Ravensburg, Veitsburg: Unterschied zwischen den Versionen

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Ravensburg, Veitsburg
 
Ravensburg, Veitsburg
   
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Die Veitsburg liegt südöstlich der Stadt [[Ravensburg]], die den alten Namen der Burg übernommen hat. Sie löste den alten Stammsitz der Welfen im nördlich gelegenen Altdorf ab, wo um 1056 das später so genannte Kloster Weingarten als welfische Familiengrablege gegründet wurde. Spätestens unter Welf IV, Herzog von Bayern wurde die Veitsburg zur welfischen Hauptburg. 1178/79 ging die Burg in staufischen Besitz über. Im Spätmittelalter begann eine Reduktion der inzwischen als Lehen ausgegebenen und verpfändeten Burg, die im 30jährigen Krieg zerstört wurde.
==Forschungsgeschichte==
 
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Burganlage, Grabungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg 1980 (E. Schmidt).
 
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[[Datei:Emminger Ravensburg von St Christina aus nach 1860.jpg|thumb|center|600px|Ravensburg mit Veitsburg, Ansicht von Südosten (St. Christina), Eberhard Emminger, Lithographie, nach 1860 (via [https://commons.wikimedia.org/wiki/File:E_Emminger_-_T%C3%BCbingen_vom_%C3%96sterberg_Lithographie_1870_Inv203_(SW042).jpg WikimediaCommons])]]
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==Archäologische Ausgrabungen==
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Bei der Neugestaltung des Burgareals wurden 1980 durch E. Schmidt erste größere Ausgrabungen durchgeführt, deren mittelalterlichen Befunde und Funde durch D. Ade-Rademacher ausgewertet wurden, die bereits die örtliche Grabungsleitung inne hatte (Ade-Rademacher 1993).
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Weitere Grabungen wurden in Folge weiterer Baumaßnahmen 2006 und 2010/11 notwendig, die bisher aber nur in Vorberichten greifbar sind (Klein 2006; Schmid 2011).
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==Befundsituation==
 
==Befundsituation==
Im Wirtschaftsareal der 1647 abgebrannten Burg wurde eine Fläche an der nordöstlichen Befestigungsmauer mit Resten einer Holzbebauung ergraben. Neben wenigen hochmittelalterlichen Funde treten zahlreiche Funde, die vor allem aus Planierschichten stammen. Fundreich waren insbesondere die Perioden II (Mitte 11. – Mitte 12. Jh.) und IV (1. Hälfte 13. Jh.).
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Im Wirtschaftsareal der 1647 abgebrannten Burg wurde 1980 eine Fläche an der nordöstlichen Befestigungsmauer mit Resten einer Holzbebauung ergraben. Neben wenige hochmittelalterliche Funde treten zahlreiche Funde, die aus stratifizierten Planierschichten stammen, die eine Periodisierung erlaubten. Fundreich waren insbesondere die Perioden II (Mitte 11. – Mitte 12. Jh.) und IV (1. Hälfte 13. Jh.).
   
 
==Keramikfunde==
 
==Keramikfunde==
Die Bearbeitung der Keramik durch Dorothee Ade unterschied 12 Warengruppen, die nicht nahtlos mit den überregionalen Keramikgruppen korreliert werden können
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Die Bearbeitung der Keramik durch Dorothee Ade unterschied 12 Warengruppen, die nicht nahtlos mit den überregionalen Keramikgruppen korreliert werden können. Insgesamt liegen über 3000 auswertbare Scherben vor.
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*Warengruppe 1 ([[Kammstrichware]]/ [[gröbere nachgedrehte Ware]]: 39%) mit Variante b ([[Goldglimmerware]]), vergl. [[Gröbere nachgedrehte Ware (Ulm, HMa)]]
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*Warengruppe 1 - [[Kammstrichware]]/ [[gröbere nachgedrehte Ware]] (39%) mit Variante b ([[Goldglimmerware]]), vergl. [[Gröbere nachgedrehte Ware (Ulm, HMa)]]
*Warengruppe 2 ([[Albware]]: 1%),
 
*Warengruppe 3 (sandgemagerte Variante der [[Albware]], u.a. mit Goldglimmer)
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*Warengruppe 2 - nachgedrehte kalkspatgemagerte Ware - [[Albware (Schwäbische Alb/ mittleres Neckarland, HMa)]] (ca. 1%)
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*Warengruppe 3 - kalk- und glimmergemagerte nachgedrehte Ware - sandgemagerte [[Albware (Schwäbische Alb/ mittleres Neckarland, HMa)|Variante der Albware]], u.a. mit Goldglimmer
*Warengruppen 4 -5 (feinsandig glimmerhaltige nachgedrehte Ware): 3,6% bzw. 18%, vergl. [[Feinsandig glimmerhaltige nachgedrehte Ware (Ostalb, HMa)]]
 
*Warengruppe 6 (harte nachgedrehte Ware: 10%), vergl. [[Gröbere nachgedrehte Ware (Ulm, HMa)]]
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*Warengruppe 4 - kalk- und glimmergemagerte nachgedrehte, teilweise [[Kammstrich]]-verzierte Ware (3,6 %) - vergl. [[Feinsandig glimmerhaltige nachgedrehte Ware (Ostalb, HMa)]]
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*Warengruppe 5 - gröbere orangegrau gemantelte, silber- und goldglimmergemagerte nachgedrehte Ware (18 %)
*Warengruppe 7 ([[Jüngere graue Drehscheibenware (Ulm und Oberschwaben, SMa)|jüngere Drehscheibenware]]: 9%),
 
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*Warengruppe 6 - harte nachgedrehte Ware (10%) mit Varianten a und b, vergl. [[Gröbere nachgedrehte Ware (Ulm, HMa)]]
*Warengruppe 8 ([[Orange engobierte Drehscheibenware (Bodenseeraum, SMa)|orange engobierte Drehscheibenware]]: <1%),
 
*Warengruppe 9 (oxidierend gebrannte jüngere Drehscheibenware mit feiner Kalkspatmagerung : 2%),
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*Warengruppe 7 - feinere beigerot gemantelte nachgedrehte Ware (9 %)
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*Warengruppe 8 - feinere beigerot gemantelte, kalkgemagerte und rot engobierte und bemalte nachgedrehte Ware (< 1 %) - [[Orange engobierte Drehscheibenware (Bodenseeraum, SMa)]]
*Warengruppe 10 ([[Polierte jüngere graue Drehscheibenware (Ulmer Raum, SMa)|polierte Variante der jüngeren grauen Drehscheibenware]]),
 
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[[Datei:ABB246.jpg|right|mini|Orange engobierte Ware, Ravensburg, Veitsburg.]]
*Warengruppe 11 (unglas. Irdenware) und Warengruppe 12 (glasierte Irdenware).
 
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*Warengruppe 9 - oxidierend gebrannte feinere beigerot gemantelte kalkgemagerte nachgedrehte Ware (2 %)
Insgesamt liegen über 3000 auswertbare Scherben vor.
 
 
*Warengruppe 10 - geglättete reduzierend gebrannte Drehscheibenware - ([[Polierte jüngere graue Drehscheibenware (Ulmer Raum, SMa)]]
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*Warengruppe 11 - unglasierte Drehscheibenware mit Varianten a (grob, dickwandig), b (oxidierend gebrannt) und c (reduzierend gebrannt) - [[Jüngere graue Drehscheibenware (Südwestdeutschland, SMa)]] sowie [[Jüngere graue Drehscheibenware (Ulm und Oberschwaben, SMa)]]
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*Warengruppe 12 - glasierte Ware
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Datierungsfixpunkte bot die Grabung nicht, weshalb die Bearbeitung überwiegend auf Vergleichen basiert.
 
Datierungsfixpunkte bot die Grabung nicht, weshalb die Bearbeitung überwiegend auf Vergleichen basiert.
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===besondere Funde===
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Bei den Grabungen 2010/11 wurde das Fragment eines Köpfchens eines gelbbraun glasierten Widder-[[Aquamanile]]s gefunden (Schmid 2011).
   
 
==Literatur zur Fundstelle==
 
==Literatur zur Fundstelle==
*Ade-Rademacher / Rademacher 1993: D. Ade-Rademacher / R. Rademacher, Der Veitsberg bei Ravensburg. Vorgeschichtliche Höhensiedlung und mittelalterlich-frühneuzeitliche Höhenburg. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 16 (Stuttgart 1993).
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*Ade-Rademacher 1993: Dorothee Ade-Rademacher/ Reinhard Rademacher: Der Veitsberg bei Ravensburg. Vorgeschichtliche Höhensiedlung und mittelalterlich-frühneuzeitliche Höhenburg. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 16 (Stuttgart 1993). - ISBN 3-8062-1075-6
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*Klein 2006: F. Klein, Ausgrabung auf dem Veitsberg, Stadt Ravensburg. Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 2006, 240–242.
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*Schmid 2011: B. Schmid, Veitsburg III - die dritte archäologische Untersuchung in der Ravensburger Veitsburg. Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 2011, 242–246.
   
 
[[Kategorie:Fundstellenregest]]
 
[[Kategorie:Fundstellenregest]]

Aktuelle Version vom 2. Januar 2024, 17:42 Uhr

Ravensburg, Veitsburg

Die Veitsburg liegt südöstlich der Stadt Ravensburg, die den alten Namen der Burg übernommen hat. Sie löste den alten Stammsitz der Welfen im nördlich gelegenen Altdorf ab, wo um 1056 das später so genannte Kloster Weingarten als welfische Familiengrablege gegründet wurde. Spätestens unter Welf IV, Herzog von Bayern wurde die Veitsburg zur welfischen Hauptburg. 1178/79 ging die Burg in staufischen Besitz über. Im Spätmittelalter begann eine Reduktion der inzwischen als Lehen ausgegebenen und verpfändeten Burg, die im 30jährigen Krieg zerstört wurde.

Ravensburg mit Veitsburg, Ansicht von Südosten (St. Christina), Eberhard Emminger, Lithographie, nach 1860 (via WikimediaCommons)

Archäologische Ausgrabungen

Bei der Neugestaltung des Burgareals wurden 1980 durch E. Schmidt erste größere Ausgrabungen durchgeführt, deren mittelalterlichen Befunde und Funde durch D. Ade-Rademacher ausgewertet wurden, die bereits die örtliche Grabungsleitung inne hatte (Ade-Rademacher 1993). Weitere Grabungen wurden in Folge weiterer Baumaßnahmen 2006 und 2010/11 notwendig, die bisher aber nur in Vorberichten greifbar sind (Klein 2006; Schmid 2011).


Befundsituation

Im Wirtschaftsareal der 1647 abgebrannten Burg wurde 1980 eine Fläche an der nordöstlichen Befestigungsmauer mit Resten einer Holzbebauung ergraben. Neben wenige hochmittelalterliche Funde treten zahlreiche Funde, die aus stratifizierten Planierschichten stammen, die eine Periodisierung erlaubten. Fundreich waren insbesondere die Perioden II (Mitte 11. – Mitte 12. Jh.) und IV (1. Hälfte 13. Jh.).

Keramikfunde

Die Bearbeitung der Keramik durch Dorothee Ade unterschied 12 Warengruppen, die nicht nahtlos mit den überregionalen Keramikgruppen korreliert werden können. Insgesamt liegen über 3000 auswertbare Scherben vor.

Orange engobierte Ware, Ravensburg, Veitsburg.


Datierungsfixpunkte bot die Grabung nicht, weshalb die Bearbeitung überwiegend auf Vergleichen basiert.


besondere Funde

Bei den Grabungen 2010/11 wurde das Fragment eines Köpfchens eines gelbbraun glasierten Widder-Aquamaniles gefunden (Schmid 2011).

Literatur zur Fundstelle

  • Ade-Rademacher 1993: Dorothee Ade-Rademacher/ Reinhard Rademacher: Der Veitsberg bei Ravensburg. Vorgeschichtliche Höhensiedlung und mittelalterlich-frühneuzeitliche Höhenburg. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 16 (Stuttgart 1993). - ISBN 3-8062-1075-6
  • Klein 2006: F. Klein, Ausgrabung auf dem Veitsberg, Stadt Ravensburg. Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 2006, 240–242.
  • Schmid 2011: B. Schmid, Veitsburg III - die dritte archäologische Untersuchung in der Ravensburger Veitsburg. Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 2011, 242–246.