Oxidierend gebrannte rheinische Drehscheibenware: Unterschied zwischen den Versionen
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Unter dem Begriff der oxidierend gebrannten rheinischen Drehscheibenware seien hier verschiedene Warenarten des rheinischen Vorgebirges zusammengefasst, die in der Forschung in der Regel in vier verschiedene Waren ([[Badorfer Ware (Rheinland, FMa)|Badorfer Ware]], [[Walberberg]]er Ware, [[Hunneschans-Keramik]], [[Pingsdorfer Ware]]) differenziert wird, die man aber immer in einer Entwicklungsinie gesehen hat. |
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Konstantin Koenen hat bereits 1887 mittelalterliche, von ihm karolingisch datierte Keramik aus dem Rheinischen Vorgebirge beschrieben. Seit den 1930er Jahren wurden mehr und mehr Produktionsorte bekannt, wie Badorf, Waldorf, Walberberg, Eckdorf, Pingsdorf und Fischenich. |
Konstantin Koenen hat bereits 1887 mittelalterliche, von ihm karolingisch datierte Keramik aus dem Rheinischen Vorgebirge beschrieben. Seit den 1930er Jahren wurden mehr und mehr Produktionsorte bekannt, wie Badorf, Waldorf, Walberberg, Eckdorf, Pingsdorf und Fischenich. |
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+ | Diese Fundstellen wurden die Grundlage, um mindestens vier anhand der Magerung deutlich unterscheidbare Warenarten zu differenzieren, die indes im Formenbestand nicht deutlich voneinander abzusetzen sind. Wichtige Bearbeitungen erfolgten dabei zunächst von der Peripherie aus, etwa mit der Bearbeitung der Funde aus [[Haithabu]] (Hübener 1959; Steuer 1974; Janssen 1987). Auf der Grundlage einiger Teilbearbeitungen (Rech 1989; Heege 1995; Friedrich 2002; Sanke 2002) schlug Keller eine Phasengliederung der karolingerzeitlichen Keramik vom Köln-Bonner-Vorgebirge vor (Keller 2004), die vielfach die Formenkontinuität über die klassischen Warenarten hinweg betonte. Streng genommen erweisen sich die klassischen Waren wie die Walberberger Ware, die Badorfer Ware und der Pingsdorfer Ware als Varianten einer übergeordneten Gruppe, die darum hier als oxidierend gebrannte rheinische Drehscheibenware bezeichnet wird. |
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*fränkische Drehscheibenware |
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+ | Da viele der Warenarten auch graue Scherben mit reduzierendem Brand kennen, ist zu diskutieren, inwiefern es sinnvoll ist, das Kriterium des oxidierenden Brands oder alternativ eine Bezeichnung als "gelbe Drehscheibenware" in die Warenbezeichnung aufzunehmen. Dafür spricht, dass zumeist helle Farbe intendiert war, auf der die letztlich häufige rote Bemalung erst zur Geltung kommt. Die überregionalen Wirkungen, die von der rheinischen Drehscheubenware ausgingen, scheinen überwiegend oxidierenden Brand mit sich gebracht zu haben. |
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Aktuelle Version vom 9. April 2024, 13:52 Uhr
Unter dem Begriff der oxidierend gebrannten rheinischen Drehscheibenware seien hier verschiedene Warenarten des rheinischen Vorgebirges zusammengefasst, die in der Forschung in der Regel in vier verschiedene Waren (Badorfer Ware, Walberberger Ware, Hunneschans-Keramik, Pingsdorfer Ware) differenziert wird, die man aber immer in einer Entwicklungsinie gesehen hat.
Viele dieser Warengruppen, wie die Badorfer Ware treten allerdings auch in grauen Farbtönen auf und zeigen Affinitäten zu dem auf, was als Rheinische Grauwaren bezeichnet wurde.
Die
Forschungsgeschichte
Konstantin Koenen hat bereits 1887 mittelalterliche, von ihm karolingisch datierte Keramik aus dem Rheinischen Vorgebirge beschrieben. Seit den 1930er Jahren wurden mehr und mehr Produktionsorte bekannt, wie Badorf, Waldorf, Walberberg, Eckdorf, Pingsdorf und Fischenich.
Diese Fundstellen wurden die Grundlage, um mindestens vier anhand der Magerung deutlich unterscheidbare Warenarten zu differenzieren, die indes im Formenbestand nicht deutlich voneinander abzusetzen sind. Wichtige Bearbeitungen erfolgten dabei zunächst von der Peripherie aus, etwa mit der Bearbeitung der Funde aus Haithabu (Hübener 1959; Steuer 1974; Janssen 1987). Auf der Grundlage einiger Teilbearbeitungen (Rech 1989; Heege 1995; Friedrich 2002; Sanke 2002) schlug Keller eine Phasengliederung der karolingerzeitlichen Keramik vom Köln-Bonner-Vorgebirge vor (Keller 2004), die vielfach die Formenkontinuität über die klassischen Warenarten hinweg betonte. Streng genommen erweisen sich die klassischen Waren wie die Walberberger Ware, die Badorfer Ware und der Pingsdorfer Ware als Varianten einer übergeordneten Gruppe, die darum hier als oxidierend gebrannte rheinische Drehscheibenware bezeichnet wird.
alternative Bezeichnungen
- Vorgebirgsware
- fränkische Drehscheibenware
- gelbe Irdenware
Definition
Da viele der Warenarten auch graue Scherben mit reduzierendem Brand kennen, ist zu diskutieren, inwiefern es sinnvoll ist, das Kriterium des oxidierenden Brands oder alternativ eine Bezeichnung als "gelbe Drehscheibenware" in die Warenbezeichnung aufzunehmen. Dafür spricht, dass zumeist helle Farbe intendiert war, auf der die letztlich häufige rote Bemalung erst zur Geltung kommt. Die überregionalen Wirkungen, die von der rheinischen Drehscheubenware ausgingen, scheinen überwiegend oxidierenden Brand mit sich gebracht zu haben.
Charakteristika
Warenart | Magerung | Farbe | Härte | Oberfläche | Verzierung |
---|---|---|---|---|---|
Badorfer Keramik | 0,05 - 0,3 mm | weiß/ beige bis dunkelgrau, oliv | glatt | ||
Walberberger Ware | 0,4 - 0,6 mm mit geringem Anteil grober Partikel (1,0 - 2,0 mm) | weiß/ beige bis dunkelgrau, oliv | pickelig | ||
Hunneschans (Pingsdorfer Ware des 9. Jh.) | 0,1 - 0,2 mm | weiß/ beige bis dunkelgrau, oliv | Rollstempeldekor, Bemalung | ||
Pingsdorfer Ware (10.-12. Jh.) | > 0,2 mm | weiß/ beige bis dunkelgrau, oliv | abhängig von Magerungsmenge |
Phasengliederung
Ch. Keller schlug 2004 eine Gliederung der Entwicklung in fünf Phasen A-E vor, die sich vor allem aufgrund der sich verändernden Ausformung der Gefäßränder und des Wandels der Verzierung unterscheiden lassen. Anhand absolut datierter Vergleichsfunde läßt sich der Beginn der Entwicklung am Anfang des 8. Jahrhunderts fassen. Das Ende seiner Entwicklungsreihe konnte im ausgehenden 9. Jahrhundert fixiert werden, wo der Übergang zur Pingsdorfer Ware erfolgt. Die Phasen Bund C sind nur relativchronologisch in diese Entwicklungsreihe eingeordnet (Keller 2004).
Die traditionelle Wareneinteilung (Badorfer Ware, Walberberger Ware, Hunneschans-Keramik, Pingsdorfer Ware) tritt in Kellers Einteilung in der Bedeutung zurück. Er betont die Kontinuität, vermeidet aber eine übergreifende Bezeichung wie den hier in BaLISminK verwendeten Begriff der xxidierend gebrannten rheinischen Drehscheibenware.
Phase | Waren | Datierung | Datierungsfixpunkte | Fundorte | Merkmale | Verzierung | Gefäß- und Randformen |
---|---|---|---|---|---|---|---|
A | Walberberger Ware; Badorfer Ware | ca. 705-740 (Phase Niederrhein 11 nach Siegmund) | Duisburg, Walsum | Walberberg | Bandhenkel nur unter dem Rand festgestrichen | nur gelegentlich auf Töpfen und Schalen in Form von eingeritzten horizontalen Linien oder Wellenbändern | Wölbwandtopf mit zumeist waagerecht nach auBen abgestrichene oder hakenformige, zum Teil innen gekehlte Rander, Stand- oder Linsenboden
Kleine Töpfe mit schrag nach auBen gestellten Ränder mit Deckelfalz oder hakenformig umgewinkelten Rändern Knickwandschalen weitmundige Schüsseln Henkelflaschen |
B | Badorfer Ware | 2. H. 8. Jh. | Eckdorf | Töpfe hauptsächlich mit eingeritzten Wellenlinien verziert, nur vereinzelt ein- oder zweizeilige Rechteckrollstempel | Topfformen in merowingerzeitlicher Tradition
erste Reliefbandamphoren kleine Töpfe zeigen mit Wackelboden erste Entwicklungsschritte zum Kugeltopf mit einfach nach auBen gerichtetem Lippenrand | ||
C | Badorfer Ware | kurz vor 800- 810/30 | ex silentio: in Haithabu im Halbkreiswall nicht mehr vertreten | Walberberg | verringerte Verzierung, keine Wellenlinien mehr, vermehrte Verwendung zwei- und dreizeiliger Rollstempel | große Töpfe mit "gerundet hängenden Randern" wie Kugeltöpfe
halbkugelige Schalen (stark verschliffene Weiterentwicklung der merowingerzeitlichen Knickwandschale | |
D | frühe Pingsdorfer Ware | Mitte des 9. Jh. (Phase Pingsdorf 1) | Xanten, Schallgefäße vor 863 | Walberberg, Buschgasse 27 Ofen 1 | Henkel auf der gesamten Oberseite mit der Lippe verstrichen | Rechteckrollstempel und eingeritzte horizontale Linien, vereinzelt auch noch Wellenlinienmuster. | große Töpfe mit "rundlich verdickten Rändern" wie Kugeltöpfe
Schalen mit nach außen umbiegendem Rand Reliefbandamphoren mit wulstartig auf der Schulter aufliegendem Rand |
E | Hunneschanskeramik/ frühe Pingsdorfer Ware | letztes Viertel 9. Jh. (Phase Pingsdorf 2) | Pingsdorf, Badorfer Straße 17; Bonn, St. Martin | rotbraun brennende Bemalung mit Tonschlickern | Tüllenkannen
|
Literaturhinweise
- Böhner u. a. 1950: K. Böhner/P.J. Zholen/R. von Uslar, Ausgrabungen in den Kirchen von Breberen und Doveren (Regierungsbezirk Aachen). Bonner Jahrb. 150, 1950, 192-228.
- Bridger/Siegmund 1987: C. Bridger/F. Siegmund, Funde des 8. Jahrhunderts aus Xanten. Bonner Jahrb. 187, 1987, 543–562.
- Fremersdorf 1932: F. Fremersdorf, Badorf. Germania 16, 1932, 231.
- Friedrich 2002: R. Friedrich, Mittelalterliche Keramik aus rheinischen Motten. Funde aus den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf. Rhein. Ausgr. 44 (Köln 2002).
- Gross 2021: U. Gross, Reliefbandamphoren, Hunneschans- und Badorf-Ware sowie weitere Importkeramik der Karolingerzeit und des Hochmittelalters am nördlichen Oberrhein (Heidelberg 2021). - doi:10.11588/artdok.00007223
- Heege 1995: A. Heege, Die Keramik des frühen und hohen Mittelalters aus dem Rheinland. Stand der Forschung ; Typologie, Chronologie, Warenarten. Arch. Ber. 5 (Bonn 1995).
- Herrnbrodt 1958: A. Herrnbrodt, Der Husterknupp. eine rheinische Burganlage des frühen Mittelalters (Köln, Graz 1958).
- Hübener 1959: W. Hübener, Die Keramik von Haithabu. Ausgr. Haithabu 2 (Neumünster 1959)
- Jankuhn 1936: H. Jankuhn, Die Ausgrabungen in Haithabu 1935/36. Offa 1, 1936, 96–140.
- Janssen 1987: W. Janssen, Die Importkeramik von Haithabu. Ausgr. Haithabu 9 (Neumünster 1987).
- Keller 2004: C. Keller, Badorf, Walberberg und Hunneschans. Zur zeitlichen Gliederung karolingerzeitlicher Keramik vom Köln-Bonner Vorgebirge. Arch. Korrbl. 34, 2004, 125–137.
- Koenen 1887: C. Koenen, Zur karolingischen Keramik. Westdt. Zeitschr. Gesch. u. Kunst IV/4, 1887, 354–366.
- Kottmann/Goldstein 2015: A. Kottmann/O. Goldstein, St. Walburga in Meschede. Der karolingische Bau und das Schalltopfensemble. Zugl.: Tübingen, Univ., Diss. 2015. Tübinger Forsch. hist. Arch. 5 (Büchenbach 2015).
- Rech 1989: M. Rech, Zur fruhmittelalterlichen Topographie von Walberberg. Bonner Jahrb. 189, 1989, 285-344.
- Lung 1955: H. Lung, Töpferöfen der frühmittelalterlichen Badorfware in Badorf und Pingsdorf. Kölner Jahrb. Vor- u. Frühgesch. 1, 1955, 56 f.
- Sanke 2002: M. Sanke, Die mittelalterliche Keramikproduktion in Brühl-Pingsdorf. Technologie - Typologie - Chronologie. Rhein. Ausgr. 50 (Mainz 2002).
- Steuer 1974: H. Steuer, Die Südsiedlung von Haithabu : Studien zur frühmittelalterlichen Keramik im Nordseeküstenbereich und in Schleswig-Holstein. Ausgr. Haithabu 6 (Neumünster 1974)
- Tischler 1952: F. Tischler, Zur Datierung der frühmittelalterlichen Tonware von Badorf, Landkr. Köln. Germania 30, 1952, 194–200.