Handgemachte Grobware (Süddeutschland, VWz/ FMa)

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In der Völkerwanderungszeit und der Merowingerzeit (ggf. sogar noch länger) findet sich in Süddeutschland mit unterschiedlicher Häufigkeit handgemachte Grobkeramik. Sie steht in der Tradition entsprechender Keramik der römischen Eisenzeit mit Fundkomplexen aus dem Vorfeld des Limes (z.B. Ingelfingen, Forchtenberg, Wüstung Wülfingen) und letztlich älterer latène- oder gar hallstattzzeitlicher Keramik. Eine ausreciehnde Differenzierung ist häufig sehr schwierig.

Terminologie

Handgemachte Grobware ist vielfach sehr schwer gegenüber handgemachten Feinwaren abzugrenzen. Sehr häufig liegt eine ähnliche Scherbenbeschaffenheit vor und die Glättung der Oberfläche ist auch bei der Feinware nicht immer sorgfältig ausgeführt. Die Abgrenzung muss häufig am konkreten Fundmaterial vor Ort gefunden werden. Als Faustregel (also mit Ausnahmen!) kann gelten, dass handgemachte Grtobware unverziert ist.

Handgemachte Grobware tritt in anderem kulturgeschichtlichen Kontext auch in angrenzenden Regionen auf. So ist z.B. auf die Handgemachte Grobware (Nordostbayern, FMa/ HMa) hinzuweisen, für die forschungsgeschichtlich immer wieder eine methodisch-theoretisch problematische ethnische Deutung als slawisch diskutiert wurde.

Forschungsgeschichte

Die Bedeutung frühmittelalterlicher handgemachter Grobwaren war lange Zeit nicht bekannt. Eine erste Auseinandersetzung erfolgte im Rahmen einer Überblicksarbeit von Hübener/ Lobbedey 1964. Fundbearbeitungen durch Robert Koch aus Ingelfingen (Koch 1971) und Forchtenberg, Wüstung Wülfingen (Koch/ Koch 1993) machten deutlich, dass die Anfänge der Keramikgruppe bereits in der Römischen Kaiserzeit bzw. römischen Eisenzeit liegen. In der Folgezeit thematisierten verschiedene regionale Aufarbeitungen die handgemachte völkerwanderungszeitliche Keramik und legten erste Warenartdifferenzierungen vor (z.B. Bücker 1994). Dabei wurde Fein- und Grobware differenziert. Das verdeutlichte auch die Bearbeitung der handgemachten Keramik vom Runden Berg bei Urach (Spors-Gröger 1997).

Eine detaillierte Bearbeitung erfolgte am Fundmaterial der Siedlung Geislingen, Mühlwiesen (Schreg 1996), wo vier ´Varianten beschrieben wurden. Peter König unterschied im Fundmaterial einer frühmerowingischen Siedlung am Ortsrand von Heddesheim, Randlache (Rhein-Neckar-Kreis) drei Varianten der handgemachten Ware (König 2016, 162f.).

Die Bearbeitung der frühalamannischen Siedlungsfunde zwischen Rhein, Neckar und Enz durch S. Jäger (2019) legte eine Gliederung in die Waren A-C vor, für deren Definition die Oberflächenbehandlung ausschlaggebend war.

Ware A Ware B Ware C
= Bücker Gruppe II = Bücker Gruppe III, ähnlich König Ware Ic
Feinkeramik mit polierter oder fein geglätteter Oberfläche Zwischenstellung zwischen A und C
dunkler Überzug ("dunkelbraune bis schwarze Patina")
Grobware mit zum Teil roh belassener, verstrichener Oberfläche
Ware Aa
Ware Ab
Ware Ac
Ware Ca1
Ware Ca2
Ware Cb
Ware Cc
primär schamottartige Magerungsbestandteile und Quarz

Charakteristika

Die handgemachte Grobware stellt auf vielen völkerwanderungszeitlichen Siedlungsfundstellen die Masse der Keramik. Sie ist meist mittelgrob bis grob mit Quarz oder Kalk gemagert, die Oberfläche ist rauh (Pescheck 1978: Bücker 1994; Spors-Gröger 1997). Die handgemachte Grobware des Mittelalters hingegen zeigt in Tonbeschaffenheit und Herstellungstechnik eine größere Bandbreite (Hübener/Lobbedey 1964).

Exemplarisch seien die Gruppenbeschreibungen der handgemachten Keramik aus der Siedlung Heddesheim, Randlache, wie sie P. König 2015 dargestellt hat, wieder gegeben:

Ware I a kennzeichnet eine sorgfältige Glättung der Oberfläche, wie u.a. an den vollkommen plan geschliffenen Magerungsbestandteilen der Mittel- und Grobsandfraktion zu erkennen ist. Der Scherben ist hart (2–3 oder 3–4 nach der Härteskala von F. Mohs) und vorwiegend reduzierend gebrannt, die Farbgebung der Oberfläche zur Hauptsache schwarz oder dunkelbraun. Die Menge der Magerung schwankt von gering bis sehr groß, mittlere und große Mengen scheinen aber den Schwerpunkt zu bilden. Neben gerundeten Mineralen dominieren vorwiegend kantige der Mittel- und Grobsandfraktion, die Feinkiesfraktion ist selten vertreten. Bei den verzierten Fragmenten überwiegt die Mittelsandfraktion und die Feinkiesfraktion fehlt völlig, wohl ein Hinweis darauf, dass hier der Ton zur feineren Bearbeitung bewusst vorbereitet wurde. Die Minerale sind zumeist farblos, daneben kommen häufiger weiße und rosafarbene, seltener graue und braune vor. Es dürfte sich im Wesentlichen um verschiedene Quarze und Späte handeln. Glimmer ist gelegentlich festzustellen."

Ware I b ist an der Oberfläche oder im Bruch bzw. bei beiden von rötlicher Farbe. "Die Oberfläche ist teils geglättet, teils rau. Die Härte des Scherbens entspricht jener der Ware I a, die Magerungsmenge schwankt von mittel bis groß." "Was die Zusammensetzung der Magerungsbestandteile betrifft, scheinen weiß gefärbte Minerale stärker als bei Ware I a vertreten zu sein."

Ware I c besitzt eine raue Oberfläche. "Bezüglich der Farbgebung, der Härte des Scherbens, der Magerungsmenge sowie der Art und Zusammensetzung der Magerungsbestandteile entspricht sie im Großen und Ganzen der Ware I a.

Formenspektrum

Gefäßformen der handgemachten Keramik (Grob- und Feinware) vom Runden Berg nach Spors-Gröger.
Gefäßformen der handgemachten Grobware aus Geislingen-Altenstadt, 'Mühlwiesen'.

Die dominierende Form stellt in der Völkerwanderungszeit der Topf mit einziehendem Rand, der sogennante 'spätrömische' oder 'suebische' Topf dar (Koch 1971; Grote 1991, 191; Engelhardt 1980, 276). Diese Form ist im elbgermanischen Raum und auch darüber hinaus weit verbreitet und wird im allgemeinen nur grob ins späte 3. bis späte 5. Jahrhundert datiert. Ähnliche einfache Formen finden sich bereits in der Spätlatènezeit und der frühen Kaiserzeit. In der Völkerwanderungszeit treten sie seit der Stufe C2, also etwa der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts auf und werden bis in die Merowingerzeit verwendet.

Ebenfalls relativ häufig sind gewölbte Schalen. Anhand der Randform lassen sich Schalen mit horizontal abgestrichenem Rand und Schalen mit einziehendem Rand unterscheiden. Häufig besitzen die Schalen einen Standring, der mit Beginn des Mittelalters jedoch verschwindet.

In der Siedlung Heddesheim, liegen auch verschiedene Knickwandgefäße bzw. doppelkonische Formen vor (König 2015, 162).

Gemeinsames Merkmal der drei Warenarten ist der oftmals entweder gerade oder auf der Innen- bzw. Außenseite abgestrichene Rand. Bei einfachen gerundeten oder spitz gerundeten Rändern sind hin und wieder feine Facetten als Spuren des Modellierens zu sehen. Das Formenspektrum der Gefäße ist begrenzt. Es begegnen Schalen, Schüsseln oder Kümpfe mit zumeist gewölbter Wandung und "


Verzierungen sind bei der handgemachten Grobware ausgesprochen selten. Es treten z.B. Kammstrich und flächige Fingertupfenverzierung auf. Selten, aber bis ins 6. Jh. vorhanden sind Gefäße mit plastischem Dekor (Rippen, Buckel, Schrägriefen).

Der Formenbestand im Mittelalter ist etwa derselbe wie zur Völkerwanderungszeit, doch scheinen Schalen und Gefäße mit Standringen zu fehlen. Stattdessen dürften vermehrt S-förmig profilierte Gefäße und Gefäße mit ausgebogenen Rändern hier einzuordnen sein.


Chronologie

Gewisse Differenzierungsmöglichkeiten ergeben sich an den Randformen und einigen spezifischen Gefäßformen. Insgesamt ist jedoch auf die Langlebigkeit der oft einfachen Formen hinzuweisen, die es beispielsweise schwierig macht, in Siedlungen handgemachte Keramik eindeutig dem 5./6. Jahrhundert zuzuweisen, obwohl immer wieder Funde aus Gräbern eine solche Datierung nahelegen. Für einzelne Fundstellen, wie den Runden Berg bei Urach oder die Siedlung Urspring, Breiter Weg fällt es daher schwer, die angenommene Siedlungsunterbrechung im 6. Jahrhundert an der handgemachten Grobware nachzuvollziehen.

In ländlichen Siedlungen ist die handgemachte Grobware häufig die wichtigste Warenart und tritt regional noch bis ins 8. Jahrhundert auf (vgl. Handgemachte Grobware (Nordostbayern, FMa/ HMa)).

Warenarten

Innerhalb der handgemachten Grobware ist eine Differenzierung spezifischer Warenarten besonders schwierig.

Exemplarisch seien hier angeführt:

wichtige Fundorte

u.a.

Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext

Die handgemachte Grobware wurzelt in Herstellungstechniken, die aus der Vorgeschichte gut bekannt sind. Oft ist daher eine Differenzierung völkerwanderungszeitlicher/ frühmittelalterlicher Keramik und vorgeschichtlicher, insbesondere eisenzeitlicher Keramik schwer vorzunehmen. Völkerwanderungs- und merowingerzeitliche handgemachte Keramik wurde in der älteren Forschung häufig falsch als vorgeschichtlich, meist latènezeitlich bestimmt. Aber auch umgekehrt kam es bereits zu gravierenden Fehleinschätzungen, so z.B. bei der 'frühalamannischen' Siedlung Sontheim im Stubental, Hochfeld, bei der sich viele angeblich völkerwanderungszeitliche Funde und damit auch einige Befunde als vorgeschichtlich herausgestellt haben (Bücker 1994).

Literaturhinweise

  • Bücker 1994: Ch. Bücker, Die Gefäßkeramik der frühalamannischen Zeit vom Zähringer Burgberg, Gemeinde Gundelfingen, Kr. Breisgau-Hochschwarzwald. Archäologie und Geschichte. Freiburger Forschungen zum 1. Jahrtausend in Südwestdeutschland 6 (Sigmaringen 1994) 125-232.
  • Engelhardt 1980: B. Engelhardt, Archäologisches zur früh- und hochmittelalterlichen Geschichte Kelheims. In: K. Spindler (Hrsg.), Vorzeit zwischen Main und Donau. Erlanger Forsch. A,26 (Erlangen 1980) 273-298.
  • Grote 1991: K. Grote, Frühmittelalterliche Befunde zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte in Harste, Kreis Göttingen. Neue Ausgr. u. Forsch. Niedersachsen l9, 1991, 173-228 bes. 191.
  • Hübener/ Lobbedey 1964: W. Hübener/U. Lobbedey, Zur Struktur der Keramik in der späten Merowingerzeit. Beobachtungen an süddeutschen Grab-und Siedlungsfunden. Bonner Jahrb. 164, 1964, 88-129.
  • Jäger 2019: S. Jäger, Germanische Siedlungsspuren des 3. bis 5. Jahrhunderts n. Chr. zwischen Rhein, Neckar und Enz. Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg 14 (Wiesbaden 2019). - https://doi.org/10.11588/propylaeum.1009 und https://doi.org/10.11588/propylaeum.1010
  • Koch 1971: R. Koch, Siedlungsfunde der Latène- und Kaiserzeit aus Ingelfingen (Kr. Künzelsau). Fundber. Schwaben N.F. 19, 1971, 124-174.
  • Koch/ Koch 1993: R. Koch/U. Koch, Funde aus der Wüstung Wülfingen am Kocher. Materialh. Arch. Bad.-Württ. 21 (Stuttgart 1993).
  • König 2015: P. König, Eine vorgeschichtliche und frühmittelalterliche Siedlung von Heddesheim, Rhein-Neckar-Kreis. Fundberichte aus Baden-Württemberg 35, 2015, 141-204. - https://doi.org/10.11588/fbbw.2015.0.44523
  • Pescheck 1978: Ch. Pescheck, Die germanischen Bodenfunde der römischen Kaiserzeit in Mainfranken. Münchner Beitr. Vor- u. Frühgesch. 27 (München 1978).
  • Schach-Dörges 2015: H. Schach-Dörges, Das Mädchengrab aus spätantiker Zeit von Distelhausen im Main-Tauber-Kreis. Fundberichte aus Baden-Württemberg. Fundber. Bad.-Württ. 35, 2015, 459–482. - doi:10.11588/fbbw.2015.0.44528
  • Schreg 1999: R. Schreg, Die alamannische Besiedlung des Geislinger Talkessels (Markungen Altenstadt und Geislingen, Stadt Geislingen a.d. Steige, Lkr. Göppingen). Fundber. Bad.-Württ. 23, 1999, 385-617. - https://doi.org/10.11588/fbbw.1999.0.64722
  • Spors-Gröger 1997: S. Spors-Gröger, Die handgemachte frühalamannische Keramik aus den Plangrabungen 1967-1985. Der Runde Berg bei Urach XI (Sigmaringen 1997).