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Unterregenbach (Stadt Langenburg, Lkr. Schwäbisch-Hall)
   
 
Unterregenbach ist ein für die Archäologie des Mittelalters bedeutender Fundort. Heute ist es ein unscheinbares Dorf im Tal der Jagst, doch zeigt sich archäologisch ein Siedlungskomplex aus Abschnittswall, festem Haus und zwei stattlichen Kirchen, zu denen keine aussagekräftigen Schriftquellen vorliegen ("Rätsel von Regenbach").
 
Unterregenbach ist ein für die Archäologie des Mittelalters bedeutender Fundort. Heute ist es ein unscheinbares Dorf im Tal der Jagst, doch zeigt sich archäologisch ein Siedlungskomplex aus Abschnittswall, festem Haus und zwei stattlichen Kirchen, zu denen keine aussagekräftigen Schriftquellen vorliegen ("Rätsel von Regenbach").

Aktuelle Version vom 24. März 2024, 16:22 Uhr

Unterregenbach (Stadt Langenburg, Lkr. Schwäbisch-Hall)

Unterregenbach ist ein für die Archäologie des Mittelalters bedeutender Fundort. Heute ist es ein unscheinbares Dorf im Tal der Jagst, doch zeigt sich archäologisch ein Siedlungskomplex aus Abschnittswall, festem Haus und zwei stattlichen Kirchen, zu denen keine aussagekräftigen Schriftquellen vorliegen ("Rätsel von Regenbach"). Mehrere Ausgrabungen lieferten einen Keramikbestand, dem forschungsgeschichtlich eine große Bedeutung zur Kenntnis der Keramik des Hochmittelalters zukommt.

Lage

Unterregenbach liegt an der Westflanke des Jagsttales, ca. 2,5 km NNW der spätmittelalterlichen Burgstadt Langenburg.

historischer Hintergrund

Zu Unterregenbach existieren bemerkenswert wenige aussagekräftige Schriftquellen, darunter jedoch eine Kaiserurkunde von 1033. Damals stiftete Kaiserin Gisela ihren - möglicherweise aus den Gütern der schwäbischen Herzöge stammenden - Unterregenbacher Besitz an das Hochstift Würzburg.

Im späten 8./ frühen 9. Jhd. entstand eine kleine Saalkirche sowie eine Siedlung. Die Kirche entwickelte sich über vier Bauphasen des 10.-13. Jh. zu einer großen Basilika mit Krypta. Es ist ungewiß, inwiefern hier eine adlige Grablege oder ein Stift anzunehmen ist, da für beides eindeutige archäologische Belege fehlen. Daneben entstand im 11. Jahrhundert eine kleine Basilika, die heutige Pfarrkirche St. Veit.

Im späten 12./ frühen 13 Jh. hatte die große Basilika ihre Bedeutung verloren und der Bau wurde um fast die Hälfte seiner Gesamtlänge verkürzt, ehe sie spätestens im 15. Jh. aufgegeben wurde. Spätestens im 16. Jh. entstand über der Krypta das Pfarrhaus.

Möglicherweise ist die Langenburg auf einem Sporn oberhalb der Jagst die Nachfolgeanlage des Unterregenbacher Herrenhofs.


Forschungsgeschichte

Erste archäologische Ausgrabungen fanden 1908 statt, umfangreiche Untersuchungen in den Jahren 1960-68 (G. Stachel/ G.P. Fehring) und 1979-88 (H. Schäfer).

2020 wurde eine neue Initiative ergriffen, um die Forschungen weiter zu führen.

Befundsituation

Abschnittswall "Alte Burg"

Große Basilika

erbaut 2. H. 10. Jh.

Dorfkirche St. Veit

Frankenbauer-Areal

Herrensitz, Siedlung mit festen Steinbauten seit spätem 8. Jh., Töpferofen des 13. Jh.

Alter Pfarrhof

erste Steingebäude im 11. Jh.

„Parzelle 91/4“

erster Steinbau Ende 11. Jh.

Keramikfunde

Die grundlegende Bearbeitung erfolgte durch Uwe Lobbedey (1972).

  • Ältere Drehscheibenware
  • Gewülstete Ware
    • Gruppe III - abgestrichene Ware
    • Gruppe IV - einfach nachgedrehte Ware
      • Gruppe IVa - grobtonige Art
      • Gruppe IVb - feintonige, graue Ware
    • Gruppe V - schnellaufend nachgedrehte Ware
      • Gruppe Va - grobtonige Art
      • Gruppe Vb - feintonige, graue Ware
      • Gruppe Vc - schiefrige Art
  • Jüngere Drehscheibenware
    • Gruppe VI - rotbemalte Feinware
      • Gruppe VIa - bemalt
      • Gruppe VIb - glasiert
    • Gruppe VII - gemeine Arten der jüngeren Drehscheibenware
      • Gruppe VIIa - schiefrige, graue Art
      • Gruppe VIIb - grobtonige Art
      • Gruppe VIIc - sandige, graue Art
      • Gruppe VIId - feinsandige, hartgebrannte Art
    • Gruppe VIII - spät- und nachmittelalterliche Warenarten

Die Differenzierung der nachgedrehten Waren, wie sie Lobbedey vorgenommen hatte. ist nur schwer zu halten, weil er die Einschätzungsmöglichkeiten der Herstellungstechnik etwas zu optimistisch gesehen hatte. Eine Neueinschätzung der früh- und hochmittelalterlichen Keramikfunde aus Unterregenbach bietet daher Gross (1990). Demnach lassen sich formal zwei Gruppen nachgedrehter Ware unterscheiden (Gross 1990, 392ff.). Gruppe 1 mit kurzen, spitz zulaufenden Randbildungen ohne Hals und bauchigen bis steilwandigen Gefäßkörpern wurde mit slawischer Keramik aus Franken in Verbindung gebracht, Gruppe 2 entspricht in seinen Randbildungen dem sonst in Südwestdeutschland üblichen (Gröbere nachgedrehte Ware (Neckarland, HMa); vgl. Feinsandig glimmerhaltige nachgedrehte Ware (Neckarland, HMa)). Uwe Gross konnte im Unterregenbacher Fundmaterial auch Glimmerware (Rhein-Main-Gebiet, FMa/ HMa/ SMa) bestimmen.

Chronologie

Verbleib der Funde

In Unterregenbach besteht ein kleines Grabungsmuseum.

Literatur zur Fundstelle

  • Fehring 1967: G. P. Fehring, Kirchenanlagen und ein Herrensitz des frühen und hohen Mittelalters in Unterregenbach. Château Gaillard 2, 1967, 49–61.
  • Fehring 1972: G. P. Fehring (Hrsg.), Unterregenbach. Kirchen, Herrensitz, Siedlungsbereiche. Die Untersuchungen der Jahre 1960-1963 mit einem Vorbericht über die Grabungen der Jahre 1964-1968. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 1 (Stuttgart 1972).
  • Fehring 1972: G. P. Fehring, Die "Alte Burg" oberhalb der frühmittelalterlichen Kirchenfamilie zu Unterregenbach an der Jagst. Château Gaillard 6, 1972, 69–81.
  • Fehring 1972: G. P. Fehring, Eine mehrperiodige Abschnittsbefestigung oberhalb der frühmittelalterlichen Kirchenfamilie zu Unterregenbach, Kr. Crailsheim. Arch. Korrbl. 2, 1972, 219–223.
  • Fehring u. a. 1972: G. P. Fehring/S. Kummer/G. Stachel, Die "Alte Burg" oberhalb von Unterregenbach (Stadt Langenburg, Kr. Crailsheim). Ein Beitrag zum Thema Kloster, hof und Burg im frühen Mittelalter mit den Ergebnissen einer Probegrabung. Württ. Franken 56, 1972, 121–133.
  • Fehring/Stachel 1966: G. P. Fehring/G. Stachel, Kirchenanlagen, Herrensitz und Siedlungsreste des Mittelalters in Unterregenbach. Württ. Franken 50, 1966, 37–51.
  • Gross 1989: U. Gross, Slawische Keramikfunde in Unterregenbach. Denkmalpfl. Bad.-Württ. 18, 1989, 174–179.
  • Gross 1990: U. Gross, Früh- und hochmittelalterliche Keramikfunde aus Unterregenbach, Lkr. Schwäbisch Hall. Fundber. Bad.-Württ. 15, 1990, 385–419.
  • Gross 1998: U. Gross, Die Keramikfunde aus der Grabung auf Parzelle 91/4 in Unterregenbach, Stadt Langenburg, Kreis Schwäbisch Hall. Fundber. Bad.-Württ. 22/1, 1998, 771–801.
  • Gross u. a. 1988: U. Gross/S. Jenter/C. Prohaska u. a., Ausgrabungen in Unterregenbach, Stadt Langenburg, Kreis Schwäbisch Hall. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1988, 249–257.
  • Kübler 2014: Ch. Kübler, Noch einmal - Das Rätsel von Regenbach. Wirklich ein Rätsel? (Tübingen 21.10.2014). - https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/handle/10900/57131
  • Kummer 1981: S. Kummer, Die Krypta von Unterregenbach und ihre Kapitelle. Ein Beitrag zur ottonischen Architektur in Süddeutschland. In: ,Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 7 (Tübingen 1981) 149–223.
  • Lobbedey 1972: U. Lobbedey, Keramik. In: G. P. Fehring (Hrsg.),Unterregenbach. Kirchen, Herrensitz, Siedlungsbereiche. Die Untersuchungen der Jahre 1960-1963 mit einem Vorbericht über die Grabungen der Jahre 1964-1968. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 1 (Stuttgart 1972) 184–206.
  • Schäfer/Stachel 1989: H. Schäfer/G. Stachel, Unterregenbach. Archäologische Forschungen 1960 - 1988. Arch. Inf. Bad.-Württ. 9 (Stuttgart 1989).
  • Scholkmann u. a. 1980: B. Scholkmann/H. Schäfer/G. Stachel u. a. (Hrsg.), Das Rätsel von Regenbach. Ergebnisse und neue Fragen der Archäologie des Mittelalters 1960-1978 (Stuttgart 1980).