzen (nach Schach-Dörges 1997): 1 Sanne, 2 Kahrstedt, 3 Merseburg, 4-6 Pritzier; 7 Ichstedt, 8 Voigtstedt, 10-11 Kirchheim u.T., 12 Mengen, 13 Sontheim i.St., 14 Großkuchen, 15 Heidelberg-Rohrbach, 16 Berching-Pollanten, 17 Dederstedt, 18 Wechmar, 19 Bad Dürrenberg, 20 Merseburg, 21 Besno n. Louny, 22 Haßleben, 23 Kannawurf, 24 Bietigheim, 25 Benningen a.N., 26-27 Rendel, 28 Großkuchen, 29 Groß-Gerau, 30 Günzburg. 1-19, 24-26 'Schalenurnen', 20,27 gewölbte Schalen, 21-23, 28-30 Flaschen (nach Schach-Dörges 1997).

Diese Feinware findet Vergleiche in elbgermanischen Gräberfeldern weiter im Norden und spielt bei der Frage der Ethnogenese der Alamannen wie auch der Bajuwaren eine zentrale Rolle. Inzwischen konnte ansatzweise eine Differenzierung der Keramik des "elbgermanischen" Raumes erreicht werden, der sich keineswegs so homogen darstellt, wie die ältere Forschung angenommen hat. Es ist insbesondere die jüngerkaiserzeitlichen Westmecklenburgischen-Ostholsteinische Keramikgruppe (Hegewisch 2008), die Vergleichsmöglichkeiten auch für den alamannischen Bereich bietet. Sie breitet sich - was auch in der jüngeren Literatur als Wanderung interpretiert wird - nach Süden aus, wobei die Quantität in Süddeutschland vergleichsweise gering ist. Die einschlägigen Publikationen aus norddeutscher Perspektive übergehen die "alamannischen" Vergleiche weitgehend (z.B. Hegewisch 2008).


Literaturhinweise

  • Bücker 1994: Ch. Bücker, Die Gefäßkeramik der frühalamannischen Zeit vom Zähringer Burgberg, Gemeinde Gundelfingen, Kr. Breisgau-Hochschwarzwald. Archäologie und Geschichte. Freiburger Forschungen zum 1. Jahrtausend in Südwestdeutschland 6 (Sigmaringen 1994) 125-232.
  • Hegewisch 2008: M. Hegewisch, Zwischen Skandinavien und Mähren. Zum Verbreitungsbild der jüngerkaiserzeitlichen Westmecklenburgischen-Ostholsteinischen Keramikgruppe. In: J. Bemmann / M. Schmauder (Hrsg.), Kulturwandel in Mitteleuropa. Langobarden - Awaren - Slawen : Akten der Internationalen Tagung in Bonn vom 25. bis 28. Februar 2008. Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte 11 (Bonn 2008) 89-.
  • Jäger 2018: S. Jäger, Datierte freigeformte Schüsseln der jüngeren Kaiserzeit aus Heddesheim und Beobachtungen zur Technikentwicklung germanischer Keramik. In: A. Wieczorek / K. Wirth (Hrsg.), Von Hammaburg nach Herimundesheim. Festschrift für Ursula Koch. Mannheimer Geschichtsblätter Sonderveröffentlichung 11 (Reiss-Engelhorn-Museen 2018) 31–41. - https://www.academia.edu/42767206
  • Jäger 2019: S. Jäger, Germanische Siedlungsspuren des 3. bis 5. Jahrhunderts n. Chr. zwischen Rhein, Neckar und Enz. Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg 14 (Wiesbaden 2019). - https://doi.org/10.11588/propylaeum.1010
  • Jäger 2019 (1): S. Jäger, Gekommen – Geblieben – Gewandelt: Beziehungen des spätkaiserzeitlich-germanischen Fundmaterials aus dem nordwestlichen Baden-Württemberg und deren Bewertung. In: M. Augstein / M. Hardt (Hrsg.), Sächsische Leute und Länder: Benennung und Lokalisierung von Gruppenidentitäten im ersten Jahrtausend. Neue Studien zur Sachsenforschung 10 (Wendeburg 2019) 249–270.
  • Jäger / Gross 2019: S. Jäger / U. Gross, Handgemacht und scheibengedreht. Keramik des späten 3. bis 5. Jahrhunderts im östlichen Oberrheingebiet. In: G. Kuhnle / E. Wirbelauer / M. Keller (Hrsg.), Am anderen Flussufer. Die Spätantike beiderseits des südlichen Oberrheins. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg 81 (Esslingen 2019) 109–122.
  • Schach-Dörges 1970: H. Schach-Dörges, Die Bodenfunde des 3. bis 6. Jahrhunderts n.Chr. zwischen unterer Elbe und Oder. Offa-Bücher 23 (Neumünster 1970).
  • Schach-Dörges 1997: H. Schach-Dörges, "Zusammengespülte und vermengte Menschen". Suebische Kriegerbünde werden seßhaft. In: Die Alamannen. Ausstellungskatalog Stuttgart 1997 (Stuttgart 1997) 79–102.
  • Schreg 1999: R. Schreg, Die alamannische Besiedlung des Geislinger Talkessels (Markungen Altenstadt und Geislingen, Stadt Geislingen a.d. Steige, Lkr. Göppingen). Fundber. Bad.-Württ. 23, 1999, 385–617.
  • Springer 1985: T. Springer, Germanenfunde der Völkerwanderungszeit in Nordbayern. Bemerkungen zur Keramik vom Typ Friedenhain-Prešt'ovice. Arch. Korrbl. 15, 1985, 235-243.
  • Wieczorek 1989: A. Wieczorek,Mitteldeutsche Siedlerbbei der fränkischen Landnahme in Rheinhessen. Eine Untersuchung zur handgeformten Keramik Rheinhessens. In: Das Dorf am Mittelrhein. 5. Alzeyer Kolloquium. Gesch. Landeskunde 30 (Wiesbaden 1989) 11-101.