Rotbemalte schwäbische Feinware (Württemberg, SMa)

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Die „Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art“ bezeichnet eine aus der Produktionsstätte bei Remshalden-Buoch bei Waiblingen stammende Warenart). Die Scherben sind fein geschlämmt, und sind von heller, beiger Farbe. Die Verzierung besteht aus roter Bemalung, wobei eine Entwicklung von einfachen senkrechten Linien über die typischen Gitternetze der klassischen 'Buocher Ware' über mehr klecksartige Verzierungen hin zu einfachen horizontalen Linien im Halsbereich zu beobachten ist, die schließlich zur glasierten Ware überleitet. Typische Formen sind die Bügelkanne, die auch hier eine ältere Doppelhenkelkannenform ablöst, und eine Reihe von Miniaturgefäßen. Hinzu kommt typisches Tafelgeschirr wie Aquamanilien und Tischglöckchen (Gross 1983).

Frühformen der rotbemalten schwäbischen Feinware: A - Esslingen, Denkendorfer Pfleghof, vor 1190. B - Remshalden-Buoch.

Die rotbemalte schwäbische Feinware ('Buocher Ware') datiert allgemein in das späte 12. bis 14. Jahrhundert (Gross 1991,72 ff.). Sie leitet sich von den Warenarten der älteren gelben Drehscheibenware, der gelben quarzgemagerten Ware und einer in Nordwürttemberg verbreiteten rotbemalten gelben Drehscheibenware ab (Gross 1995).

Eine wichtige Töpferei dieser Warenart konnte in Remshalden-Buoch lokalisiert werden (Gross/Schäfer 1981; Gross 1987; Gross 1990; Gross 1991, 72 ff.; Gross 1993). Charakteristisch ist ein feiner Scherben, dessen Oberfläche sich leicht "seifig" anfühlt. Die Töfereien in Remshalden-Buoch produzierten, nachdem die spezifische Ware Buocher Art außer Gebrauch kam glasierte Hafnerware.



Forschungsgeschichte

Schon lange war eine rotbemalte "romanische" Keramik in Schwaben aufgefallen (Hermann 1933), wobei die Frage nach dem Produktionszentrum offen blieb. Eine genauere Bearebitung erfuhr die rotbemalte Feinware durch Barabara Scholkmann ankäßlich der Aufarbeitung der Grabungen von Sindelfingen, Obere Vorstadt. Damals wurden auch mineralogische Analysen veranlasst, die auf mehrere Produtionsorte hinwiess. In den 1980er Jahre wurden Funde aus Remshalden-Buoch bekannt, die überwiegend aus Abfallhalden stammten. Allerdings waren auch schon Befunde eines Töpferofens entdeckt worden. Wichtig sind die von H. Schäfer und U. Gross vorgelegten Funde aus einer Töpfereiabfallhalde in Remshalden-Buoch, Rems-Murr-Kreis (Schäfer/Gross 1981). Damit wurde Buoch als Produktionszentrum der rotbemalten schwäbischen Feinware identifiziert. Der Begriff der rotbamelaten schwäbischen Feinware wird daher meist auf die Buocher Ware verengt, obgleich sich mittlerweiele die Hinweise verdichten, dass es auch weitere Töpfereien mit eigenen Varianten gab.

alternative Bezeichnungen

  • rotbemalte Feinware (Lobbedey 1968, 40; Scholkmann 1978, 64)
  • Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art
  • Buocher Ware

Charakteristika

Herstellungstechnik

Es handelt sich um eine scheibengedrehte Warenart, die, wie die Farbe des Scherben vermuten lässt, unter sauerstoffhaltiger Atmosphäre gebrannt wurde. Ab dem 13. Jahrhundert treten Innenkehlen auf. Vor allem die Bügelkannen der rotbemalten Feinware aus der Töpferei von Remshalden-Buoch besitzen solche (Vgl. Bedal/Marski 1997). Gefäße der „Rotbemalten schwäbischen Feinware Buocher Art“ haben in der Regel etwas kürzere Ränder als jene der gewöhnlichen Schwäbischen Feinware (Gross 2007).

Brand/ Farbe

Charakteristisch ist der feintonig-kreidige Scherben (Gross 2007, 35), der oxidierend gebrannt wurde. Mitunter wird das Material als sehr feintonig-hellgelb beschrieben (Vgl. Scholkmann: Stadtarchäologie Sindelfingen, Fehlende Paginierung).

Magerung

Als Magerung wurden „rötlich-braune Körnchen“ beigefügt (Schreg 1998).

Oberflächenbeschaffenheit

Die Ware wurde sehr gut mit nassen Fingern geglättet. Die Oberfläche fühlt sich "seifig" an. Die „Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art“ besitzt eine etwas feinere Oberfläche als andere rotbemalte Waren.

Verzierungen

Eine häufige Verzierung ist ein mit einem schmalen Malwerkzeug aufgetragenes rotes Gittermuster (Vgl. Bedal/Marski 1997). Gefäße der „Rotbemalten schwäbischen Feinware Buocher Art“ können zudem manchmal Halsriefen aufweisen (Gross 2007). In Schwäbisch-Gmünd wurde eine Bügelkanne aus der Augustinerkirche mit runden Eindruckstempeln auf dem Henkel erfasst (Gross 2007, 41). Späte Vertreter aus dem 14. oder 15. Jh. sind durch eine waagerechte Strichbemalung statt dem rotem Gitterdekor gekennzeichnet (Gross 2007). Unbemalte Formen existierten aber auch wie Funde aus der Esslinger Stadtkirche St. Dionysius beweisen (Gross 2007).

Varianten

Neben der wichtigen Töpferei von Remshalden-Buoch muss mit weiteren Produktionsorten gerechnet werden.

Mineralogische Untersuchungen in Sindelfingen belegten schon früh unterschiedliche Produktionszentren der rotbemalten schwäbischen Feinware. Nachdem die Forschung lange ausschließlich nach Remshalden-Buoch geblickt hat, kristallisieren sich weitere Varianten heraus, die man als "Nachahmungen" begreift, da sie insgesamt seltener bleiebn als diequalitativ hochwertige Buocher Ware.

Auf der Ostalb findet sich verschiedentlich eine weiße, etwas gröbere, vielleicht als 'Nachahmung' anzusprechende Keramik, zu der eine Töpferei in Heidenheim nachgewiesen werden konnte (Schmidt/Scholkmann 1981, 339). 2019 wurde eine Töpferei in Heidenheim-Großkuchen aufgefunden, die nun eine genauere Definition der Heidenheimer bzw. rotbemalten jüngeren Drehscheibenware Großkuchener Art zulässt.

Eine weitere Töpferei der schwäbischen Feinware kann zumindest für die Spätzeit aufgrund von Fehlbränden in Kirchheim/Teck lokalisiert werden (Laskowski 1991, 287).

Funde rotbemalter Keramik aus Göppingen sind gröber und dunkler und stammen sicherlich ebenfalls nicht aus Remshalden-Buoch.

Andere rotbemalte Waren wurden parallel in Oberfranken und im südlichen Unterfranken produziert (Gross 1997), wo unter anderem die Produktion der Töpferei von Lußberg bzw. die Rotbemalte gelbe nachgedrehte Ware (Franken, HMa) zu nennen ist. In Mittelfranken wurde im Spätmittelalter die Pollenfelder Ware (Mittelfranken, SMa) hergestellt.

Gefäßformen

Rotbemalte schwäbische Feinware: Hauptformen der Buocher Produktion (nach Gross 1987).


  • Bügelkanne
  • Aquamanile
  • Schalen sind im Fundbestand der rotbemalten Feinware relativ selten, aber etwa in Remshalden-Buoch durchaus vertreten. Sie sind tendenziell etwas gröber gefertigt und in der Regel auch nicht bemalt.
Remshalden-Buoch: Schale, Museum im Hirsch, Remshalden-Buoch (Foto: Museum im Hirsch / Benjamin Widholm (CC BY-NC-SA) via https://bawue.museum-digital.de/object/2568 )

Charakteristisch für die „Rotbemalte schwäbische Feinware Buocher Art“ ist das Auftreten vieler Sonderformen. Darunter sind weitmündige Doppelhenkelschüsseln oder eine Kanne mit einer mittels stabilisierendem Steg befestigten Ausgusstülle. Gänzlich neue Formen bzw. Scherzgefäße wurden im Karmeliterkonvent in Esslingen geborgen: ein Drillingsgefäß und große Überhenkelkrüge. Ferner sind flachbodige Pfannen ohne Füßchen, eine Henkeltasse und ein Miniatur-Spielzeug-Dreibeintopf erwähnenswert (Gross 2007).

Esslingen, Karmeliterkloster: Drillingsgefäß der Buocher Ware, Museum im Hirsch, Remshalden-Buoch (Foto: Museum im Hirsch / Benjamin Widholm (CC BY-NC-SA) via museum-digital:baden-württemberg )

Relativ häufig sind Miniaturgefäße, die seit dem 13. Jahrhundert hergestellt wurden.

Remshalden-Buoch: Miniatur-Bügelkanne der Buocher Ware, Museum im Hirsch, Remshalden-Buoch (Foto: Museum im Hirsch / Benjamin Widholm (CC BY-NC-SA) via museum-digital:baden-württemberg )


Weitere Sonderformen sind beispielsweise Tischglöckchen, Feldflaschen, Spielzeugpferde und Ton- bzw. Signalhörner. In den Töpfereien von Remshalden-Buoch wurde auch Ofenkeramik produziert, bei der jedoch abweichen Tonqualitäten und Brennverfahren zu beobachten sind.

Verbreitung

Das Kernverbreitungsgebiet der „Rotbemalten schwäbischen Feinware Buocher Art“ umfasst den weiteren Mittelneckarraum (vgl. Bedal/Marski 1997). Zur Kartierung bei Gross 1991 gibt Gross 2007 wichtige Ergänzungen an. Ein Zusammenhang mit dem damaligen Territorium Württembergs erscheint naheliegend, doch greift das Verbreitunsgebiet regional darüber hinaus und spart die südwestlichen Besitzungen aus.

Verbreitung der rotbemalten schwäbischen Feinware im Abgleich mit politischen Grenzen des entstehenden Territorialstaats Württemberg und ausgewählten Dialektgrenzen (Graphik: R. Schreg)


wichtige Referenzkomplexe

(Vgl. Gross 2007).

Kulturgeschichtliche Einordnung und sozialer Kontext

Die Rotbemalte Schwäbische Feinware ist ein qualitätvolles Produkt, dass insbesondere für eine repräsentative Tafel gedacht war. Fundorte sind gehobene städtische Haushalte, Burgen und Klöster, wohingegen sie im ländlichen Kontext seltener zu sein scheint.

Die Buocher Ware ist eine Variante der „Jüngeren Drehscheibenware“, welche die nachgedrehten Waren ablösen. Zur Jüngeren Drehscheibenware zählen auch die „Jüngere graue Drehscheibenware“ und die „Orange-engobierte Drehscheibenware“.

Neben Warenarten wie zum Beispiel der „Rollstempelkeramik Badorfer Art“, der „Pingsdorfer Ware“ oder der „Rotbemalten Elsässer Ware“ ist die „Rotbemalte schwäbische Feinware“ eine weitere Vertreterin der sogenannten „Rotbemalten Waren“.

Die rotbemalte Schwäbische Feinware entstand in der Tradition der „Älteren gelben Drehscheibenware“ und der davon abhängigen in Südwestdeutschland verbreiteten rotbemalten älteren gelben Drehscheibenware. Ähnlichkeiten zu nachgedrehter Ware wie mit der „Albware“ oder der „Feinsandig glimmerhaltigen, nachgedrehten Ware“ sind an ihr ebenfalls zu erkennen (vgl. Schreg 2012, 9). Eine weitere Ähnlichkeit besteht mit der „Gelbquarzgemagerten Ware des mittleren Neckarraums“ um Stuttgart (Gross 2007).


Literaturhinweise

  • Carroll-Spillecke 1993: M. Caroll-Spillecke, Die Untersuchungen im Hof der Neuen Universität in Heidelberg. Materialh. Arch. Bad.-Württ. 20 (Stuttgart 1993).
  • Gross 1983: U. Gross. Das Aquamanile der 'rotbemalten Feinware' aus Speyer. Pfälzer Heimat 1983, 146-155.
  • Gross 1987: U. Gross. Zur mittelalterlichen Keramikproduktion in Buoch. Buocher Hefte 6, 1987, 3-24.
  • Gross 1990: U. Gross. Neues zur rotbemalten Feinware. Buocher Hefte 10, 1990, 3-16.
  • Gross 1991: Gross 1991: U. Gross. Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und schwäbischer Alb. Bemerkungen zur räumlichen Entwicklung und zeitlichen Gliederung. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 12 (Stuttgart 1991).
  • Gross 1993: U. Gross. Neufunde aus der Töpferei der rotbemalten Feinware in Remshalden-Buoch, Rems-Murr-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1993, 253-255.
  • Gross 1995: U. Gross. Neue Untersuchungen in der Töpferei der rotbemalten Feinware in Remshalden-Buoch. Rems-Murr-Kreis. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1995, 320-322.
  • Gross 1997: U. Gross, Bierbecher, rote Feinware und Rippenflasche. In: A. Bedal/U. Marski (Hrsg.), Baujahr 1337. Das Haus Pfarrgasse 9 in Schwäbisch Hall. Schriftenr. Ver. Alt-Hall 15 (Schwäbisch Hall 1997) 51–62.
  • Gross 2007: U. Gross, Nochmals zur "Rotbemalten Buocher Feinware". Buocher Hefte 27, 2007, 34–48.
  • Gross/ Schäfer 1981: U. Gross/H. Schäfer. 'Rotbemalte Feinware' aus einer Töpfereiabfallhalde in Remshalden-Buoch. Rems-Murr-Kreis. Arch. Korrbl. 11, 1981, 355-360.
  • Herrmann 1935: A. Herrmann, Romanische Tongefäße in Schwaben. Prähist. Zeitschr. 20, 1935, 227–238.
  • Kottmann / Puster 2022: A. Kottmann / K. Puster, Älter als gedacht… Archäologische Ergebnisse (nicht nur) zur Ortsgechichte. Buocher Hefte 42, 2022, 3–20.
  • Laskowski 1991: R. Laskowski. Stadtarchäologie in Kirchheim unter Teck, Kreis Esslingen - Grabungen und Notbergungen 1990/91. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 1991, 285-287.
  • Lobbedey 1968: U. Lobbedey, Untersuchungen mittelalterlicher Keramik vornehmlich in Südwestdeutschland. Arb. Frühmittelalterforsch. 3 (Berlin 1968).
  • Schäfer/Gross 1981: H. Schäfer/U. Gross, "Rotbemalte Feinware" aus einer Töpfereiabfallhalde in Remshalden-Buoch, Rems-Murr-Kreis. Archäologisches Korrespondenzblatt 11, 1981, 355-360.
  • Schmidt/Scholkmann 1981: E. Schmidt/B. Scholkmann. Nikolauskapelle auf dem Grünen Hof in Ulm. Ergebnisse einer archäologischen Untersuchung, In: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 7 (Stuttgart 1981) 303-370.
  • Scholkmann 1978: B. Scholkmann, Sindelfingen, obere Vorstadt. Eine Siedlung des hohen und späten Mittelalters. Forsch. u. Ber. Arch. Mittelalter Bad.-Württ. 3 (Stuttgart 1978).
  • Schreg 2012: R. Schreg: Keramik des 9. bis 12. Jahrhunderts am Rhein – Forschungsperspektiven für Produktion und Alltag. In: H. Pantermehl / L. Grunwald / R. Schreg (Hrsg.), Hochmittelalterliche Keramik am Rhein. Forschungsperspektiven auf Produktion und Alltag. Tagungen des RGZM 13 (Mainz 2012) 1-19.

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