Rotbemalte schwäbische Feinware (Württemberg, SMa): Unterschied zwischen den Versionen
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===wichtige Referenzkomplexe=== |
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Version vom 1. Oktober 2021, 20:00 Uhr
Die rotbemalte schwäbische Feinware ('Buocher Ware') datiert allgemein in das späte 12. bis 14. Jahrhundert (Gross 1991,72 ff.). Sie leitet sich von den Warenarten der älteren gelben Drehscheibenware, der gelben quarzgemagerten Ware und einer in Nordwürttemberg verbreiteten rotbemalten gelben Drehscheibenware ab (Gross 1995). Die Scherben sind fein geschlämmt, und sind von heller, beiger Farbe. Die Verzierung besteht aus roter Bemalung, wobei eine Entwicklung von einfachen senkrechten Linien über die typischen Gitternetze der klassischen 'Buocher Ware' über mehr klecksartige Verzierungen hin zu einfachen horizontalen Linien im Halsbereich zu beobachten ist, die schließlich zur glasierten Ware überleitet. Typische Formen sind die Bügelkanne, die auch hier eine ältere Doppelhenkelkannenform ablöst, und eine Reihe von Miniaturgefäßen. Hinzu kommt typisches Tafelgeschirr wie Aquamanilien und Tischglöckchen (Gross 1983).
Eine wichtige Töpferei dieser Warenart konnte in Remshalden-Buoch lokalisiert werden (Gross/Schäfer 1981; Gross 1987; Gross 1990; Gross 1991, 72 ff.; Gross 1993). Charakteristisch ist ein feiner Scherben, dessen Oberfläche sich leicht "seifig" anfühlt.
Einführung
Die „Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art“ bezeichnet eine aus der Produktionsstätte bei Remshalden-Buoch bei Waiblingen stammende Warenart (Bedal/Marski: Baujahr 1337. Schwäbisch-Hall 1997). Die „Rotbemalte schwäbische Feinware“ ist eine Variante der „Jüngeren Drehscheibenware“, welche die nachgedrehten Waren ablösen. Zur Jüngeren Drehscheibenware zählen auch die „Jüngere graue Drehscheibenware“ und die „Orange-engobierte Drehscheibenware“. Die rotbemalte Schwäbische Feinware entstand in der Tradition der „Älteren gelben Drehscheibenware“ und der davon abhängigen in Südwestdeutschland verbreiteten rotbemalten älteren gelben Drehscheibenware. Ähnlichkeiten zu nachgedrehter Ware wie mit der „Albware“ oder der „Feinsandig glimmerhaltigen, nachgedrehten Ware“ sind an ihr ebenfalls zu erkennen (Vgl. Hochmittelalterliche Keramik am Rhein 2011 Seite 9). Eine weitere Ähnlichkeit besteht mit der „Gelbquarzgemagerten Ware des mittleren Neckarraums“ um Stuttgart (Gross 2007). Neben Warenarten wie zum Beispiel der „Rollstempelkeramik Badorfer Art“, der „Pingsdorfer Ware“ oder der „Rotbemalten Elsässer Ware“ ist die „Rotbemalte schwäbische Feinware“ eine weitere Vertreterin der sogenannten „Rotbemalten Waren“.
Forschungsgeschichte
Wichtig sind die von H. Schäfer und U. Gross vorgelegten Funden aus einer Töpfereiabfallhalde in Remshalden-Buoch, Rems-Murr-Kreis (Schäfer/Gross 1981). Damit war es möglich das Produktionszentrum der regional schon früher erfassten rotbemalten Ware (Herrmann 1935) zu identifizieren.
alternative Bezeichnungen
- rotbemalte Feinware (Lobbedey 1968, 40; Scholkmann 1978, 64)
- Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art
- Buocher Ware
Charakteristika
Herstellungstechnik
Es handelt sich um eine scheibengedrehte Warenart, die, wie die Farbe des Scherben vermuten lässt, unter sauerstoffhaltiger Atmosphäre gebrannt wurde. Ab dem 13. Jahrhundert treten Innenkehlen auf. Vor allem die Bügelkannen der rotbemalten Feinware aus der Töpferei von Remshalden-Buoch besitzen solche (Vgl. Bedal/Marski 1997). Gefäße der „Rotbemalten schwäbischen Feinware Buocher Art“ haben in der Regel etwas kürzere Ränder als jene der gewöhnlichen Schwäbischen Feinware (Gross 2007).
Brand/ Farbe
Charakteristisch ist der feintonig-kreidige Scherben (Gross 2007, 35), der oxidierend gebrannt wurde. Mitunter wird das Material als sehr feintonig-hellgelb beschrieben (Vgl. Scholkmann: Stadtarchäologie Sindelfingen, Fehlende Paginierung).
Magerung
Als Magerung wurden „rötlich-braune Körnchen“ beigefügt (Schreg 1998).
Oberflächenbeschaffenheit
Die Ware wurde sehr gut mit nassen Fingern geglättet. Die Oberfläche fühlt sich "seifig" an. Die „Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art“ besitzt eine etwas feinere Oberfläche als andere rotbemalte Waren.
Verzierungen
Eine häufige Verzierung ist ein mit einem schmalen Malwerkzeug aufgetragenes rotes Gittermuster (Vgl. Bedal/Marski 1997). Gefäße der „Rotbemalten schwäbischen Feinware Buocher Art“ können zudem manchmal Halsriefen aufweisen (Gross 2007). In Schwäbisch-Gmünd wurde eine Bügelkanne aus der Augustinerkirche mit runden Eindruckstempeln auf dem Henkel erfasst (Gross 2007, 41). Späte Vertreter aus dem 14. oder 15. Jh. sind durch eine waagerechte Strichbemalung statt dem rotem Gitterdekor gekennzeichnet (Gross 2007). Unbemalte Formen existierten aber auch wie Funde aus der Esslinger Stadtkirche St. Dionysius beweisen (Gross 2007).
Varianten
Neben dieser wichtigen Töpferei muss aber auch noch mit weiteren Produktionsorten gerechnet werden. Mineralogische Untersuchungen in Sindelfingen belegen solch unterschiedliche Produktionszentren der rotbemalten schwäbischen Feinware. Auf der Ostalb findet sich verschiedentlich eine weiße, etwas gröbere, vielleicht als 'Nachahmung' anzusprechende Keramik, zu der eine Töpferei in Heidenheim nachgewiesen werden konnte (Schmidt/Scholkmann 1981, 339). 2019 wurde eine Töpferei in Heidenheim-Großkuchen aufgefunden, die nun eine genauere Definition der Heidenheimer bzw. rotbemalten jüngeren Drehscheibenware Großkuchener Art zulässt. Eine weitere Töpferei der schwäbischen Feinware kann zumindest für die Spätzeit aufgrund von Fehlbränden in Kirchheim/Teck lokalisiert werden (Laskowski 1991, 287).
Andere rotbemalte Waren wurden parallel in Oberfranken und im südlichen Unterfranken produziert (Vgl. Bedal/Marski 1997).
Gefäßformen
Charakteristisch für die „Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art“ ist das Auftreten vieler Sonderformen. Darunter sind weitmündige Doppelhenkelschüsseln oder eine Kanne mit einer mittels stabilisierendem Steg befestigten Ausgusstülle. Gänzlich neue Formen bzw. Scherzgefäße wurden im Karmeliterkonvent in Esslingen geborgen: ein Drillingsgefäß und große Überhenkelkrüge. Ferner sind flachbodige Pfannen ohne Füßchen, eine Henkeltasse und ein Miniatur-Spielzeug-Dreibeintopf erwähnenswert (Gross 2007).
Relativ häufig sind Miniaturgefäße.
Verbreitung
Das Kernverbreitungsgebiet der „Rotbemalten schwäbischen Feinware Buocher Art“ umfasst den weiteren Mittelneckarraum (vgl. Bedal/Marski 1997). Zur Kartierung bei Gross 1991 gibt Gross 2007 wihtieg Ergänzungen an. Ein Zusammenhang mit dem damaligen Territorium Württembergs erscheint naheliegend, doch greift das Verbreitunsgebiet regional darüber hinaus und spart die südwestlichen Besitzungen aus.
wichtige Referenzkomplexe
- Burg Marbach am Neckar
- Kloster Mariental in Steinheim a. d. Murr
- Esslingen, Karmeliterkloster
- Esslingen, denkendorfer Pfleghof
- Altes Schloss in Stuttgart
- Burg von Affalterbach-Wolfsölden
(Vgl. Gross 2007).
Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext
Literaturhinweise
- Schäfer/Gross 1981: H. Schäfer/U. Gross, "Rotbemalte Feinware" aus einer Töpfereiabfallhalde in Remshalden-Buoch, Rems-Murr-Kreis. Archäologisches Korrespondenzblatt 11, 1981, 355-360.
- Gross 1983: U. Gross. Das Aquamanile der 'rotbemalten Feinware' aus Speyer. Pfälzer Heimat 1983, 146-155.
- Gross 1987: U. Gross. Zur mittelalterlichen Keramikproduktion in Buoch. Buocher Hefte 6, 1987, 3-24.
- U. Gross. Neues zur rotbemalten Feinware. Buocher Hefte 10, 1990, 3-16.
- Gross 1991: Gross 1991: U. Gross. Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und schwäbischer Alb. Bemerkungen zur räumlichen Entwicklung und zeitlichen Gliederung. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 12 (Stuttgart 1991).
- Gross 1993: U. Gross. Neufunde aus der Töpferei der rotbemalten Feinware in Remshalden-Buoch, Rems-Murr-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1993, 253-255.
- Gross 1995: U. Gross. Neue Untersuchungen in der Töpferei der rotbemalten Feinware in Remshalden-Buoch. Rems-Murr-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1995, 320-322.
- Gross 2007: U. Gross, Nochmals zur "Rotbemalten Buocher Feinware". Buocher Hefte 27, 2007, 34–48.
- Gross/ Schäfer 1981: U. Gross/H. Schäfer. 'Rotbemalte Feinware' aus einer Töpfereiabfallhalde in Remshalden-Buoch. Rems-Murr-Kreis. Arch. Korrbl. 11, 1981, 355-360.
- Herrmann 1935: A. Herrmann, Romanische Tongefäße in Schwaben. Prähist. Zeitschr. 20, 1935, 227–238.
- Laskowski 1991: R. Laskowski. Stadtarchäologie in Kirchheim unter Teck, Kreis Esslingen - Grabungen und Notbergungen 1990/91. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1991, 285-287.
- Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).
- Schmidt/Scholkmann 1981: E. Schmidt/B. Scholkmann. Nikolauskapelle auf dem Grünen Hof in Ulm. Ergebnisse einer archäologischen Untersuchung, In: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 7 (Stuttgart 1981) 303-370.
- Scholkmann 1978: B. Scholkmann, Sindelfingen, obere Vorstadt. Eine Siedlung des hohen und späten Mittelalters. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 3 (Stuttgart 1978).