Ladenburg

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Ladenburg liegt am unteren Neckar und ist archäologisch vor allem wegen der Befunde des römischen Lopodunum bekannt. Tatsächlich hat Ladenburg eine erhebliche Bedeutung für die Keramikforschung des Mittelalters, da zahlreiche Funde und Befunde aus der römischen Kaiserzeit und der Spätantike vorhanden sind, die für die Kenntnis der Keramik der Völkerwanderungszeit von Bedeutung sind. Zu nennen sind der spätantike Burgus, aber auch die neckarsuebische bis "frühalamannische" Siedlung Ladenburg, Ziegelscheuer.

Neuere Forschungen zeigen, dass die Annahme einer Kontinuität von der römischen Antike ins Früjmittelalter durch die Befunde in der Stadt selbst nicht gedeckt werden. Viele Grabungen sind - insbesonderewas das Mittelalter betrifft - bislang nich ausgewertet. Die früh- bis hochmittelalterliche Keramik wurde anhand einiger Grabungen exemplarisch bearbeitet.


Forschungsgeschichte

Erste Untersuchungen und Beobachtungen zur mittelalterlichen Keramik gehen auf Erich Groppengießer zurück, dessen Funde jedoch weitgehend im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden (Lobbedey 1968, 178).

Die Entdeckung einer spätantiken Schiffslände lenkte in den 197oer und 80er Jahren den Blick auf spätantike und 'frühalamannische' Funde in Ladenburg. Bereits bei Grabungen nahe der Südwestecke der römischen Vicusmauer in den 1960er Jahren waren frühalamannische Funde gemacht worden. Großflächige Grabungen fanden 1978-80 in der neckarswebischen Siedlung und römischen villa rustica "Ziegelscheuer" statt. Dabei wurde auch ein umfangreicher 'alamannischer' Fundbestand identifiziert. Diese Grabungen wurden durch G. Lenz-Bernhard erst in einem Vorbericht (Lenz-Bernhard 1988) und schließlich monographisch vorgelegt (Lenz-Bernhard 2002).

Die Grabungen am Bischofshof erbrachten eine stratigraphische Abfolge von der Römerzeit bis in die frühe Neuzeit. Am Domhof/Bischofshof wurde im Umfeld der Sebastianskapelle eine Bauabfolge rekonstruiert, in der man eine Kontinuität von der römichen Zeit über einen fränkischen Könishof hin zum Bischofshof des Spätmittelalters und der frühne Neuzeit annahm. Dabei ging man von der Existenz eines merowingerzeitlichen Königshof aus, der in einer Urkunde König Dagoberts 628 erwähnt wird (MGH D Merov. 1, 30), die sich allerdings inzwischen als Fälschung erwiesen hat. Tatsächlich sind rein archäologosch die ersten nachrömischen Baubefunde die des romanischen Kirchturms, der jedoch ältere Steinplattengräber stört, die auf eine vorromanische Kirche schließen lassen. Auch merowingerzeitliche Gräber mit Knickwandkeramik sind nachweisbar. Klare Indizien für eine Kontinuiät über die Spätantike hinweg fehlen jedoch. Die Keramikfunde dieser Grabungen sind bisher ebenso wenig ausgewertet wie die originalen Grabungsdokumentationen der verschiedenen Ausgrabungen in diesem Areal (Untermann 2020).


Eine systematische Bearbeitung zweier wichtiger Keramikkomplexe hat Irene Schneid 1988 im Rahmen einer Würzburger Dissertation vorgelegt. Seitdem sind indes einige wichtige neuere Funde hinzu gekommen.

wichtige Fundstellen

  • Ladenburg, spätantiker Burgus (Heukemes 1981): u.a. Terra Nigra, Rauwandige Drehscheibenware römischer Tradition
  • Ladenburg, Bischofshof mit mehreren Grabungen
    • Grabungen G. Wise und H. Gropengießer 1912
    • Grabungen B. Heukemes 1969-1973, v.a. im Kontect der Sebastianskapelle, Bereich im Nordwesten der Sebastianskirche
    • Grabungen des Landesdenkmalamts unter C. Sebastian Sommer und Egon Schallmayer 1986–87 (Schallmeyer 1988)
  • Ladenburg, Domhof: anläßlich des Rathaus-Neubaus 1980/81 (Schallmeyer/ Gross 1983)
  • Ladenburg, Domitianstraße/ Kastellweg: frühmittelalterliches Siedlungsareal (7.-9. Jh.) südlich der Altstadt (Sommer/ Gross 1992)
  • Ladenburg, Galluskirche: Grabungen
  • Ladenburg, Hauptstraße 23 (Laun/Lutz 1988; Lutz 1987): u.a. Ältere gelbe Drehscheibenware (Südwestdeutschland, FMa/HMa), Typ Kirchhausen
  • Ladenburg, Kellereiplatz (Schneid 1988)
  • Ladenburg, Realschulstraße (Schneid 1988)
  • Ladenburg, Ziegelscheuer (Lenz-Bernhard 2002)
  • Ladenburg, Grabung 1980 (Lobbedey 1968, 1681f.)
  • Wüstung Botzheim (Gross 2009; Gross 2015)

Keramikfunde

Anhand der Funde aus der Siedlung Ziegelscheuer stellte Lenz-Bernhard das Formenspektrum 'frühalamannischer' Keramik des 4. Jahrhunderts in Südwestdeutschland vor (Lenz-Bernhard 1988), das insbesondere an Terra Nigra und handgemachter Keramik umfasst, wobei sich letztere grob in die Handgemachte Grobware (Süddeutschland, VWz/ FMa) und die Schwarzgraue geglättete Ware (VwZ) differenzieren lässt.

Ladenburg, Ziegelscheuer: Formenspektrum der handgemachten frühalamannischen Keramik (Lenz-Bernhard 1988)

Irene Schneid differenzierte in ihrer Würzburger Dissertation 1988 die folgenden von ihr als Waren bezeichnete Gruppen:

  • A Merowingische Waren
    • A1 Reduzierend gebrannte, geglättete Ware (Schneid 1988, 39ff.)
    • A2 Handgemachte Ware (Schneid 1988, 49ff.)
    • A3 Rauhwandige Ware (Schneid 1988, 53ff.)
  • B Ältere gelbe Drehscheibenware (Schneid 1988, 71ff.)
    • B1 Ältere gelbe Drehscheibenware, rauhwandige, grobgemagerte Art (Schneid 1988, 74ff.)
    • B2 Ältere gelbe Drehscheibenware, sandige, sehr harte Art (Schneid 1988, 78ff.)
    • B3 Ältere gelbe Drehscheibenware, feintonige Art (Schneid 1988, 81ff.)
    • B4 Ältere gelbe Drehscheibenware, sandige, mittelgrobe Art (Schneid 1988, 89ff.)
    • Badorfer Ware (Schneid 1988, 93ff.)
  • C Mayener Ware (Schneid 1988, 96ff.)
  • D Bemalte Waren (Schneid 1988, 100ff.)
    • D2 Pingsdorfer Ware (Schneid 1988, 107ff.)
    • D3 Sonstige bemalten Ware "Pingsdorfer Art" (Schneid 1988, 112ff.)
    • D4 Rotbemalte glimmerhaltige Ware (Schneid 1988, 114ff.)
  • E Ältere graue Drehscheibenware (Schneid 1988, 118ff.)
    • E1 Ältere graue Drehscheibenware, feintonige Art (Schneid 1988, 121ff.)
    • E2 Ältere graue Drehscheibenware, feinsandige Art (Schneid 1988, 124ff.)
    • E3 Ältere graue Drehscheibenware, feinkörnige Art (Schneid 1988, 126ff.)
    • E4 Ältere graue Drehscheibenware, mittelgrobe, glattwandige Art (Schneid 1988, 128ff.)
  • Ofenkeramik (Schneid 1988, 130ff.)
  • F Nachgedrehte Waren (Schneid 1988, 136ff.)
    • F1 Graue Glimmerware (Schneid 1988, 138ff.)
    • F2 Nachgedrehte Ware, grobtonige Art (Schneid 1988, 145ff.)
    • F3 Nachgedrehte Ware, feintonige Art (Schneid 1988, 148ff.)
    • F4 Nachgedrehte Ware, sandige Art (Schneid 1988, 153ff.)
    • Sonstige nachgedrehte Waren (Schneid 1988, 156ff.)
  • G Rheinische Kugeltopfware (Schneid 1988, 161ff.)
  • Jüngere Drehscheibenware (Schneid 1988, 166ff.)
  • Faststeinzeug (Schneid 1988, 169ff.)
Ladenburg, Gefäßformen nach I. Schneid, Früh- und hochmittelalterliche Keramik aus Ladenburg a.N., Rhein-Neckar-Kreis. Das Material der Grabungen an der Realschulstraße und am Kellereiplatz (Würzburg 1988)

Sehr prominent vertreten sind in Ladenburg Funde der stempelverzierten bzw. gerieften älteren gelben Drehscheibenware (Typ Kirchhausen).

Weiterhin sind in Ladenburg belegt:


Typisch für die reduzierend gebrannte jüngere Drehscheibenware sind großflächige Riefung und einfach Leistenränder.

Das Frühsteinzeug ist z.B. mii mehreren eiförmigen Bechern mit kantiger Lippe und einem Wellenfuß sowie einem Zylinderhalsbecher vertreten.

Verbleib der Funde

Einige Keramikfunde vom Bischofshof sind im Lobdengaumuseum ausgestellt.

Literaturhinweise

  • Gross 2009: U. Gross, Anzeichen für vor- und ältermerowingische Siedlungstätigkeiten im Bereich der mittelalterlichen Wüstung Botzheim bei Ladenburg, Rhein-Neckar-Kreis. Fundber. Bad.-Württ. 30, 2009, 247–272.
  • Gross 2015: U. Gross, Keramikproduktion des 5. Jhs. im Neckarmündungsraum? Beobachtungen an Funden aus der Wüstung Botzheim bei Ladenburg, Rhein - Neckar - Kreis. Beiträge zur spätantiken und frühmittelalterlichen Keramik in Südwestdeutschland (Heidelberg 2015).
  • Gross 2016: U. Gross, Töpferei durch die Jahrhunderte: Beispiele aus Ladenburg und dem Lobdengau. In: C. Rinne/J. Reinhard/E. Roth Heege/S. Teuber (Hrsg.), Vom Bodenfund zum Buch. Archäologie durch die Zeiten: Festschrift für Andreas Heege. Historische Archäologie. Sonderband 1 (Bonn 2016) 399–409.
  • Gross 2020: U. Gross, ‚Botzheim‘, ‚Hermsheim‘, ‚Bergheim‘. Drei Siedlungsplätze mit Hinweisen auf Kontinuität von der Völkerwanderungszeit bis ins Hochmittelalter. In: R. Prien/C. Witschel (Hrsg.), Lopodvnvm VII. Ladenburg und der Lobdengau zwischen "Limesfall" und den Karolingern. Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg 17 (Wiesbaden 2020) 255–269.
  • Gross 2022: U. Gross, Funde von später grauer Terra Nigra und Nigra-Derivaten aus Ladenburg "Unteres Kreuzgewann" (Heidelberg 2022). < DOI 10.11588/ARTDOK.00007963 >
  • Gross/ Sommer 1992: U. Gross/C. S. Sommer, Eine neue frühmittelalterliche Siedlung in Ladenburg, Rhein-Neckar-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 1992, 213–216.
  • Heukemes 1981: B. Heukemes, Der spätrömische Burgus von Lopodunum - Ladenburg am Neckar. Vorbericht der Untersuchung von 1979. Fundber. Bad.-Württ. 6, 1981, 433–473.
  • Laun/Lutz 1988: R. Laun/D. Lutz, Ein steinernes Stadthaus in Ladenburg aus dem Jahr 1229. Denkmalpfl. Bad.-Württ. 17, 1988, 112–121.
  • Lenz-Bernhard 1988: G. Lenz-Bernhard, Alamannische Funde aus Ladenburg, Gewann Ziegelscheuer. Arch. Nachr. Baden 40/41, 1988, 45–47.
  • Lenz-Bernhard 2002: G. Lenz-Bernhard, Lopodunum III. Die neckarswebische Siedlung und Villa rustica im Gewann "Ziegelscheuer" eine Untersuchung zur Besiedlungsgeschichte der Oberrheingermanen. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 77 (Stuttgart 2002).
  • Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).
  • Lutz 1987: D. Lutz, Beobachtungen zum Anwesen Hauptstraße 23 in Ladenburg, Rhein-Neckar-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ., 1987, 286–289.
  • Prien 2020: R. Prien, Der spätantike burgus von Ladenburg - eine Neubewertung. In: R. Prien/C. Witschel (Hrsg.), Lopodvnvm VII. Ladenburg und der Lobdengau zwischen "Limesfall" und den Karolingern. Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg 17 (Wiesbaden 2020) 121–146.
  • Prien/ Witschel 2020: R. Prien/C. Witschel (Hrsg.), Lopodvnvm VII. Ladenburg und der Lobdengau zwischen "Limesfall" und den Karolingern. Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg 17 (Wiesbaden 2020). - https://doi.org/10.11588/propylaeum.1250
  • Schallmeyer 1988: E. Schallmayer, Abschluss der archäologischen Ausgrabungen am Bischofshof in Ladenburg. Arch. Ausgr. Baden Württemberg 1987 (1988), 107–111.
  • Schallmeyer/ Gross 1983: E. Schallmeyer/U. Gross, Die mittelalterlichen und neuzeitlichen Befunde und Funde der Grabungen auf dem Gelände des Domhofes in Ladenburg, Rhein-Neckar-Kreis, 1980 und 1981. In: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 8 (Tübingen 1983) 79–138.
  • Schlegel 2000: O. Schlegel, Germanen im Quadrat. Die Neckarsweben im Gebiet von Mannheim, Ladenburg und Heidelberg während der frühen römischen Kaiserzeit. Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1997. Internationale Archäologie 34 (Rahden/Westf. 2000).
  • Schneid 1988: I. Schneid, Früh- und hochmittelalterliche Keramik aus Ladenburg a.N., Rhein-Neckar-Kreis. Das Material der Grabungen an der Realschulstraße und am Kellereiplatz (Würzburg 1988).
  • Untermann 2020: M. Untermann, Der Ladenburger Bischofshof. Forschungsstand und Forschungsfragen. In: Prien/ Witschel 2020, 175-180.