Renningen, Neuwiesenäcker: Unterschied zwischen den Versionen
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**7.3. [[Braune, meist rillenverzierte rauwandige Drehscheibenware (Neckarland, FMa)|Braune, meist rillenverzierte rauwandige Drehscheibenware]] |
**7.3. [[Braune, meist rillenverzierte rauwandige Drehscheibenware (Neckarland, FMa)|Braune, meist rillenverzierte rauwandige Drehscheibenware]] |
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*9. Nachgedrehte Keramik |
*9. Nachgedrehte Keramik |
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**9.1. Kalkgemagerte nachgedrehte Ware ([[Albware]]) |
**9.1. Kalkgemagerte nachgedrehte Ware ([[Albware]]) |
Version vom 1. Oktober 2021, 22:08 Uhr
Lage
Das ausgedehnte früh- bis hochmittelalterliche Siedlungsareal liegt westlich der Ortslage von Renningen (Lkr. Böblingen, Baden-Württemberg) und umfasst mehrere Flurteile bis über die Gemarkungsgrenze zu Malmsheim. Die Nähe zur Flur "Altheimer Tal" gibt Grund zur Annahme, dass die Siedlung mit dem Ort Altheim identifiziert werden darf, der im 12. bis 14. Jahrhundert in den Hirsauer Urkunden erwähnt wird. Nur in den Neuwiesenäckern ca 0,8 km WNW der Kirche konnte beim Straßenbau in den 1980er Jahren ein kleiner Ausschnitt archäologisch untersucht werden.
- Koordinaten: 48.767930, 8.9235626
Forschungsgeschichte
Kurt Maier konnte in den 1980er und 90er Jahren bei systematischen Feldbegehungen an zahlreichen Stellen im Renninger Becken mittelalterliche Siedlungsfundstellen lokalisieren. 1987/88 wurde im Vorfeld eines Straßenbaus ein kleiner Ausschnitt der Siedlung in den Neuwiesenäckern durch das LDA Stuttgart (Ingo Stork) ausgegraben. In den Folgejahren konnte das Landsedenkmalamt Baden-Württemberg in Renningen einen gewissen Schwerpunkt setzen, u.a. mit Grabungen in der frühalamannischen Siedlung Renningen, Raite. Eine Auswerung erfolgte durch Rainer Schreg unter dem Aspekt der mittelalterlichen Dorfgenese, doch wurde hier auch der Keramikfundbestand aus den verschiedenen Grabungen und Feldbegehungen ausgwertet und vorgelegt (Schreg 2006).
Befundsituation
Bei den Grabungen 1987 wurden die Grundrisse ein- und zweischiffiger Pfostenbauten, einfache Grubenhäuser, Herdstellen bzw. Ofenreste, die Pfostenreste einiger Zäune sowie zwei Brunnen aufgedeckt. Die Gebäude gehören, soweit sie anhand von Funden zu datieren sind, ins 10. bis 12. Jahrhundert. Nach Ausweis der Funde muss hier aber bereits im 9. und 10. Jahrhundert eine größere Siedlung gelegen haben. Die Anfänge der Siedlung reichen sogar noch weiter zurück: Einige wenige Funde der Völkerwanderungszeit zeigen, dass hier schon gleichzeitig mit der Siedlung in der Raite weitere Häuser existiert haben.
Einer der Brunnen enthielt einen Holzbalken, der sich dendrochronologisch exakt in den Winter von 999 auf das Jahr 1000 datieren ließ. Leider blieb unklar, ob es sich um ein Holz aus der Verfüllung oder von einer Brunnenfassung unterhalb der runden, trocken ausgeführten Steinaufmauerung handelte. Die Verfüllung des Brunnens jedenfalls erfolgte. nach dem Keramikspektrum zu schließen, frühestens im fortgeschrittenen 11. Jahrhundert. Sie enthielt zahlreiche Samen von Ruderalpflanzen, die darauf hindeuten, dass seine Umgebung nicht gepflegt und kaum begangen wurde. Dies könnte ein Hinweis auf eine allmähliche Aufgabe der Siedlung sein. Wann dies genau geschah, ist aus quellenkritischen Gründen nicht sicher zu erfassen.
Die jüngste nachweisbare Siedlungsphase gehört in das spätere 11. und 12. Jahrhundert. doch bleibt unklar, inwiefern im 13. Jahrhundert vielleicht noch mit ebenerdiger Bebauung zu rechnen ist, die sich im archäologischen Befund nicht mehr erfassen lässt. Nach den schriftlichen Quellen dürfte ein einzelner Hof noch bis ins 14. Jahrhundert bestanden haben. Sichere archäologische Anhaltspunkte, die Aufschluss über das Ende der Siedlung in den Neuwiesenäckern geben könnten, liegen nicht vor. Zwar konnten in einzelnen Befunden Brandreste festgestellt werden, doch kann daraus nicht auf eine Brandzerstörung der Siedlung geschlossen werden. Ähnlich wie in der Raite bestanden die Höfe aus mehreren Gebäuden. Die Hauptgebäude wiesen ein einfacheres Bauschema auf. Anstelle dreischiffiger Häuser errichtete man nur zweischiffige Gebäude, die jedoch eine ähnliche Größe erreichten. Wie in der Völkerwanderungszeit dürften Wohnraum und Stall unter einem Dach vereint gewesen sein. Gestelzte Speicher sind in der Grabungsfläche nicht nachweisbar.
Keramikfunde
Nach einer ersten Sichtung der Keramikfunde durch U. Gross, wurden diese durch Schreg 2006 bearbeitet und vorgelegt. Dabei wurden 12 Keramikgruppen unterschieden:
- 1. Vorgeschichtliche Keramik
- 2. Römische Keramik
- 2.1. Terra sigillata
- 2.2. Firniswaren
- 2.3. Römische Gebrauchskeramik
- 3. Handgemachte Keramik
- 3.1. Handgemachte Grobware
- 3.2. Handgemachte geglättete Ware
- 4. Terra nigra
- 5. Geglättete Drehscheibenware (Knickwandkeramik)
- 6. Terra-sigillata-Derivate/Rot gestrichene Ware
- 7. Rauwandige Drehscheibenkeramik
- 7.1. Rauwandige Drehscheibenware römischer Tradition
- 7.2. Graue rauwandige Drehscheibenware: u.a Donzdorfer Ware
- 7.3. Braune, meist rillenverzierte rauwandige Drehscheibenware
- 8. Ältere graue Drehscheibenware
- 9. Nachgedrehte Keramik
- 9.1. Kalkgemagerte nachgedrehte Ware (Albware)
- 9.2. Gröbere nachgedrehte Ware
- 9*.3. Feinsandig nachgedrehte Ware
- 10. Oxidierend gebrannte Drehscheibenkeramik
- 10.1. Ältere gelbe Drehscheibenware
- 10.2. Rotbemalte Waren
- 11. Jüngere, graue Drehscheibenware
- 12. Neuzeitliche Keramik
tabellarische Übersicht der Warenarten
nach Schreg 2006 Tab. 4
Warenart | Magerungsgröße | Magerungsdichte | Magerungsart | Härte | Farbe | Oberfläche | Brand | Technik | Randformen | Bemerkungen | ||||||||||
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Gruppe 1: Vorgeschichtliche Keramik | organisch/Quarz | überwiegend reduzierend | handgemacht sehr breites Spektrum | bei Schreg 2006 nicht genauer bearbeitet | ||||||||||||||||
Gruppe 2: Römische Keramik | ||||||||||||||||||||
2.1 Terra sigillata | sehr fein | schwach | hart | orange | poliert-glatt | oxid. | scheibengedr. | |||||||||||||
2.2 Firniswaren | fein | mäßig | Quarz | hart | grau | glatt | red. | scheibengedr. | ||||||||||||
2.3 römische Gebrauchskeramik | fein–grob | mäßig–stark | Quarz, Kalk, Schamotte, orangeschwarze Part. | weich | grau-braun | matt | red./oxid. | scheibengedr. | ||||||||||||
Gruppe 3: Handgemachte Keramik | ||||||||||||||||||||
3.1 handgemachte Grobware | mittelgrob–grob | stark | Quarz, Kalk | hart | braun–braunschwarz, meist fleckig | matt–rau | red. | handgemacht | 1–6 | Abgrenzungsprobleme geg. handgem. gegl. W. und vorgesch. Keramik | ||||||||||
3.2 handgemachte geglättete Ware | fein–mittelgrob | mäßig | Quarz, Kalk | hart | Braun-/ Grautöne | glatt–matt | red. | handgemacht | 7–12 | Abgrenzungsprobleme geg. handgem. Grobw. und Terra nigra, inkl. Rippen- u. Beutelgefäße | ||||||||||
Gruppe 4: Terra nigra | fein | schwach–mäßig | sehr unterschiedlich: Quarz, Kalk, Glimmer, rostbr. Part. | hart | grau | glatt–poliert, Horizontalriefen | red. | scheibengedr. | 13–15 | |||||||||||
Gruppe 5: Geglättete Drehscheibenware (Knickwandkeramik) | fein–mittel, grob | schwach–mäßig | Quarz | weich–hart | grau–hellbraun | glatt– poliert, Wellenlinien, Rollstempel | red./oxid. | scheibengedr. | ||||||||||||
5.1 schwarz engobierte Drehscheibenware | grob | mäßig–stark | Quarz | hart | schwarz | matt, engobiert | uneinheitl. | scheibengedr. | ||||||||||||
Gruppe 6: Terra-sigillata-Derivate/Rotgestrichene Ware | fein–mittelgrob | schwach | Quarz, Schamotte | hart | orange rot | engobiert | oxid. | scheibengedr. | ||||||||||||
Gruppe 7: Rauwandige Drehscheibenkeramik | ||||||||||||||||||||
7.1 rauwandige Drehscheibenw. röm. Trad. | grob, mittelgrob oder sehr grob | mäßig–stark | Quarz, Schamotte, vereinzelt schwarze Part., Schamotte (rostbr. Part.) | hart | rotbraun, grau, beige,orange, sämisch | rau, horizontale Rillen | uneinheitl. | scheibengedr. | 18–28 | |||||||||||
7.2 graue rauwandige Drehscheibenw. | mittel/grob | stark, seltener mäßig | Quarz | hart | grau | matt–rau | red. | scheibengedr. | 29–35 | |||||||||||
7.2.1 Einglättverzierte Keramik | mittelgrob–grob | mäßig | Quarz | hart | grau | rau, Einglättverzierung | red. | scheibengedr. | Einzelstück | |||||||||||
7.2.2 rauwandige Drehscheibenw. Donzdorfer Art | mittelgrob–grob | mäßig–stark | Quarz, rostbraune Part. | hart | grau | rau | red. | scheibengedr. | 34–35 | Craquelée | ||||||||||
7.3 Braune rauwandige, rillenverzierte Drehscheibenw. | grob, seltener mittel oder mittelgrob | mäßig–stark | Quarz, rostbr. Part., selten Kalk oder Schamotte | hart | sämisch-braun, schwarz | matt–rau, horizontale Rillen | uneinheitl. | scheibengedr. | 36–38 | |||||||||||
Gruppe 8: Ältere grautonige Drehscheibenware | mittelgrob–grob | Quarz | matt/rau | red. | scheibengedr. | 39–43 | ||||||||||||||
Gruppe 9: Nachgedrehte Keramik | ||||||||||||||||||||
9.1 kalkgemagerte nachgedrehte Ware (Albware) | fein–mittelgrob | stark | Kalk | weich | braun | matt | Mischbrand | nachgedreht | 44–49 | Wellenlinien | ||||||||||
9.2 gröbere nachgedrehte Ware | mitel–mittelgrob | mäßig–stark | Quarz | hart | grau-braun | rau | red. | nachgedreht | 46–46; 49–51 | |||||||||||
9.3 feinsandig- glimmerhaltige Ware | fein–mittel | schwach–mäßig | Glimmer, Quarz | hart | grau | matt | red. | nachgedreht | 52–54 | darunter sandgem. Var. der Albware | ||||||||||
Gruppe 10: Oxidierend gebrannte Drehscheibenkeramik | ||||||||||||||||||||
10.1 Ältere gelbe Drehscheibenware | mittel | mäßig–stark | Quarz | hart | strohgelb, sämisch-hellbeige, dunkelchrom | matt, Roll-, Einzelstempel, Eindruck, Wellenlinien | oxid. | scheibengedr. | 55–95 | Abgrenzungsprobleme zur neuzeitlichen Keramik | ||||||||||
Gelbe quarzgemagerte Ware | mittel | mäßig | Quarz, rostbraune Part. | hart | matt/geglättet | oxid. | scheibengedr./ nachgedreht | 80–81 | ||||||||||||
Gelbe kalkgemagerte Drehscheibenware | mittelgrob–grob | mäßig | Quarz, Kalk | hart | oxid. | |||||||||||||||
10.2 Rotbemalte Waren | ||||||||||||||||||||
Rotbemalte Elsässer Ware | fein | schwach–mäßig | Quarz | hart | matt/geglättet, kurvige Bemalung | oxid. | scheibengedr. | [[Rotbemalte ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, HMa)|Bemalte gelbe Drehscheibenw.]] | mittel | mäßig | Quarz, rostbraune Part. | hart | sämisch-braunocker | matt/glatt, kurvige Bemalung | oxid. | scheibengedr. | ||||
Pingsdorf-Ware bzw. Imitationen | mittel–grob | sämisch–dunkelchrom | Quarz | hart–sehr hart | dunkelchrom, sämisch | matt-rau, kleinteilige gitterförmige Bemalung | oxid. | scheibengedr. | mehrere Varianten | |||||||||||
Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art | fein–mittel | mäßig | Quarz, rostbraune Part. | hart | strohgelb | geglättet, flächige gitterförmige Bemalung | oxid. | scheibengedr. | kreidig | |||||||||||
Gruppe 11: Jüngere, graue Drehscheibenware | Var. a: mittelgrob–grob, Var. b: fein–mittel | Quarz | hart | grau–grauschwarz | geglättet–rau | red. | scheibengedr. | 96–98 | vergl. oxid. gebr. jüngere Drehscheibenware | |||||||||||
Gruppe 12: Neuzeitliche Keramik | Quarz, Kalk, Schamotte | glatt–rau, Glasur (häufig abgelöst) | uneinheitlich | scheibengedr. | 99 | breites Spektrum, hier nicht genauer bearbeitet |
Verbleib der Funde
Landesmus. Württemberg, Stuttgart; Archäologisches Landesmuseum, Rastatt; Archäologisches Museum Renningen https://www.renningen.de/archaeologisches-museum
Tabellarische Übersicht zur Fundstelle
Beschreibung | |
---|---|
Fundort | Renningen, Neuwiesenäcker |
Fundart | Siedlung |
Lage | 0,8 km WNW der Kirche |
Koordinaten | 48.767930, 8.9235626 |
Datierung | 6.-12.Jh. |
Warenarten | Rauwandige Drehscheibenware Donzdorfer Art (Neckarland/ Schwäb. Alb, FMa), Knickwandkeramik, nachgedrehte Waren, |
Formenspektrum | v.a Gebrauchskeramik, Töpfe |
Fundinventar | Siedlungsfunde, z.T. aus Gruben- bzw. Grubenhausverfüllungen |
Befundbeschreibung | Die Siedlung wurde nur in kleinen Ausschnitten archäologisch untersucht. Die Funde stammen v.a aus den Verfüllungen der Grubenhäuser und zweier Brunnen.. |
Verbleib | Landesmus. Württemberg, Stuttgart; Archäologisches Landesmuseum, Rastatt; Archäologisches Museum Renningen https://www.renningen.de/archaeologisches-museum |
Bemerkungen | |
Literatur | Schreg 2006 |
Literatur zur Fundstelle:
- Gross 1991: U. Gross, Die Funde. In: S. Arnold/U. Gross/I. Stork u. a. (Hrsg.), … mehr als 1 Jahrtausend … Leben im Renninger Becken vom 4. bis 12. Jahrhundert. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg 19 (Stuttgart 1991).
- Schreg 2006: R. Schreg, Dorfgenese in Südwestdeutschland. Das Renninger Becken im Mittelalter. Materialh. Arch. Bad.-Württ. 76 (Stuttgart 2006).
- Stork 1988: I. Stork, Ein frühmittelalterliches Dorf bei Renningen, Kreis Böblingen. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1988, 224–228.
- Stork 1991: I. Stork, Vor- und Frühgeschichte im Renninger Becken. In: B. Maier (Hrsg.), Renningen und Malmsheim. Eine Stadt und ihre Geschichte (Stuttgart 1991) 10–31.