Basel, Petersberg

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Die Grabungen am Petersberg 1937-39 waren eine Notgrabung in der Altstadt von Basel, westlich des Münsterhügels. Sie ist für die Kenntnis der mittelalterlichen Keramik von Bedeutung, da sie eine der frühesten stadtarchäologischen Unternehmungen darstellt, die immer wieder als Referenzmaterial diente, wiewohl eine Publikation, beschränkt auf das Hochmittelalter, erst 1963 vorgelegt wurde.

Lage

Für die Fundstelle hat sich die Bezeichnung der «Siedlung am Petersberg/Petersbergsiedlung» oder der «Ausgrabungen am Petersberg» etabliert. Der Name lässt vermuten, die Siedlung befand sich auf dem Hügel der Kirche St. Peter, tatsächlich liegt sie jedoch an dessen Fuss. Der Petersberg war ursprünglich eine Gasse, die von dem Fischmarkt bis hin zur Petersgasse führte. Die Häuser am Petersberg mussten für den Bau des Spiegelhof 1937-1939 weichen, die Gasse sollte aber namensgebend werden für die darunter entdeckte früh- bis hochmittelalterliche Siedlung. Die Grabung liegt demnach nicht auf dem Petersberg, sondern an dessen östlichem Fuß, in der Niederung zwischen Münsterhügel und Petersberg am linken Ufer der Birsig.

Forschungsgeschichte

Zwischen 1937 und 1939 wurde das Altstadtviertel am Petersberg abgerissen, um Platz für den Bau des Spiegelhofs zu schaffen, der bis heute als kantonales Verwaltungsgebäude dient. Bei diesen Arbeiten wurden durch die Delegation für das alte Basel unter der Leitung des Architekten August Haas archäologische Ausgrabungen durchgeführt, die als Pionierleistung der Stadtarchäologie gelten können. Dabei wurden Hausgrundrisse aus Holz entdeckt, die aufgrund der seltenen Bodenbeschaffenheit in diesem Bereich (Feuchtboden) hervorragend erhalten geblieben sind und auf ein Alter von etwa 1000 Jahren datiert werden können. Diese Entdeckungen sind nicht nur für Basel und die Schweiz einzigartig, sondern auch in ganz Europa weitgehend ohne Vergleich.

Bis es zu einer Auswertung kam, mussten jedoch einige Jahrzehnte vergehen. Prof. Dr. Ludwig Berger wertete die Grabungen in seiner Habilitation aus, welche 1963 erschien. Er leistete damit nicht nur einen wertvollen Beitrag für die Basler Stadtgeschichte, sondern auch für die Mittelalterarchäologie in der Schweiz. Die Auswertung konzentrierte sich auf die römischen sowie die früh- bis hochmittelalterlichen Befunde und Funde (Berger 1963).

Die rückwärtige Absenkung der Garage des Spiegelhofs 2017-2018 sowie der Neubau des Amtes für Umwelt und Energie auf der gegenüberliegenden Strassenseite 2018-2019 gaben erneuten Anlass für Grabungen in der Siedlung am Petersberg. Die Erhaltungsbedingungen haben sich seit den 30er Jahren jedoch stark geändert und der Boden ist gerade aufgrund der einschneidenden Baumassnahamen nicht mehr dauerfeucht geblieben. So konnten zum Teil zwar noch Holzbalken dokumentiert werden, zur Datierung mithilfe der Dendrochronologie eigneten sie sich jedoch meistens nicht (Billo/Graber 2018. 93). Die neuen Ausgrabungen erbrachten hingegen erneut umfangreiche Keramikfunde, die im Rahmen einer Berner Dissertation durch Annina Freitag bearbeitet werden.

Befundsituation

Da die Grabung der 1930er Jahre als Notgrabung stattfand, liegen für die Beurteilung der Keramik nur wenige stratigraphische Beobachtungen vor. Generell wurde zwischen einer oberen und einer unteren "Lederschicht" unterschieden, aber selbst diese Angaben sind nicht für jeden Fund zu rekonstruieren. Die Erhaltungsbedingungen für organische Reste waren in der Flußniederung generell gut, doch liegen keine für die Keramikchronologie verwertbaren dendrochronologischen Daten vor.

Die neuen Ausgrabungen 2017-2019 sind deshalb von grossem Wert, da die Funde dort stratifiziert vorliegen. Die meisten Funde stammen von Nutzungs-und Planieschichten zu den früh- und hochmittelalterlichen Gebäuden. Geschlossene Befunde liegen nur wenige vor.

Keramikfunde

Berger konzentrierte seine Auswertung auf die hochmittelalterliche Keramik, für deren Bearbeitung er v.a. auf die Fundstellen Merdingen, am Breisacher Weg und Burg Lützelhardt verwies. Es handelt sich überwiegend um nachgedrehte Keramik, die in der Schweiz häufig als "überdrehte Ware" bezeichnet wird.

Die spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Fundbestände der Grabung 1937-39 wurden bisher nicht im Detail publiziert.

Der Beginn der Siedlung am Petersberg ist anhand der Keramikfunde frühestens in das 9. Jahrhundert zu setzen. Es dominiert dort bereits die sandig-körnige, überdrehte Ware sowie stark glimmerhaltige Scherben, die wahrscheinlich als Import aus dem Elsass anzusprechen sind. Bei den Gefässformen kommen fast ausschliesslich Töpfe vor. Diese verfügen über einen Trichterrand, der oben oder innen zum Teil gekehlt sein kann. Die Ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, FMa/HMa) kommt in den ältesten Siedlungsbefunden vor, aber nicht mehr in grösseren Mengen. Hervorzuheben sind ausserdem zwei Typen an Ofenkacheln, die in den frühmittelalterlichen Pfostenbauten in Gebrauch waren. Der erste Typ ist auf der schnell drehenden Töpferscheibe hergestellt, verfügt über einen trichterförmigen Rand und ist der älteren gelben Drehscheibenware aus dem Elsass zuzuordnen. Der zweite Typ ist von Hand aufgebaut und aus dem lokalen Ton hergestellt.

Im Laufe der Zeit werden die Randlippen stärker ausgezogen und entwickeln sich weiter zu dem hochmittelalterlichen Lippenrand. Frühe Formen der Lippenränder sind noch in der sandig-körnigen, überdrehten Ware vorhanden. Der Partikelanteil im Ton wird parallel zur Randentwicklung immer feiner und die Wandstärke der Gefässe dünner. Die aufgrund dieser Charakteristik als feine, überdrehte Ware bezeichnete Warenart ist in der Siedlung am Petersberg in grossen Mengen vorhanden. Die Randformen sind grösstenteils noch ins 11. Jahrhundert einzuordnen. Bei der direkt an die Altgrabungen 1937-1939 anschliessenden Grabungsfläche von 2017-2018 fehlen Funde, die eindeutig ins 12. oder frühe 13. Jahrhundert einzuordnen sind. Dies ist möglicherweise auf die Kappung des Geländes im Zuge des Baus der spätmittelalterlichen Bauten zurückzuführen. In den hochmittelalterlichen Befunden fallen hart gebrannte, helle Irdenwaren mit roter Bemalung auf (Typ Pingsdorfer Ware), die nicht in der Region Basel produziert wurden. Geochemischen Analysen zufolge ist mindestens ein Teil davon als echte Vorgebirgsware (Pingsdorfer Ware) anzusprechen. Ein Teil gehört der südhessischen Glimmerware an. Viele weitere der rotbemalten Scherben können (noch) keinem Produktionsort zugeordnet werden.

Die spätmittelalterliche Keramik der Fundstelle stammt fast ausschliesslich aus Abbruchhorizonten. Sie ist auf der schnell drehenden Töpferscheibe hergestellt. Die Kochtöpfe verfügen über einen Leistenrand und sind reduzierend gebrannt. Daneben gibt es bereits erste glasierte Gefässe, insbesondere Dreibeintöpfe und -pfannen, wobei die Dreibeintöpfe auch in grösserer Zahl unglasiert und in reduzierender Brandweise vorliegen. Die Dreibeinpfannen sind jedoch stets glasiert und oxidierend gebrannt. Lämpchen sind nun ebenfalls in grösserer Zahl vorhanden. An Ofenkeramik kommen unglasierte und glasiert Napfkacheln, Nischenkacheln, reliefierte Blattkacheln, zusammengesetzte Pilzkacheln und Tellerkacheln vor.

Literatur zur Fundstelle

  • Berger 1963: L. Berger, Die Ausgrabungen am Petersberg in Basel. Ein Beitrag zur Frühgeschichte Basels (Basel 1963).
  • Berger 2001: L. Berger, Nachlese zu den «Ausgrabungen am Petersberg in Basel». Jahresber. Arch. Bodenforschung Basel 2001, 151-173 https://doi.org/10.12685/jbab.2001.151-173
  • Billo 2020: S. Billo, Zwischen Birsig und Petersberg. Die Ausgrabungen 2018 im Spiegelhof Basel. Mitt. Dt. Ges. Arch. Mittelalter u. Neuzeit 33, 2020, 79-88. - DOI: https://doi.org/10.11588/dgamn.2020.0.77866
  • Billo u.a. 2017: Sven Billo/ Simon Graber/ Guido Lassau/ Andreas Niederhäuser, Der Petersberg: Ein Viertel im Wandel der Zeit: Die Ausgrabungen im kantonalen Verwaltungsgebäude Spiegelhof (UMIS). Jahresber. Arch. Bodenforschung Basel 2017, 82-115. - https://doi.org/10.12685/jbab.2017.79-115
  • Freitag 2023: A. Freitag, Ofenkacheln des 10. Jahrhunderts vom Petersberg. Ihre Bedeutung für die Handwerkersiedlung am Birsig und die Geschichte des Kachelofens in der Region. Jahresber. Archäol. Bodenforsch. Basel-Stadt, 2023, 127–151. - https://doi.org/10.12685/jbab.2023.127-151

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